Romana Exklusiv 0186
neben sie setzte, blickte sie geradeaus zum Fenster hinaus. Nachdem er sich angeschnallt hatte, startete er den Motor. Dann legte er den Gang ein und fuhr los.
Natalia beobachtete, wie der Regen gegen die Windschutzscheibe klatschte. Ich wäre in wenigen Sekunden bis auf die Haut nass gewesen, wenn ich mich bei diesem Wetter zu Fuß auf den Weg gemacht hätte, sagte sie sich.
„Wohin?“, fragte er.
„Nach Chelsea“, antwortete sie kurz angebunden. Doch sogleich regte sich ihr Gewissen. Ihr fiel ein, wie müde er ausgesehen hatte, als er zurückgekommen war. Trotzdem fuhr er sie jetzt nach Hause bei diesem Wetter, bei dem man keinen Hund vor die Tür gejagt hätte. Deshalb fügte sie freundlicher hinzu: „Das liegt auf der anderen Seite des Flusses. Wenn du …“
„Ich kenne mich aus, danke“, unterbrach er sie ruhig.
Daraufhin schwieg sie wieder. Natürlich kannte er sich in London aus, das wusste sie doch. Edward hatte ihr einmal erzählt, Giancarlo habe einige Jahre in der City gearbeitet. Damals sei er angeblich ein heißblütiger Verführer gewesen, dem die Frauen nachgelaufen seien. So hatte es Edward jedenfalls ausgedrückt. Aber er hielt viel von dem jüngeren Bruder seiner Frau und hatte ihn sehr gern, wie Natalia sich erinnerte. Schon allein aus dem Grund war die Situation, in der sie sich befand, einfach unmöglich. Was soll ich tun?, überlegte sie und seufzte.
In Chelsea angekommen, dirigierte sie ihn in die Straße, in der sie wohnte. Ihre Stimme klang heiser und seltsam sinnlich, sogar in ihren Ohren. Natalia erbebte. Ihr wurde bewusst, wie heikel und gefährlich die Situation schon wieder war. Sie befand sich in einer Zwickmühle. Sollte sie sich höflich bedanken und sich verabschieden, oder sollte sie ihn noch zu einem Kaffee einladen?
Giancarlo kam ihr zuvor. „Ein schönes Haus“, sagte er ruhig und betrachtete durch die Windschutzscheibe die kleinen Cottages. „Es ist sicher nicht billig, hier zu wohnen“, stellte er fest. „Mit wie vielen anderen teilst du dir die Miete?“
Obwohl die Frage nur neugierig und eher beiläufig klang, versteifte Natalia sich. Aus irgendeinem Grund war sie alarmiert. „Ich wohne nicht zur Miete“, erwiderte sie. „Und ich teile das Haus mit niemandem.“
Giancarlo überlief es kalt. Er wusste, was Wohneigentum in London kostete. Besonders in dieser beliebten Gegend war es sehr teuer. Er fragte sich, wie sie sich so ein Haus von ihrem Sekretärinnengehalt leisten konnte.
Sie kann es sich gar nicht leisten, Edward hat es bezahlt, gab er sich sogleich selbst die Antwort. Es gab ihm einen Stich ins Herz.
Er saß hier neben der Geliebten eines anderen Mannes und betrachtete dessen Liebesnest! Ihm wurde plötzlich übel.
„Meine Mutter ist vor vierzehn Monaten gestorben. Vielleicht erinnerst du dich, ich habe es schon erwähnt“, erklärte sie heiser.
Er sah sie an, und in seinen Augen leuchtete es hoffnungsvoll auf. „Hast du mit ihr zusammengelebt?“
„Ich … nein, ich lebe lieber allein. Aber sie hat mich gut versorgt zurückgelassen. Möchtest du noch auf einen Kaffee mit hereinkommen?“
Will sie mich ablenken, damit ich keine bohrenden Fragen über ihre finanziellen Verhältnisse stelle?, überlegte Giancarlo. Nein, er wollte nicht mit hineingehen. Niemals werde ich einen Fuß über die Schwelle dieses Hauses setzen, nahm er sich vor. „Es ist schon spät“, entschuldigte er sich und war überrascht, wie ruhig seine Stimme klang, „und es war ein langer Tag. Ich glaube, wir sind beide müde …“
Natalia wirkte erleichtert. Hatte sie Angst gehabt, er würde die Einladung annehmen und im Haus etwas entdecken, was auf Edwards gelegentliche Besuche hinwies?
„Dann bedanke ich mich fürs Nachhausebringen.“ Sie lächelte kurz, ehe sie die Hand ausstreckte, um die Tür zu öffnen.
In dem Moment hielt er sie zurück. „Ich möchte dich für morgen Abend zum Dinner einladen“, sagte er schroff.
Als sie ihn erstaunt ansah, gestand er sich ein, dass er genauso irritiert war wie sie. Er wusste nur, dass auf einmal alles anders war. Sie sollte keinen einzigen Tag mehr in diesem Haus verbringen, stattdessen wollte er sie bei sich, in seiner Wohnung haben.
„Morgen bin ich geschäftlich unterwegs“, fuhr er fort und war wieder ganz er selbst. „Ich muss an mehreren Meetings teilnehmen und komme erst spät zurück. Deshalb möchte ich dich zum Essen einladen“, wiederholte er.
„Soll das so etwas wie … ein Date sein?“,
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