Romana Exklusiv 0224
Tod hatte er sein Bestes getan, um jedem – egal ob Mann oder Frau – aus dem Weg zu gehen. Vielleicht hatte Esperenza mit einer ihrer Lieblingsbemerkungen recht:, dass es Zeit wurde, wieder nach vorn zu sehen und zu leben.
Nicht, dass er beabsichtigte, mehr als ein harmonisches Arbeitsverhältnis mit seiner Aushilfssekretärin zu pflegen. Allerdings reizte es ihn, ihre Geschichte zu ergründen. Rachel verbarg etwas, und das wollte er aufdecken.
Sie war keine Reporterin – oder unterschied sich zumindest grundlegend von all jenen, auf die er bisher getroffen war. Auch gab sie sich nicht wie ein Groupie. Sie äußerte sich zwar lobend, aber er hatte allmählich den Eindruck, dass sie wirklich meinte, was sie sagte. Und das hieß, dass sie ein echter Fan seiner Bücher war. Er sollte sich in ihrer Gegenwart ein wenig vorsehen, damit er keine treue Leserin verprellte.
Als hättest du dir in letzter Zeit je Gedanken darüber gemacht, dass du es dir mit jemandem verderben könntest, dachte Luis leicht amüsiert und blickte in Richtung des Olivenhains, den er in der Dunkelheit jedoch nicht mehr erkennen konnte. Das Land befand sich schon seit Generationen im Besitz seiner Familie. Und wenn sein Vater ihn und seine Schwester Sophia auch zu früh hatte, verlassen müssen, war ihm dennoch genug Zeit geblieben, um in seinem einzigen Sohn die Liebe und das Verantwortungsgefühl für das Familienunternehmen zu wecken.
Wann war diese Verantwortung zu einer solchen Bürde für ihn geworden? Hatte es mit Bonitas Tod und dem ganzen Drumherum zu tun? War es schon vorher so gewesen oder erst seitdem er wünschte, er könnte Spanien für immer den Rücken kehren?
Luis ließ sich von der Mauer gleiten und fragte sich, wo in Kalifornien sein geheimnisvoller Gast wohl lebte. Und während er sich auf den Rückweg machte, überlegte er, warum Rachel hinsichtlich ihres Vaters so wortkarg war.
Manchmal sprühten ihre blauen Augen Feuer. Er ertappte sich dabei, wie er darüber nachdachte, was er Empörendes sagen könnte, damit sie erneut so blickte. Was würde geschehen, wenn er sie küsste?
Welch ein Gedanke! Aber vielleicht erfüllte sich Esperenzas Wunsch bald. Vielleicht konnte er ein wenig nach vorn sehen und das Leben genießen. Vielleicht sogar mit der reizenden Rachel schlafen?
Er hatte schon lange mit niemandem mehr geflirtet. Doch verhielt es sich damit wohl wie mit dem Radfahren – man verlernte es nicht. Würde sie eine Affäre mit ihm haben wollen? Es wäre eine sichere Sache, ohne Probleme und Gefühle. Auf etwas anderes würde er sich auch nicht wieder einlassen. Und mit der Rückkehr von Maria fand das Ganze ein natürliches Ende.
Rachel auf der Fiesta als eine Art Schutzschild vor möglicherweise allzu interessierten Frauen zu benutzen konnte ein Anfang sein. Er würde sein Bestes tun, damit es ein vergnüglicher Abend wurde, und dann sehen, wie sich die Dinge entwickelten.
Dass sie sich in ihn verliebte, brauchte er nicht zu befürchten. Sie machte hier Ferien, und ein Urlaubsflirt mit einem Spanier würde ihr für den Kaffeeklatsch mit ihren Freundinnen in den Staaten wahrscheinlich viel Gesprächsstoff liefern. Auf jeden Fall sollte er den morgigen Freitag dazu verwenden, um erst einmal herauszufinden, ob sie überhaupt für seine Idee zu gewinnen war.
„Gibt es im Dorf eine Bibliothek?“, fragte Rachel Esperenza beim Frühstück.
„Nein, aber unweit vom Café ist ein sehr gutes Schreibwarengeschäft, das auch einige Bücher und Zeitungen führt. Allerdings sind sie in Spanisch. In Benidorm ist eine Buchhandlung, in der Sie englische Lektüre bekommen.“
„Ist vielleicht ein Internetcafé in der Nähe?“
„Si, in Benidorm. Dort ist auch eine große Bibliothek. Allerdings leihen sie Bücher nur an Ansässige aus.“
Rachel suchte keine Bücher, sondern drei Jahre alte Ausgaben der Lokalzeitung, um möglicherweise etwas über die „große Tragödie“ herauszufinden. „Gibt es einen Bus von hier nach Benidorm? Da ich morgen freihabe, möchte ich mich gern etwas umsehen.“
„Er fährt sehr früh ab, und Sie müssen ihn nicht nehmen. Fragen Sie Señor Luis nach einem Wagen. Es stehen drei in der Garage.“
„Drei Autos?“
„Eines ist seins, das andere das seiner Mutter, und ich nutze das Dritte.“
Würde Luis sie nicht für verrückt halten, wenn sie ihn bat, sich eins ausleihen zu dürfen? „Maria hat wohl einen eigenen Wagen?“
„Si. Er parkt bis zu ihrer Rückkehr im Dorf. Die
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