Romana Exklusiv Band 240
die Freuden des Lebens wieder näher zu bringen. Wie schön würde sie mit ihren funkelnden blauen Augen aussehen, in denen sich Lebensfreude spiegelte statt Trauer! Doch zunächst war es wichtig, eine Freundschaft aufzubauen, in der sie seine Neckereien genießen konnte.
Einen Tag nach Cams Abfahrt machte Liz ihren Spaziergang durch die Weinberge. Trotz des blauen Himmels war die Luft kühler, und die Silhouette der Berge zeichnete sich deutlicher ab als an warmen Tagen. Obwohl es manchmal so aussah, als würden sie ineinander übergehen, waren es siebzehn verschiedene Berge, die vom Dorf aus zu sehen waren. Mittlerweile kannte sie ihre Namen und ihre Umrisse.
Liz konnte ihr Haus nicht ausmachen, aber La Higuera stach deutlich hervor. Wenn die Rollläden hinuntergelassen waren, wirkten die Fenster wie geschlossene Augen. Sie fragte sich, wann Cam wohl wiederkommen und ob er ihr eine E-Mail schicken würde. Oder würde er es ihr überlassen, ihn zu kontaktieren, da sie jetzt ja alle Infos für seine Website hatte?
Seitdem er ihr das Umhangtuch gebracht hatte, hatte sie ihn nicht mehr gesehen. Er hatte sich per E-Mail kurz von ihr verabschiedet. Als sie die Mail las, war er bereits auf dem Weg zum Flughafen von Valencia gewesen.
Das starke Gefühl, das sie in seinem Garten verspürt hatte, machte sie immer noch nervös. So etwas hatte sie bisher nur erlebt, wenn eine Szene in einem Buch oder in einem Film sie angeregt hatte. Doch wie konnte sich der Ärger, den sie für Cam empfunden hatte, in wenigen Sekunden in ein so starkes Begehren verwandeln? Dass sie – wenn auch nur für einen kurzen Moment – die Kontrolle über sich verloren hatte und vielleicht nicht hätte widerstehen können, wenn er weitergegangen wäre, missfiel ihr.
Liz dachte den Gedanken nicht zu Ende und beschloss, bei ihren nächsten Begegnungen darauf zu achten, dass es sich um ein rein geschäftliches Treffen handelte.
3. KAPITEL
En la batalla de amor, el que huye es el vencedor
Im Kampf der Liebe siegt der, der flieht
Einen Monat später kam Cam zurück. Vierundzwanzig Stunden vor seiner Ankunft hatte er Liz gemailt. „Ich hatte einen Geistesblitz. Ich freue mich schon, dir davon zu erzählen“, hatte er unter „PS“ hinzugefügt.
In seiner Abwesenheit hatte sie den Entwurf und die Programmierung seiner Website vorangetrieben. Aber ob das Ergebnis seinen Erwartungen entsprach, würde sich noch zeigen. Sie hätte ihm die Dokumente auch mailen können, damit er sie sich auf seinem Internetbrowser ansehen konnte, doch sie wollte sein Gesicht sehen, wenn er die Seiten zum ersten Mal betrachtete.
Am Abend seiner Ankunft ging Liz in die Achtuhrvorstellung eines Films in englischer Sprache im Kino von Gata de Gorgos, einem Küstenort. Sie ging gern ins Kino, aber wichtiger war ihr diesmal, dass sie nicht im Haus war, falls er anrufen und ihr ein Abendessen vorschlagen sollte. Es war einfacher, als fadenscheinige Ausreden zu erfinden.
Als sie spät am Abend nach Hause kam, setzte sie Teewasser auf und rief ihre neuen E-Mails ab. Eine war von Cam und lautete: „Könntest du morgen früh gegen zehn vorbeikommen, wenn du Zeit hast?“
Liz antwortete mit nur einem Wort: „Ja.“
Als sie den Computer ausschaltete, wurde ihr plötzlich bewusst, dass der morgige Tag viel aufregender werden würde als ihre letzte Begegnung. Es ärgerte sie, doch sie konnte es auch nicht leugnen.
Am nächsten Morgen fragte sie sich, was sie anziehen sollte. Jeans und Sweatshirt? Oder das, was sie bei der Arbeit in London immer getragen hatte? Sie entschied sich für eine Mischung aus legerem Landlook und Citychic, indem sie die graue Hose, die sie beim Essen mit ihm getragen hatte, mit einem blauen Kaschmirpullover kombinierte. Zum Abschluss legte sie sich ein graublaues Tuch um die Schultern.
„Hallo … guten Morgen“, begrüßte Cam sie, als er die Tür öffnete.
„Guten Morgen“, sagte sie eher förmlich, als sie eintrat.
„Der Kaffee ist fertig.“ Cam bedeutete ihr, ihm in die Küche zu folgen. „Danke, dass du den Kühlschrank aufgefüllt hast. Hier, das schulde ich dir.“ Er zeigte auf einige Geldscheine auf dem Tresen, wo sie den Kassenzettel aus dem Supermarkt hingelegt hatte.
„Danke.“ Liz zog ihr Portemonnaie aus der Handtasche. „Ich gebe dir den Rest wieder.“
„Lass stecken“, meinte er. „Du hast vergessen, das Benzin und deine Zeit zu berechnen.“
„Daran würde ich nicht einmal im Traum denken“, erwiderte sie
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