Romana Exklusiv 0224
Exklusivinterview? Sind Sie eine Person des öffentlichen Interesses?“
„Sie sind Amerikanerin?“
„Ja. Ich komme aus Kalifornien. Aber ich spreche Spanisch, wie Sie hören, und lese und schreibe es noch besser.“ Hoffentlich wollte er nicht zu genau wissen, welche Qualifikationen sie besaß.
„Wie gut kennen Sie sich in der englischen Grammatik aus?“, fragte er auf Englisch.
„Bestens“, antwortete Rachel in ihrer Muttersprache. „Sie sprechen Englisch?“
„Offenbar.“
Und er hatte nicht den leisesten Akzent. Vergebens wartete Rachel darauf, dass Señor Alvares weiterredete, und so breitete sich das Schweigen zwischen ihnen immer mehr aus. Allerdings weigerte sie sich, es zu brechen, denn sie war es leid, sich von dominanten Männern drängen und einschüchtern zu lassen. Wenn Señor Alvares wollte, dass sie ging, sollte er es sagen und ihr ein Taxi rufen. Zugegebenermaßen war es nicht besonders klug von ihr gewesen, einfach bei ihm aufzutauchen, nur weil man ihr erzählt hatte, er würde eine Sekretärin suchen.
Kritisch blickte er zu der Reisetasche, die sie auf dem schwarz-weiß gefliesten Boden abgestellt hatte. „Sie sind darauf vorbereitet, noch heute anzufangen?“
„Ja.“ Wer A sagte, musste auch B sagen. „Ich kann sofort beginnen.“
Einen Moment lang glaubte sie, dass sich leise Belustigung in seinen Augen spiegelte, hielt es dann aber für eine Sinnestäuschung durch das Licht, das durch das Fenster über der Tür in die halbdunkle Diele fiel. Er sah wirklich nicht aus, als würde ihn etwas amüsieren.
„Kommen Sie.“ Schon drehte er sich um.
Rachel nahm ihre Reisetasche und eilte ihm nach, während er schnellen Schrittes den etwas finsteren Flur entlangging und schließlich in einem Zimmer auf der rechten Seite verschwand. Staunend blieb sie auf der Schwelle stehen. Der riesige Raum war doppelt oder sogar dreimal so groß wie die Zimmer im Haus ihres Vaters und strahlend hell, denn die Fenster mit Blick aufs Mittelmeer reichten vom Boden bis zur Decke. Durch die geöffnete Terrassentür drang die warme Nachmittagsluft herein, die von einem herrlich aromatischen Duft erfüllt war. Rachel bemerkte zwei Schreibtische und einen Computertisch, auf denen Bücher, Akten und Papiere lagen.
„Falls Sie meine Schrift lesen und die Blätter abschreiben können, sollten wir vielleicht darüber reden, ob Sie bis zu Marias Rückkehr bleiben“, meinte Señor Alvares leise auf Spanisch.
Sie lächelte ihn an. „Das kann ich bestimmt. Welcher ist mein Schreibtisch?“
„Lassen Sie uns erst noch einiges klären. Alles, wovon Sie hier Kenntnis erlangen, ist vertraulich. Beim ersten Anzeichen dafür, dass Sie sich nicht daran halten, werde ich dafür sorgen, dass Sie es bereuen, geboren worden zu sein.“
Erstaunt blickte sie drein und schluckte. Waren solche Drohungen bei Vorstellungsgesprächen üblich? Wenn ja, waren Sekretärinnen unerschrockener, als sie geglaubt hatte, oder aber es war so schwierig, Arbeit zu finden, dass sie sich auf alles einließen.
„In Ordnung.“ Hoffentlich würde sie gut verdienen, sodass sie den Job bald wieder aufgeben konnte. Am liebsten würde sie ihn überhaupt nicht erst antreten, doch ihre unerfreuliche Finanzlage ließ ihr keine Wahl.
„Wie haben Sie von der freien Stelle erfahren? Sie kommen nicht von der Agentur.“ Er verschränkte die Arme vor der Brust.
Rachel wollte ihm nicht offenbaren, dass sie die Information von einem Kellner erhalten hatte. „Eine Freundin hat mir davon erzählt.“
„Bitte zeigen Sie mir Ihren Pass.“ Schon streckte er die Hand aus.
Sie nahm ihn aus der Handtasche, reichte ihn ihm und beobachtete, wie er ihn genau studierte. Schließlich klappte er ihn wieder zu und schob ihn in seine Tasche.
„Ich brauche ihn“, protestierte sie.
„Nicht, wenn Sie hier arbeiten.“
„Ich kann mich ohne ihn in diesem Land nicht bewegen.“
„Dieser Job ist mit Kost und Logis. Sie bekommen ihn zurück, sobald ich sicher bin, dass Sie keine Reporterin sind.“
„Was ich Ihnen bereits gesagt habe.“
„Meine Sekretärin hat sich beim Wandern einen mehrfachen Armbruch zugezogen und wird noch mehrere Wochen ausfallen. Sollten Sie sich als geeignet erweisen, können Sie bleiben, bis sie wieder gesund ist.“ Kurz blickte Señor Alvares zu ihrer Reisetasche. „Maria hat eine eigene Wohnung im linken Flügel, hält sich allerdings zurzeit bei ihrer Mutter in Madrid auf. Natürlich stehen ihre Räume nicht zur
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