Romana Exklusiv Band 240
Mutter?“
„Unvorstellbar für dich, was?“ Francesca klang ungewohnt bitter. „Dazu solltest du vielleicht wissen, dass sie zwanzig Jahre jünger ist als mein Vater, Geld ausgibt ohne Ende und sich einen Flirt nach dem anderen leistet.“
„Aber warum ist dein Vater dann mit ihr zusammen?“
„Na, weil sie toll aussieht. Warum sonst?“ Für einen kurzen Moment bebte ihre Stimme, doch Francesca fing sich schnell wieder. „Ach ja, dann wäre da noch mein großer Bruder. Vor dem muss ich dich warnen. Der überwacht dich schlimmer als jeder Gefängniswärter. Aber vielleicht kannst du mir ja mal ein Alibi verschaffen.“
„ Alibi? Wieso?“
„Na, wenn ich mal ausgehen will.“ Francescas Stimme klang wieder munterer. „Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie das nervt, wenn einem der Bruder jedes Date verbieten will! Er lässt mich nur in Ruhe, wenn er glaubt, ich säße brav zu Hause. Also, denk dir was Nettes aus, wenn er mich sucht – meinetwegen hast du mich beim Beten in der Kirche gesehen!“
„Francesca!“ Suzanna stöhnte unbehaglich auf. Das tat sie meist, wenn sie den verrückten Einfällen ihrer Freundin nicht folgen wollte. „Ich kann doch nicht für dich lügen!“ Nervös zupfte sie am Saum ihres blütenweißen Kleides.
Francesca machte einen Schmollmund. „Bitte, bitte! Sonst halte ich es in den Ferien hier nicht aus! Und komm wenigstens einmal mit in die Disco. Du ahnst ja gar nicht, was du verpasst!“
Suzanna schüttelte den Kopf. „Meine Güte, du weißt doch, warum ich da nicht gern bin!“ Sichtlich genervt stöhnte sie auf. Nein, dort fühlte sie sich fehl am Platz. Zu groß … zu schlaksig. Weil sie zudem die meisten Jungs um einen halben Kopf überragte, kam sie sich vor wie Aschenputtel auf dem falschen Ball.
Francesca verdrehte die Augen. „Unglaublich, dass wir beide Freundinnen sein sollen! Ich schaffe es ja nicht mal, dich zu einem Discobesuch zu überreden …“ Jetzt hatte sie die Zeichnung entdeckt. „He! Das ist gut – bin ich das?“
„Ja. Gefällt es dir?“ Suzanna räusperte sich verlegen.
„Und wie. Schenkst du es mir?“
„Das hatte ich sowieso vor. Zum Dank für deine Einladung.“
Nach ihrer Landung auf dem Flughafen Leonardo da Vinci wurden sie vom Chauffeur der Familie Caliandro schon erwartet, und nachdem das Gepäck verstaut war und die Freundinnen Platz genommen hatten, fuhr die schwarze Limousine los.
Suzanna schloss die Augen. Am Morgen noch hatte sie im Schweizer Internat ihr Zimmer aufgeräumt, und nun war sie hier, in dieser faszinierenden italienischen Metropole mit ihrer einzigartigen Architektur. Ohne Zweifel, ihre Ferien versprachen aufregend zu werden.
„Nur noch wenige Kilometer!“ Francesca lächelte zufrieden, während sie die Freundin von der Seite betrachtete. Offen getragen wirkte das Haar ihrer Freundin noch schöner. In seidigen Kaskaden wallte es über ihre Schultern und schimmerte im Licht wie rotes Gold.
Suzanna wurde immer aufgeregter. Ein herrschaftliches Haus nach dem anderen entdeckte sie, und jedes Mal fragte sie sich, ob dies vielleicht die Villa der Familie Caliandro sei.
„Ich bin gespannt, wie dir der alte Kasten gefällt“, rief Francesca übermütig.
Die flapsige Umschreibung des Landsitzes riss Suzanna aus ihren Träumen. Drei Jahre besuchten sie nun das teure Internat in der Schweiz, und Francesca war noch frech und eigensinnig wie am Anfang. Mit allem platzte sie heraus, ohne sich einen Kopf darüber zu machen. Den erzieherischen Ansprüchen des Internats entsprach dies ganz gewiss nicht. Auch die wohlhabenden Eltern, die meist zu wenig Zeit hatten, um sich um ihre Kinder zu kümmern, rechneten damit, dass aus ihrem ungestümen Teenager am Ende eine junge Dame würde.
Beim Gedanken an ihre eigenen Eltern wurde Suzanna traurig. Zu frisch war die Erinnerung an den letzten großen Verlust. Vor zwei Jahren war ihr Vater gestorben, und ihr Bruder Piers hatte die Leitung der kleinen, aber feinen Automobilfirma im Besitz der Familie übernommen. Seine hochfliegenden Pläne allerdings hatten das mühsam erarbeitete Vermögen des Vaters schnell dahinschmelzen lassen. Ihre Mutter, die nie etwas mit finanziellen Angelegenheiten zu tun gehabt hatte, war vollkommen überfordert. Schon nach kurzer Zeit war der Betrieb nicht mehr schuldenfrei. Zum Glück hatte der Vater noch vor seinem Tod Vorsorge getroffen, sodass seine einzige Tochter ihre Ausbildung in der Schweiz beenden konnte.
„Wir sind da!“
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