Romana Exklusiv 0190
Information erst einmal verdauen.
„Nein? Bist du dir sicher?“
„Jedenfalls hat er es noch nie gesagt.“
Finola schüttelte den Kopf. „Manchmal habe ich den Eindruck, dass ihr jungen Frauen von heute total unrealistische Vorstellungen habt. Wahrscheinlich habt ihr zu viel Fernsehen gesehen und zu viele Frauenzeitschriften gelesen. Wie viele Männer hast du in deinem Leben schon getroffen, die dir den Himmel auf Erden versprochen haben und die im nächsten Moment von der Bildfläche verschwunden sind? Es sind nicht die Worte, die zählen, Catherine – es sind die Taten!“
Catherine sah sie aus großen Augen an. „Willst du damit sagen, du glaubst, dass Finn mich liebt?“
„Ich weiß nicht, was Finn fühlt – er erzählt mir nichts darüber. Seit dem Tod seiner Mutter macht er solche Dinge nur noch mit sich selbst aus.“ Sie wirkte plötzlich sehr traurig. „Denk mal darüber nach, was das für ein Schlag für ihn gewesen sein muss, Catherine. Er und seine Mutter waren alles füreinander. Und dann ist sie plötzlich gestorben. Von einem Tag auf den anderen war er völlig auf sich gestellt. Das ist sehr schwer für ein Kind. Besonders Jungen verschließen sich oft nach so einem traumatischen Erlebnis.“
Catherine dachte über Finolas Worte nach. So hatte sie die Angelegenheit noch nie betrachtet.
„Hältst du mich für … egoistisch?“, fragte sie stockend.
Finola schüttelte den Kopf. „Nein, aber ich habe den Eindruck, du siehst nur die Nachteile eurer Beziehung. Die Liebe kommt nicht immer auf einen Schlag, Catherine. Manchmal muss sie wachsen und auf dem Boden des Vertrauens gedeihen. Ehen, die auf diesem Vertrauen basieren, sind oft die solidesten. Was nicht bedeuten muss, dass deswegen die Leidenschaft fehlt.“
Catherine nickte hoffnungsvoll.
„Alles hängt davon ab, ob du sehr ungeduldig bist oder ob du bereit bist, an etwas zu arbeiten. Ich weiß, das ist vielleicht nicht die moderne Sichtweise. Aber ich glaube ganz fest daran.“
„An die altmodische Form der Ehe?“, fragte Catherine ironisch.
„Damals haben sich jedenfalls viel weniger Leute scheiden lassen.“ Finola zuckte die Schultern. „Man blieb eben zusammen, und zwar sowohl in guten wie in schlechten Zeiten. Egal, ob reich oder arm, krank oder gesund. Und, was auch noch wichtig war: Man blieb sich treu.“
„Wir sind auf dem Standesamt getraut worden“, warf Catherine ein.
„Ja, das ist mir klar. Aber ihr habt euch trotzdem Treue gelobt, stimmt’s? Selbst wenn du es damals nicht so gemeint hast, kannst du dich diesem Schwur immer noch verpflichtet fühlen.“
Catherine sah sie liebevoll an. „Vielen Dank.“
„Wofür?“
„Dafür, dass du die Dinge für mich ins rechte Licht gerückt hast. Dafür, dass du mir gezeigt hast, was wichtig ist. Ich glaube, es war wichtig für mich, das zu hören.“ Sie lächelte Finola an. „Wie wär’s jetzt mit einer schönen Tasse Tee?“
„Gute Idee!“
Am nächsten Morgen war die ganze Landschaft mit einer weißen Schneedecke überzogen. Catherine stand schon in aller Frühe auf und betrachtete erfreut die Bilderbuchszene vor ihrem Fenster. Doch plötzlich fiel ihr auf, dass der Pfad zu ihrem Haus völlig eingeschneit war. Außerdem schien es sehr glatt zu sein. Falls jemand sie besuchen wollte, lief er Gefahr, sich das Bein zu brechen. Daher entschloss sie sich, den Weg freizuschaufeln.
Sie zog sich warm an und machte sich an die Arbeit. Dabei wurde sie von einigen Spaziergängern überrascht, die alle wissen wollten, wann das Kind erwartet wurde.
„Wir rechnen damit im Juni“, antwortete sie ihnen.
„Viel Glück bis dahin“, wünschte die Frau des Postboten, die selbst sechs Kinder hatte. „Der letzte Monat ist immer der schlimmste.“
Niemand schien sich darüber aufzuregen, dass sie auch noch im vorletzten Monat ihrer Schwangerschaft schwere körperliche Arbeit verrichtete. In ländlichen Gegenden ist das nun einmal so, dachte Catherine. Jahrhundertelang hatten Frauen bis zur letzten Minute noch auf dem Feld gearbeitet, wo sie die Kinder manchmal sogar zur Welt gebracht hatten.
An diesem Morgen fühlte sie sich besonders stark und ausgeglichen. Sie hätte Bäume ausreißen können.
Catherine hatte den Weg fast freigeschaufelt, da spürte sie die erste Wehe. Der Schmerz kam so unerwartet, dass sie die Schaufel fallen ließ und sich krümmte. Ihr Atem ging stoßweise, und sie konnte sich nur noch mit Mühe aufrecht halten.
Das kann auf gar keinen
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