Romana Exklusiv 0188
Essen als auch der Wein schmeckten ausgezeichnet.
Als die Sonne unterging, wurde es ein wenig kühl, sodass Julian die Verandatüren geschlossen hatte. Im Haus hingegen war es noch so warm, dass er kein Feuer im Kamin zu machen brauchte.
Er hatte den Tisch ans Fenster gerückt, sodass sie von dort den klaren, sternenübersäten Himmel sehen konnten, und saß zu Frankies Linken. Die Ärmel seines Pullovers hatte er hochgeschoben, und seine Arme waren noch intensiver gebräunt als sein Gesicht. Frankie war sich seiner Nähe sehr bewusst, und es fiel ihr schwer, ihm in die Augen zu schauen, wenn sie mit ihm redete. Sein Blick war kühl – anders als wenn er sich an seine Freunde wandte.
Da er anscheinend keine Lust hatte, sich mit ihr zu unterhalten, widmete sie ihre Aufmerksamkeit Jan und Noël. Die beiden erzählten ihr, dass sie ihre Jobs in London aufgegeben hätten, um in Frankreich zu leben und ihr eigenes Obst und Gemüse anzubauen. Jan hatte eine kleine Werkstatt, in der sie Schmuck anfertigte und töpferte, um zu ihrem Unterhalt beizusteuern. Beide waren offenbar zufrieden mit dem Leben, das sie gewählt hatten.
„Es ist die Mühe wert“, meinte Noël. „In London ist es bestimmt immer noch kalt und regnerisch, und die Leute hetzen umher. Wie halten Sie das aus?“
Frankie lächelte. „Das frage ich mich auch manchmal. Aber ich liebe meine Arbeit, und London ist nun einmal die Stadt der Verlage. Andererseits muss ich zugeben, dass Ihre Art zu leben mir gefällt.“
„Alles ist etwas ungewiss“, gestand Jan. „Doch Noël und ich konnten das Risiko eingehen, weil wir nur für uns selbst verantwortlich sind.“ Ihre Miene verdüsterte sich ein wenig. „Leider haben wir keine Kinder.“
Frankie bemerkte, dass Julian unruhig auf seinem Stuhl hin und her rutschte.
„Vielleicht solltet ihr das eher positiv betrachten“, sagte er mit einem Anflug von Bitterkeit.
Jan streckte mitfühlend die Hand aus und legte sie auf seinen Arm. Dass er sie nicht zurückstieß, war für Frankie ein Indiz, dass er einige Frauen zumindest als gute Freundinnen akzeptierte … allerdings nicht mich, dachte sie ernüchtert.
„Du darfst nicht die Hoffnung verlieren, Julian. Ich weiß, dass alles sich zum Guten wenden wird“, sagte Jan leise.
Julian lächelte – dieses wunderbare, verhaltene und dennoch umwerfende Lächeln, das sein Gesicht völlig veränderte. Sie, Frankie, hatte er nur einmal so angelächelt und das möglicherweise bereut. Sie hingegen hatte es nicht vergessen.
„Vielleicht hast du recht.“ Seine aufgesetzte Fröhlichkeit täuschte nicht darüber hinweg, dass er sich wieder in sein Schneckenhaus zurückzog. Vermutlich ließ er nicht einmal seine engsten Freunde an sich heran. Dann hielt er Noël sein Glas entgegen. „Lass uns noch mehr von deinem Fusel trinken, Pongo.“
„Pongo?“, entfuhr es Frankie.
„So haben sie mich in der Schule genannt“, erklärte Noël zerknirscht.
Frankie schüttelte den Kopf und lachte. „Ich wage kaum zu fragen, warum.“
„Es hatte nichts mit seinen Badegewohnheiten zu tun“, erklärte Julian, und zum ersten Mal an diesem Abend bemerkte Frankie ein Funkeln in seinen blauen Augen. „Er hat immer Zigarren geraucht, was natürlich verboten war. Daher musste er sich beim Rauchen verstecken, hat sich aber durch die blauen Rauchwolken verraten … daher der Name Pongo.“
In der Erinnerung an alte Zeiten hatte er plötzlich lebhaft gewirkt, und sie hatte den Eindruck, dass er sehr amüsant und geistreich sein konnte, wenn er wollte.
Jan schmunzelte. „Wenn sie erst einmal in Erinnerungen an alte Zeiten schwelgen, sind sie wie Teenager. Noch ein paar Gläser Wein, und sie fangen an, ihr Schullied zu singen – in einer anderen Version!“
„Frankie ist bestimmt tolerant“, schaltete Julian sich ein. „Wir würden sie nicht zum Erröten bringen.“
Sowohl seine Bemerkung als auch die Tatsache, dass er sie mit ihrem Vornamen angesprochen hatte, überraschten Frankie.
„Woher wollen Sie das wissen?“, konterte sie. „Vielleicht bin ich so prüde wie eine viktorianische Lehrerin.“
„Das bezweifle ich“, meinte er ruhig.
Als sie sich zwang, seinen Blick zu erwidern, fürchtete sie, doch zu erröten. Was hatte er damit andeuten wollen? Bei ihrer ersten Begegnung hatte sie zwar – halb im Scherz – gesagt, dass es ihr nichts ausmachen würde, die Nacht unter seinem Dach zu verbringen. Das hieß jedoch noch lange nicht, dass sie erwartet hatte, mit
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