Romana Exklusiv 0186
Es kam Natalia so vor, als hätte sie in ihrem Nacken den warmen Atem eines zukünftigen Geliebten gespürt, der ihr damit hatte beweisen wollen, wie sehr er sie begehrte.
Nein, das muss aufhören, sagte sie sich, während sie ungeduldig ihre Kosmetika wegpackte. Sie war völlig überarbeitet, nur deshalb überkamen sie so seltsame Anwandlungen. Giancarlo hatte ihr so viel zu erledigen aufgetragen, dass ihr der Gedanke, er hätte ihr im Nacken gesessen, gar nicht so abwegig vorkam.
Er musste die ganze Nacht aufgeblieben sein, um so viele Briefe und Memos zu diktieren. Außerdem hatte er ihr den PIN-Code aufgeschrieben, um ihr den Zugriff auf die Dateien des Zentralrechners der Cardinale Group zu ermöglichen. Die lange Liste weiterer Aufgaben, die er ihr übertragen hatte und die seine anderen Unternehmen betrafen, hatte ihr einen ungefähren Eindruck darüber vermittelt, wie viel Einfluss und Macht dieser Mann hatte.
Um ein Uhr hatte er sie sogar per E-Mail aufgefordert, die Arbeit zu unterbrechen und sich etwas zu essen zu machen.
Dann hatte man ihr am Nachmittag ein Paket zugestellt. Als man ihr den weißen Karton überreichte, auf dessen Deckel der Name Taylor-Gant in großen goldenen Buchstaben aufgedruckt war, hatte sie sogleich gewusst, was darin war.
„Betrachte es als Hausaufgabe“, stand auf der beigefügten Karte. „Ich bin überzeugt, du triffst für heute Abend die richtige Wahl.“
In dem Karton befanden sich drei verschiedene Dessous-Sets, ein schwarzes aus Spitze, ein weißes aus Seide und ein sehr gewagtes in Rot. Alle drei wirkten so verführerisch und reizvoll, dass sie errötet war bei der Vorstellung, Giancarlo hätte sie ausgesucht. Sie hatte sich für das weiße Set entschieden.
Plötzlich läutete das Telefon, und Natalia fuhr zusammen. Wie betäubt sah sie sich um. Gab es hier irgendwo einen Nebenanschluss? Sie entdeckte den Apparat auf dem Nachttisch und eilte um das Bett herum. Instinktiv wusste sie, dass es Giancarlo war. Sie nahm den Hörer ab und meldete sich.
„Hast du alles erledigt, was ich dir aufgetragen habe?“, fragte er mit seiner tiefen Stimme, die rau und sehr sinnlich klang.
Sogleich fielen ihr die weißen Seidendessous ein, die sich an ihren Körper schmiegten. „Ja, die Arbeit ist fertig“, erwiderte sie kühl und ignorierte seine Anspielung.
Sein Lachen hörte sich ungemein erotisch an. „Wo bist du?“ Sie sah auf die Uhr, es war genau halb acht.
„Hier unten in der Eingangshalle“, antwortete er. „Ich warte auf dich. Kommst du?“
Natalia runzelte die Stirn. „Willst du dich nicht umziehen?“
„Möchtest du denn, dass ich hinaufkomme?“
„Nein!“, rief sie aus. Natürlich war sie erleichtert darüber, dass er ihr noch Zeit gab und das hinauszögerte, wovor sie sich den ganzen Tag gefürchtet hatte. „Ich beeile mich und bin gleich bei dir.“
Panik stieg in ihr auf, als sie den Hörer auflegte. Sie drehte sich um und packte ihre Sachen mit zittrigen Fingern zusammen. Ihre Reisetasche würde sie am nächsten Tag mitnehmen. Es wäre unnötig, deswegen nach dem Essen noch einmal zurückzukommen.
Oder wollte sie unbedingt einen Grund haben, an diesem Abend doch noch einmal zurückzukommen, und ließ ihre Sachen deshalb hier? Ach, was sollte das? Darüber wollte sie jetzt lieber nicht nachdenken. Sie blickte noch einmal in den Spiegel – und war entsetzt. War sie das wirklich?
Ihre Wangen waren gerötet, ihre Augen strahlten viel zu sehr, und das Kleid war einfach katastrophal. Es war zu kurz, zu eng und schlichtweg unmöglich. Sie zog an dem blauen Seidenrock, aber er wurde dadurch nicht länger. Verzweifelt stand Natalia da. Sie hatte sich für dieses Kleid entschieden, weil sie bis jetzt geglaubt hatte, es wirke elegant und dezent.
Wieso hatte sie sich nicht daran erinnert, dass sich das weiche Material wie eine zweite Haut an ihren Körper schmiegte? Oder dass der Ausschnitt ziemlich tief war und man den Ansatz ihrer Brüste sehen konnte? Und dass ihre Beine darin doppelt so lang wirkten, wie sie wirklich waren?
Ich hätte das Haar hochstecken sollen, dachte sie. Plötzlich breitete sich Panik in ihr aus. Mit dem langen Haar, das ihr offen über die Schultern fiel, sah sie irgendwie … lasziv aus. Ja, das ist der richtige Ausdruck, sagte sie sich mit wachsendem Entsetzen.
Das war alles nur seine Schuld. Dieser schreckliche Mann brachte sie noch an den Rand des Wahnsinns. Den ganzen Tag über hatte sie schon das Gefühl gehabt, nicht
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