Romana Exklusiv 0224
realistisch zu schreiben.“
„Und ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie sich zu etwas drängen lassen.“
Luis blickte sie an. „Es kommt vor. Denken Sie an die Fiesta.“
„Das klingt nach einem Gefallen für einen Freund.“
„Und damals wollte ich es mir mit meinem Verleger nicht verderben.“
„Dann muss es um eines der ersten Bücher gegangen sein. Inzwischen dürfte jeder Verleger Sie nur zu gern unter Vertrag nehmen, zu welchen Bedingungen auch immer. Ihre Bücher verkaufen sich fantastisch.“
Luis erwiderte nichts.
„Oje, war das Groupiehaft?“ Sie hätte am liebsten gelacht. Konnte er eine Äußerung nicht einfach einmal so auffassen, wie sie gemeint war, ohne gleich etwas dahinter zu vermuten?
„War es eine Schmeichelei?“
„Nein, eine Tatsache. Ich verstehe einiges von Gewinn- und Verlustrechnung.“
„Sie verfügen über betriebswirtschaftliche Kenntnisse?“
„Gewissermaßen. Ich habe viel von meinem Dad gelernt“, erklärte sie widerwillig.
„Was macht Ihr Vater?“
Vorsicht mahnte eine innere Stimme sie leise. „Er ist Unternehmer.“
„Was ist es für ein Unternehmen?“
Rachel zögerte. Luis hatte lange Zeit in den Staaten gelebt und wahrscheinlich von dem Konglomerat gehört, das ihr Vater leitete. Wenn sie ihm den Namen nannte, stellte er womöglich nur noch mehr Fragen.
„Ein guter Rat“, sagte er leicht amüsiert. „Falls Sie kein Geheimnis um etwas machen wollen, sollten Sie stets eine Antwort parat haben. Auch wenn sie falsch ist, wird sie die Leute von der Fährte abbringen. Sie reden nicht gern über Ihren Vater, und das hat meine Neugier geweckt. Haben Sie sich entfremdet?“
„So könnte man es ausdrücken.“
„Weiß er, dass Sie hier sind?“
„Hier bei Ihnen oder hier in Spanien?“
„Beides.“
Rachel zögerte erneut. „Das geht Sie nun wirklich nichts an, oder?“ Sie schwang die Beine über die Mauer und sprang zu Boden.
Luis stellte sich neben sie. „Wenn eine junge Frau in meinem Haushalt lebt, sind ihre Angelegenheiten auch meine.“
„Ich bin Ihre Sekretärin … für kurze Zeit. Sie tragen keinerlei Verantwortung für mich oder das, was ich tue. Wenn es einen Unterschied macht, dass ich hier wohne, suche ich mir im Dorf ein Zimmer. Gute Nacht.“
Rachel ging davon und hoffte, dass Luis ihr nicht folgte. Sollte er doch an seiner Neugier ersticken! Sie hatte eine Aufgabe zu erledigen, nämlich ihre Mom zu finden, und dabei wollte sie sich weder von ihm noch von ihrem Dad etwas vorschreiben lassen.
Die Reise nach Spanien verzögerte ohnehin alles. Sie hätte sofort mit der Suche beginnen sollen, nachdem sie erfahren hatte, dass ihre Mutter nicht verstorben war. Andererseits war sie immer noch nicht ganz sicher, ob sie sie wirklich finden wollte. Sobald Maria wieder da ist, kehrst du in die Staaten zurück und fängst an, ernsthaft nach ihr zu forschen, beschloss Rachel. Falls die Suche erfolgreich war, musste sie ja nicht gleich zu der ihr unbekannten Frau hinfahren. Gab es eine Möglichkeit, mehr herauszufinden, bevor sie ins kalte Wasser sprang? Und wem konnte sie vertrauen?
Luis sah Rachel nach, bis sie in der Dunkelheit verschwand, setzte sich dann auf die Mauer und ließ den Blick über die Umgebung schweifen. Ja, sie hatte recht, sie und ihre Angelegenheiten gingen ihn nichts an. Jedoch interessierte er sich zum ersten Mal seit Langem wieder für einen anderen Menschen. Es schien ihm, als hätte er die letzten drei Jahre in einer Höhle verbracht, aus der er nicht hatte herauskommen wollen. Aber Rachel hatte es geschafft, die dicken Wände brüchig werden zu lassen.
Ihr blondes Haar war wie ein Sonnenstrahl mitten in der Nacht, und ihre blauen Augen faszinierten ihn. Sie war verführerisch weiblich und rätselhaft reserviert zugleich. Aus irgendeinem Grund wollte er mit ihr reden, mehr über sie erfahren und ihrem verbesserungsfähigen Spanisch lauschen. Vielleicht sollte er lieber Englisch mit ihr sprechen, damit sie sich leichter tat, doch ihr leicht mexikanisch gefärbter Akzent war sehr charmant.
Auch gefiel ihm, wie offen und ehrlich sie ihn ansah. Sie flirtete und kokettierte nicht mit ihm, wie Bonita es getan hatte. Und sie verschonte ihn mit Schmeicheleien und falscher Aufrichtigkeit, was er immer wieder bei Groupies erlebt hatte, die er auf Partys und während der Signierstunden kennengelernt hatte, als er und Bonita in den ersten Jahren seines schriftstellerischen Erfolgs in Amerika gewesen waren.
Seit ihrem
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