ROMANA EXKLUSIV BAND 231
Beine anzog, war gerade genug Platz für zwei.
„Woher wussten Sie, dass es regnen würde?“
„Das hier ist der Regenwald.“ Er seufzte ungeduldig, als er ihre verständnislose Miene sah. „Man muss kein Meteorologe sein, um zu wissen, dass es hier jeden Tag zur gleichen Zeit regnet. Zumindest wird es so lange regnen, bis es dem Menschen gelungen ist, den Kreislauf, der hier seit Anbeginn der Zeit herrscht, zu zerstören.“ Gabrielle wurde bewusst, dass sein scharfer Ton ausnahmsweise mal nicht ihr galt. „Der Regenwald wird rücksichtslos abgeholzt, man schätzt, dass es ihn im Jahre 2020 nicht mehr geben wird, falls es in diesem Tempo weitergeht. Welche Auswirkungen das auf das Klima der Erde hat, wagt man sich gar nicht vorzustellen. Aber wer will es der brasilianischen Regierung schon verübeln, wenn sie versucht, die Armen mit einem Stück Land zu versorgen, damit die ihre Nahrung selbst anbauen können? Das Land ist jahrelang von den Reichen dieser Welt ausgebeutet worden, die nur noch reicher werden wollten.“
Gabrielle versteifte sich. „Warum habe ich jetzt das Gefühl, dass das auf mich gemünzt war?“
„Nun, wem der Schuh passt …“ Er rutschte auf dem Boden herum auf der Suche nach einer bequemeren Sitzhaltung, dabei berührte sein Schenkel Gabrielles Bein.
Sie hasste sich dafür, dass ihre Haut an dieser Stelle wie Feuer zu brennen begann. „Ich wüsste nicht, was ich an den Problemen dieses Landes ändern könnte!“, fauchte sie.
„Vielleicht nicht, aber würden Sie es überhaupt versuchen? Ich meine, wie füllen Sie denn Ihren Tag, vom Aufstehen bis zum Zubettgehen? Diese Frage beschäftigt mich wirklich. Wie viele Tage kann man denn mit Einkaufen, Lunchverabredungen und Schönheitssalons verbringen, bevor es langweilig wird?“ Seine Stimme wurde ironisch. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie das befriedigt. Sie scheinen doch eine einigermaßen intelligente Person zu sein.“
Sein bissiger Tonfall verletzte sie und verstärkte nur die Zweifel, die sie in letzter Zeit immer wieder wegen ihres müßiggängerischen Lebens gehabt hatte. Aber gerade deshalb schaute sie ihn hochmütig an. „Jemand wie Sie kann das natürlich nicht verstehen. Warum sollte mir mein Leben missfallen? Ich habe doch alles, was ein Mensch sich wünschen kann.“
„Haben Sie das wirklich?“ Er lächelte und musterte sie mit einem Blick, bei dem sie unruhig wurde. „Immerhin haben Sie Durchhaltevermögen, das gestehe ich Ihnen zu. Und Sie werden nie zugeben, dass ich recht habe.“
Sie setzte ein hochmütiges Lächeln auf. „Wenn Sie recht hätten, Doyle, würde ich es sicherlich zugeben. Allerdings befürchte ich, dass Sie sich da in etwas verrennen. Es gibt eine Menge Leute, die nur zu gern mit mir tauschen würden.“
„Vielleicht, aber ich bin sicher, dass der übergroße Teil davon sofort wieder zu seinem alten Leben zurückkehren würde, sobald er erst einmal in dieses andere Leben hineingeschnuppert hat. Wie alt sind Sie eigentlich?“
„Was hat denn mein Alter damit zu tun?“
Er zuckte die Schultern. „Ich mache nur Konversation. Es werden ein paar sehr lange, sehr stille Tage werden, wenn wir nicht miteinander reden.“
Unglücklicherweise hatte er recht, und so biss Gabrielle sich auf die Zunge, um weitere hitzige Ausbrüche zu verhindern. Sie schaffte es sogar, völlig normal zu erwidern: „Ich bin zweiundzwanzig. Und Sie?“
Er lächelte dünn. „Vierunddreißig. Damit bin ich ein ganzes Stück älter als Sie und mit Sicherheit doppelt so erfahren.“
Sein spöttischer Ton gefiel ihr überhaupt nicht. „Da ich nicht weiß, worauf Sie sich mit Ihrer ‚Erfahrung‘ beziehen, kann ich nicht das Gegenteil behaupten. Aber Sie sollten sich im Klaren darüber sein, Mr Doyle, dass ich bereits einiges von dieser Welt gesehen habe!“
„Das, was Sie gesehen haben, ist nur durch das Geld Ihrer Familie möglich gewesen. Sie haben nie wirklich auf eigenen Füßen gestanden, oder irre ich?“ Da sie es nicht abstreiten konnte, hob sie nur hochmütig eine Augenbraue. „Das hier ist eine ganz neue Erfahrung für Sie, nicht wahr?“, fuhr er unbeeindruckt fort. „Hier im Dschungel kann das Geld Ihrer Familie nicht den Weg für Sie ebnen, da müssen Sie sich schon auf sich selbst verlassen. Sie werden gezwungenermaßen herausfinden, aus welchem Holz Sie geschnitzt sind.“
„Und Sie sind natürlich davon überzeugt, dass ich es nicht schaffe, nicht wahr?“ Sie lachte plötzlich
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