ROMANA EXKLUSIV Band 0173
du davon?“
„Das würde mir gefallen.“ Eine warme Brise strich wie eine Liebkosung über ihre Haut. „Hast du es auch gefühlt?“
„Den flüssigen Sonnenschein? So nennt man dieses Phänomen hier auf den Inseln. Ja, ich habe es ebenfalls gefühlt. Und nun lass dich küssen, mein Liebes, damit wir den Geschmack nie vergessen.“
Ohne Zögern schob Anna ihre Finger in sein dichtes schwarzes Haar und stellte sich auf die Zehenspitzen. Ein besonderer Zauber schien über der Lichtung zu liegen. Vor ihrem geistigen Auge tauchte erneut die Szene in der Höhle auf.
Sebastian war über ihr gewesen. Glühende Leidenschaft hatte sich auf seinem Gesicht widergespiegelt, winzige Schweißperlen hatten auf seiner Haut geschimmert. Anna hatte sich ihm entgegengedrängt und sich in jenem Rhythmus bewegt, der so alt war wie die Menschheit. Die Wonnen, die er ihr geschenkt hatte, waren mit nichts, was sie je zuvor erlebt hatte, vergleichbar gewesen … Sie hatte seinen Namen gerufen: „Bastian!“ Der Schrei war von den Wänden der Felsnische zurückgeworfen worden und hatte sich mit dem Rauschen des Wasserfalls vermischt.
Sie erschauerte, als Vergangenheit und Gegenwart eins wurden.
Sebastian schien zu ahnen, welche Richtung ihre Gedanken genommen hatten. „Du wirst dich erinnern“, versprach er ihr. „Irgendwann wird es passieren. Und dann werden wir wissen, was wirklich vorgefallen ist.“ Ohne ihre Antwort abzuwarten, zog er sie in das kühle Wasser des Sees.
Auf einmal wünschte Anna, sie würde sich niemals mehr erinnern. Sie hatte nämlich den bösen Verdacht, dass mit der Rückkehr ihres Gedächtnisses ihre Ehe ein bitteres Ende finden würde.
Anna knotete den zu ihrem Badeanzug passenden Pareo um ihre Hüften und blickte auf Sebastian herab. Er lag ausgestreckt auf dem Felsen, sein Gesicht war im Schlaf entspannt. Lautlos entfernte sie sich und kletterte hinter den Wasserfall. Die Höhle war genau so, wie sie sie beschrieben hatte, doch obwohl sie einige Minuten hier verharrte, wollte sich die Erinnerung nicht einstellen.
Seufzend kehrte sie zum Teich zurück. Sebastian schlief noch immer, und so beschloss sie, zur Lagune hinunterzugehen. Diesmal wählte sie den Weg über die Steinterrassen, der sich als viel kürzer und leichter erwies als die Strecke, die sie vorhin genommen hatten. Sie folgte dem Flusslauf bis zum Meer. Die Luft war drückend schwül, und Anna warf einen besorgten Blick zum bleigrauen Himmel hinauf. Sie hoffte inständig, dass sich nicht wieder ein Sturm zusammenbraute. Die täglichen Regengüsse, die auf die Insel niedergingen, störten sie nicht weiter, doch die Aussicht auf eine weitere Nacht wie ihre erste erschreckte sie zutiefst.
Das Brummen eines Motors riss sie aus ihren Grübeleien. Ein Boot schoss an den Felsen vorbei, die die Lagune abschirmten. Ein Mann mit rotbraunem Haar saß am Steuer. Als er sie bemerkte, stellte er die Maschine ab und sprang auf. Das Boot unter ihm schwankte gefährlich.
„Chris!“, schrie er und fuchtelte wie wild mit den Armen. „Chris, ich bin’s. Los, schwimm herüber.“
Verwirrt machte sie einen Schritt ins tiefere Wasser. Der Mann kam ihr erschreckend vertraut vor. „Benjamin?“, flüsterte sie beklommen. „Benjamin!“, wiederholte sie dann laut.
„Ja, ich bin’s. Beeil dich, bevor er kommt.“
Anna war völlig durcheinander. Er kannte sie. Dieser Benjamin kannte sie. Und anscheinend kannte sie ihn ebenso gut. Warum sonst wäre ihr sein Name so mühelos über die Lippen gekommen? Aber er hatte sie Chris genannt, und das ergab keinen Sinn. Sie ging weiter auf das Boot zu, um ihn danach zu fragen. Die Wellen spielten bereits um ihre Schenkel.
Auf einmal erklangen Schritte hinter ihr. Mit einem lauten Platschen sprintete Sebastian hinter ihr her und packte ihren Arm mit eisernem Griff. Er schob sie beiseite, sodass er wie ein Wall zwischen ihr und dem Boot stand. Seine breite Brust hob und senkte sich heftig unter seinen Atemzügen, seine Haut war schweißbedeckt. Eine kleine Ewigkeit lang maßen die beiden Männer sich mit Blicken.
Es bestand nicht der geringste Zweifel, wer diesen stummen Zweikampf gewinnen würde. Ein lauter Fluch drang über das Wasser zu ihnen herüber, dann rauschte das Schnellboot mit Benjamin davon.
Sebastian drehte sich zu Anna um und zerrte sie aus dem Wasser. „Wer zum Teufel ist dieser Mann?“, fragte er, als sie den Strand erreicht hatten.
Sie hatte ihn noch nie so wütend erlebt. „Ich weiß es
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