ROMANA EXKLUSIV Band 0178
ihr durch den Kopf. „MÄDCHEN IN KNIGHTPOINT VERGEWALTIGT“, „VIER JUGENDLICHE DER TAT FÜR SCHULDIG BEFUNDEN …“ Das könnte jetzt sie sein! Vielleicht war sie auch bald eines dieser namenlosen Opfer. Die Leute, die davon lasen, schüttelten einmal mitleidig den Kopf, bevor sie sich dem nächsten Artikel widmeten. Wie hatte sie nur so dumm sein können, sich in eine solche Lage zu begeben?
Lautes, obszönes Gelächter brandete hinter ihr auf. Ihr Magen verkrampfte sich. Sie wünschte sich aus tiefstem Herzen, Spanisch gelernt zu haben, während die Jugendlichen in ihrer Muttersprache weiter schrien und sich offenbar gegenseitig anfeuerten. Aber sie brauchte das gar nicht zu verstehen, weil sie wusste, woran sie dachten. Die Stimmen der jungen Männer waren schriller geworden, kündigten an, was kommen würde.
„Warum haut ihr nicht einfach ab?“ Als sie herumwirbelte, blieben ihre vier Verfolger überrascht vor ihr auf der Straße stehen und sahen sie an. „Ich bin sicher, ihr habt Besseres zu tun, als euch um mich zu kümmern. Und ihr seid auch nicht komisch, okay?“
Zwei der Gesichter verdunkelten sich. Das verriet ihr, dass die jungen Männer weitaus besser Englisch verstanden, als sie Spanisch verstand. Sie wusste, dass sie die falsche Taktik gewählt hatte. Einer der Jungen, der breiter und ein wenig älter als die anderen war, trat vor. Er sah gut aus und musterte sie selbstsicher. Sein Blick wanderte unverschämt langsam von ihrem silberblonden Haar hinab zu ihren langen glatten braunen Beinen. Sie trug ihre alten, zerschlissenen Jeansshorts. Der einzige Rock, den sie dabei gehabt hatte und den sie gewöhnlich täglich trotz der Hitze trug, um peinliche Situationen zu verhindern, war vor ein paar Stunden in der Fahrradkette zerrissen. Sie hatte sich schnell umziehen müssen. „Sie glauben, Sie sind zu gut für uns, um mit uns zu reden, ja?“ Die Stimme des Jungen war jetzt humorlos. „Sí?“
Laura starrte furchterfüllt in das harte Gesicht. Die Gründe, die sie dazu veranlasst hatten, diese langen, einsamen Ferien zu machen, Sanchos Verrat, der Schmerz und die Verlegenheit, waren plötzlich völlig unbedeutend neben dem, was ihr widerfahren würde. Und dass es so sein würde, wusste sie.
Schnell warf sie das nutzlose Fahrrad mitten in die Gruppe, machte im selben Augenblick kehrt und rannte los, so schnell sie konnte. Nur Sekunden später hörte sie das Trommeln der Schritte auf der schmutzigen Straße. Sie rannte, wie sie noch nie gelaufen war, als ob ihr Leben davon abhinge. Und vielleicht war es auch so. Doch während das Blut in ihren Ohren hämmerte und sie die scharfen Steine der Straße durch ihre dünnen schwarzen Schuhe spürte, wusste sie, dass sie es nicht schaffen würde. Sie waren jung und stark, und sie würden sie einholen.
Verschwommen nahm sie etwas Rotes wahr, das ihr entgegenkam. Dann registrierte sie das Hupen eines Autos. Doch noch während sie verzweifelt die Hand hob, um Hilfe zu erbitten, stieß sie mit einem Fuß gegen einen kleinen Felsen und knickte um. Sie stürzte der Länge nach in den roten Schmutz und spürte einen stechenden Schmerz. Grober Sand war in ihrem Mund und in ihren Augen. Die aufgeschürften Handflächen brannten höllisch, da sie versucht hatte, mit den Händen den Sturz abzufangen. Doch als sie sich zu bewegen versuchte, verdrängte der blendende Schmerz in ihrem rechten Knöchel jedes andere Gefühl. Einen Moment glaubte sie das Bewusstsein zu verlieren, weil sich alles in einem wirbelnden Kaleidoskop von Farben um sie drehte. Der Gedanke aber, dass der herannahende Wagen nicht angehalten haben und sie ihren Verfolgern ausgeliefert sein könnte, bewahrte sie vor der Ohnmacht.
Als sie sich schließlich am Straßenrand halb aufgerichtet hatte, wurde ihr bewusst, dass der hellrote Ferrari ein paar Meter von ihr entfernt stehen geblieben war. Der Fahrer des Wagens eilte an ihre Seite. Nur verschwommen sah sie die Gestalt, die sich neben sie kniete und ihre Hände ergriff.
„Sind Sie verletzt? Haben Sie sich wehgetan?“
Sie konnte nicht antworten.
„ Habla Inglés? Französisch? Deutsch?“
„Ich bin Engländerin.“ Der Nebel schwand. Sie atmete ein paarmal tief ein, bevor sie in das dunkle Gesicht des Fremden schaute. „Danke fürs Anhalten.“
Er winkte mit einer scharfen Handbewegung ab. Dabei sah sie das Glitzern einer schweren goldenen Armbanduhr an seinem Handgelenk. Und sie bemerkte, dass er für ein Dinner gekleidet war. Die
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