Romana Exklusiv Band 240
keine unaufgeforderten Schritte unternehmen würde, keine Bedenken haben dürfen, bei ihm am helllichten Tag Kaffee zu trinken. Nachts wäre es etwas anderes gewesen, aber es wäre ja auch unwahrscheinlich gewesen, dass sie zusammen zu Abend gegessen hätten. Dennoch fühlte Liz sich nicht ganz wohl dabei. Hauptsächlich weil sie nicht wusste, wie lange sie seinem Charme noch widerstehen konnte, wenn sie so lange zusammen waren.
Sie erreichten sein Haus. „Bleib sitzen. Ich mache die Garage auf.“
Cam schloss das Tor auf und schwenkte es nach oben. Als Liz ihn beim Essen beobachtet hatte, hatte sie sich gefragt, wie er sich wohl fit hielt. In der Garage entdeckte sie nun ein Mountainbike und ein Regal mit unzähligen Wanderstiefeln. Bevor er das Garagentor wieder schloss, öffnete er ihr die Tür zur Terrasse.
Sie bot ihm keine Hilfe beim Kaffeekochen an, sondern ging die Stufen zum Garten hinunter und setzte sich auf eine der beiden Gartenbänke. Die Bank am westlichen Ende des Gartens stand neben zwei hohen Lavendelbüschen, die gerade blühten und von unzähligen Bienen besucht wurden.
Liz hatte schon manches Mal nach der Gartenarbeit für einige Minuten auf dieser Bank gesessen. Sie überlegte, welche Veränderungen er vornehmen wollte. Dann schweiften ihre Gedanken zurück zu dem Garten ihrer Doppelhaushälfte in der Vorstadt, in dem sie und Duncan dreizehn Jahre zusammengelebt hatten – fast ein Drittel ihres Lebens.
Cam kam die Stufen herunter und brachte einen Klapptisch mit, den er vor der Bank aufstellte. Anschließend ging er wieder und kehrte kurz darauf mit einem Tablett zurück. Neben den Kaffeeutensilien standen auch zwei Likörgläser und eine Flasche darauf. Ihre Zweifel hinsichtlich seiner Absichten regten sich wieder.
„Ich kann nicht lange bleiben. Was willst du mit dem Garten machen?“, erkundigte sie sich.
„Warum diese Eile? Warum entspannen wir uns nicht für den Rest des Nachmittags?“, wich er ihrer Frage aus. Dann sah er auf seine Armbanduhr. „Es ist gerade mal drei.“
„Ich will mir ein paar Notizen zu deiner Website machen, solange ich es noch im Kopf habe.“
„Das Problem kann gelöst werden. Ich schicke dir eine Kopie von meinen Aufzeichnungen. Kann ich sie als Anhang schicken, oder sind dir E-Mail-Anhänge genauso suspekt wie ungeschützter Sex?“
Liz wusste, dass er sie für prüde hielt, und vielleicht war sie es auch, denn selbst so ein Scherz war ihr unangenehm, weil er von Cam kam.
Sie versuchte, gefasst zu klingen. „Ich mache bestimmt keine Anhänge von Unbekannten auf oder solche mit Betreffzeilen wie ‚Gratis‘ oder ‚Sie haben gewonnen‘. Aber dein Computer ist bestimmt bestens gegen Viren geschützt.“
„Ist er. Wie effektiv das ist, weiß ich allerdings nicht. Die Hacker erfinden neue Viren schneller, als die Anti-Viren-Jungs ihre Schutzwälle hochziehen können.“
Während sie sprachen, hatte Cam ihr Kaffee eingeschenkt. Nachdem er die Tasse vor sie gestellt hatte, stellte er ein Likörglas daneben und griff nach der Flasche.
„Nicht für mich, danke“, lehnte Liz ab.
„Magst du keinen Likör … oder nur keine Williams Christbirne?“
„Die habe ich noch nie probiert, aber von zu viel Alkohol bekomme ich Kopfschmerzen.“
„Du hattest doch nur drei Gläser Wein. Das ist nicht viel, schon gar nicht zum Essen. Komm, nur einen Kleinen.“
„Ich möchte nicht, Cam. Bitte, dräng mich nicht.“
„Ich denke nicht daran, dir irgendetwas aufzudrängen, das du nicht möchtest.“ Er nahm das Glas weg, stellte es neben seine Kaffeetasse und goss sich großzügig ein. „Aber deine Nervosität wundert mich. Stehe ich etwa unter dem Verdacht, ehrbare Frauen in meinen Garten zu locken und sie mit hochprozentigem Likör gefügig zu machen, bevor ich mich an ihnen vergehe?“
Liz griff nach ihrer Tasche, die sie über die Lehne der Bank gehängt hatte. „Wenn du das so verstanden hast, gehe ich jetzt“, erboste sie sich und sprang auf.
Sie war schon fast an den Stufen, als er ihren Arm ergriff und sie zurückhielt. Wütend drehte sie sich zu ihm um.
„Du regst dich wegen nichts auf. Ich wollte dich doch bloß ein bisschen necken“, beruhigte er sie.
„Das finde ich nicht lustig“, erwiderte sie scharf.
Als sie sich jedoch so gegenüberstanden, verflog ihre Entrüstung plötzlich und machte einem anderen, unbekannten Gefühl Platz.
Für einen langen, prickelnden Augenblick sahen sie einander an, und Liz beobachtete, wie sich
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