ROMANA EXKLUSIV BAND 231
der Himmel seine Schleusen öffnen, und wenn wir bis dahin keinen Unterstand gebaut haben, werden wir bis auf die Haut durchnässt. Also auf, nehmen Sie das Messer, und schlagen Sie damit so viele der großen Blätter da hinten ab“, er deutete auf eine Stelle, „wie Sie können. Ich werde in der Zwischenzeit eine Art Rahmen aufstellen.“
Regungslos starrte Gabrielle auf das große Messer, das vor ihr im Boden steckte. Bildete dieser Mann sich tatsächlich ein, sie würde jetzt aufspringen, und wie eine Wilde auf Dschungelpflanzen einhacken, nur weil er behauptete, dass es zu regnen anfangen würde? „In ein paar Minuten“, sagte sie kühl. „Ich muss erst einmal Atem schöpfen. Nicht, dass ich Ihre Fähigkeiten als Wetterfrosch anzweifle, aber …“
Sie hatte nicht damit gerechnet, unterbrochen zu werden. Doyle packte sie bei den Schultern und zog sie mit einem unsanften Ruck auf die Füße. Und noch weniger hatte sie damit gerechnet, dass ihr Körper mit wildem Herzschlag und rasendem Puls auf seine Nähe reagieren würde.
„Lady, Sie würden sogar die Geduld eines Heiligen überstrapazieren“, knurrte er. „Also, wir können den leichten Weg wählen oder den beschwerlichen, das liegt ganz bei Ihnen. Aber wie immer Sie sich auch entscheiden, Sie werden jetzt Ihr Hinterteil in Bewegung setzen und diese Blätter schlagen. Nun?“
Seine Lippen waren arrogant verzogen und sein Blick so unnachgiebig und durchdringend, dass er fast hypnotisierend wirkte. Gabrielle hätte zu gern widersprochen. Aber sie hatte keine Lust auf Spekulationen, was er wohl mit dem „beschwerlichen Weg“ meinen könnte.
„Na schön, wenn diese Blätter für Ihren Seelenfrieden so wichtig sind, gehe ich sie wohl besser schlagen. Aber bilden Sie sich nicht ein, dass Sie so mit mir umspringen können, Doyle. Sie werden die Art, wie Sie mich behandeln, noch bereuen, wenn wir zurück sind.“
„Darüber mache ich mir erst Gedanken, falls wir zurückkommen. Und selbst dann wird mir das wohl kaum schlaflose Nächte bescheren.“ Damit wandte er sich ab und widmete seine Aufmerksamkeit dem Inhalt des Rucksacks.
Gabrielle beherrschte sich mit übermenschlicher Anstrengung, um nicht vor Wut zu explodieren. Interessierte es diesen Menschen denn gar nicht, wie viel Macht, Reichtum und Einfluss ihre Familie besaß? Ganz augenscheinlich nicht!
Wütend stapfte sie zu dem Farn, auf den er gedeutet hatte, und schwang die Machete, als könne sie damit das Schicksal besiegen, das sie mit so einem unmöglichen Mann hier im Dschungel hatte enden lassen. Wenn sie an all die netten Männer dachte, mit denen sie ihre Zeit verbringen könnte …!
Ein weiterer heftiger Schlag, und das erste große Blatt fiel zu Boden. Sie wischte sich mit dem Ärmel über die Stirn und schaute verstohlen zu Doyle hinüber. Er stand mit dem Rücken zu ihr und zog gerade einen jungen Baumstamm herunter, um ihn wie einen Bogen mit einer Liane festzubinden. Jeder Muskel in seinem Körper war angespannt, während er weitere Stämme verarbeitete, jeder Handgriff sicher, geschickt und genau.
Und plötzlich kam Gabrielle ein ganz anderer Gedanke, bei dem sie unwillkürlich die Stirn runzelte. Andere Männer behandelten sie vielleicht mit sehr viel mehr Zuvorkommenheit, aber welcher von ihnen hätte sich in einer solchen Situation wie dieser hier zurechtgefunden? Glen etwa, in seinem teuren Designer-Anzug? Oder hätte Robert, der charmante geistreiche Robert, etwa eine Idee gehabt, wie sie sicher in die Zivilisation zurückfinden würden?
Gabrielle bearbeitete weiter die großen Blätter, während sie in Gedanken all die Männer an sich vorbeiziehen ließ, die sie in den letzten Jahren kennen und schätzen gelernt hatte. Aber alle schienen ihr plötzlich oberflächlich und seicht. Keiner von ihnen hätte angesichts dieser Herausforderung bestanden, hätte gewusst, was zu tun war – so wie Doyle. Wenn sie schon im Dschungel verschollen war, dann am liebsten mit einem Mann wie Doyle.
Diese Erkenntnis schockierte und verwirrte sie zutiefst.
Die ersten Regentropfen fielen, als Doyle gerade das letzte Blatt auf dem Dach festband. Gabrielle genoss die kühlen Tropfen auf ihrer verschwitzten Haut, aber als es abrupt wie aus Kübeln zu schütten begann, brauchte Doyle sie nicht einmal aufzufordern, um in dem Unterstand Schutz zu suchen. Sie krabbelte hastig auf allen vieren hinein und rutschte schnell zur Seite, als Doyle ihr folgte. Es war eng hier drinnen, aber wenn sie die
Weitere Kostenlose Bücher