Romana Extra Band 1
lassen.
Doch es gab noch einen anderen Grund für ihre Aufregung. Einen, über den sie sich lieber keine Rechenschaft ablegte. Denn da war etwas zwischen Luís und ihr. Dieses Knistern, das in der Luft lag, wenn sie mit ihm zusammen war. So etwas hatte sie bisher nur mit einem einzigen Menschen erlebt: mit Diego.
Die Geschichte mit Diego und ihr war etwas ganz Besonderes gewesen – diese eine magische Liebe, die man niemals vergisst. Mit ihm wäre sie bis ans Ende der Welt gegangen.
Rasch verdrängte sie den Gedanken. Es war weder der richtige Ort noch die richtige Zeit, um darüber nachzugrübeln. Sie ließen Estellencs hinter sich, gelangten über einen steilen, gewundenen Weg, der sich in die Felsen schmiegte, hinunter zum Strand. Zufrieden registrierte sie Luís’ Überraschung als er das Lagerfeuer bemerkte, über dem – an einem Drehspieß – ein Barsch briet. Daneben stand Onkel Timothy und begrüßte sie mit einem Lächeln. Er hatte bei den Vorbereitungen für diesen Abend ganze Arbeit geleistet und einen Tisch, zwei Stühle sowie Geschirr und einen Buffetwagen herbeigeschafft. Ein blütenweißes Leinentuch war über den Tisch drapiert, der bereits eingedeckt und mit einer roten Rose in einer schmalen Kristallvase dekoriert war.
„Ihr seid früh dran, Kinder“, sagte er. „Aber kein Problem, der Fisch sollte jeden Moment so weit sein.“ Fragend sah er Beth an. „Braucht ihr mich noch?“
Sie schüttelte den Kopf. „Vielen Dank, Onkel Timothy.“
Diskret zog er sich in sein kleines Bootshaus zurück, das in einiger Entfernung den Strand hinunter lag.
Als sie allein waren, blickte Luís sie an, und zum ersten Mal an diesem Abend wirkte er vollkommen gelöst. „Es gelingt Ihnen anscheinend mühelos, mich in Erstaunen zu versetzen. Wie haben Sie das alles herbeigezaubert?“
„Betriebsgeheimnis“, entgegnete Beth mit einem leisen Lachen. „Es gefällt Ihnen also?“
„Ich glaube, eine bessere Aussicht hätten wir auch im besten Restaurant von Palma nicht ergattern können.“ Er schüttelte den Kopf. „Sie sind verrückt, hat Ihnen das schon einmal jemand gesagt?“
Sie standen einander gegenüber. So dicht, dass Beth sich einbildete, seinen Herzschlag hören zu können. Sie wollte etwas erwidern, doch als sie zu Luís aufschaute und ihm in die Augen sah, waren die Worte wie weggewischt.
Seine Augen waren nicht dunkelbraun, wie sie zunächst angenommen hatte. Nein, sie waren tiefblau wie das Meer, wenn die Sonne hinter dem Horizont versank und die Sterne am Himmel sichtbar wurden. Seltsam, dass ihr das in diesem Moment mit solcher Deutlichkeit auffiel. Vielleicht lag es daran, dass sie es sich bis dahin nicht gestattet hatte, ihn so genau zu mustern.
Sie zwang sich, den Blick von ihm abzuwenden. Mit einem verlegenen Lachen trat sie ans Lagerfeuer. „Der Fisch ist jeden Moment fertig“, wiederholte sie Timothys Worte, als sie den Spieß drehte. „Wollen Sie sich schon einmal um den Salat kümmern, während ich ihn herunternehme und filetiere?“
Zu ihrer Überraschung schüttelte er den Kopf. „Das Filetieren übernehme ich – richten Sie in der Zwischenzeit den Salat an.“
Es war keine Bitte, sondern eine schlichte Aufforderung. Während sie die Salatzutaten in eine große Holzschüssel gab und mit der Vinaigrette vermengte, beobachtete sie Luís. Wie geschickt er mit dem Messer umging, so als hätte er in seinem Leben nie etwas anderes getan. Er arbeitete schnell und konzentriert. Ihn dabei zu beobachten war ein Genuss.
Bethany Coldwell, der Mann entgrätet einen gegrillten Fisch. Das ist nicht gerade das, was eine Frau gemeinhin als besonders erregend empfindet!
Hastig wandte sie sich wieder ihrem Salat zu, mischte ihn noch ein letztes Mal kräftig durch und brachte die Schale dann zum Tisch. Den perfekt filetierten Fisch hatte Luís bereits aufgetragen.
Sie setzten sich an den Tisch. Beth goss ihnen Wein ein. Luís probierte und nickte anerkennend. „Nicht schlecht. Worauf wollen wir trinken?“
„Auf die alten Zeiten“, schlug sie vor. „Ich erinnere mich gut an Sie und Ihre Familie, auch wenn ich damals noch ein kleines Mädchen war. Sie kamen jeden Sommer nach Estellencs und verbrachten die gesamten Ferien hier. Ihre beiden Brüder waren älter als ich, daher hatten wir nicht viel miteinander zu tun. Aber mit Ihnen und Ihrer kleinen Schwester …“ Plötzlich wurde ihr klar, dass sie dabei war, schmerzliche Erinnerungen heraufzubeschwören. Sie schüttelte
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