Romana Extra Band 1
alles anders. Heute hatte sie das Gefühl, nicht schnell genug wieder von hier verschwinden zu können.
„Sie sind früh dran.“
Ein wohliger Schauer durchrieselte Beth, als sie Luís’ Stimme hinter sich vernahm. Die Knie wurden ihr mit einem Mal zittrig und schwach. Sie atmete tief durch und wappnete sich für seinen Anblick, dann erst wandte sie sich um.
„ Buenas tardes , Señor Santiago“, sagte sie und versuchte sich an einem unbefangenen Lächeln. „Ich freue mich, dass Sie gekommen sind.“
Er runzelte die Stirn. „Wir hatten eine Verabredung, oder irre ich mich? Und finden Sie nicht, dass wir nach unserer gemeinsamen Erfahrung gestern Nachmittag diese lächerlichen Förmlichkeiten lassen könnten?“ Er reichte ihr die Hand. „Mein Name ist Luís.“
Beth erwiderte den Händedruck. Dieses Mal war ihr Lächeln echt. „Bethany“, erwiderte sie. „Aber meine Familie und meine Freunde nennen mich Beth.“
„Dann werde ich Sie ebenfalls Beth nennen, wenn Sie nichts dagegen einzuwenden haben.“ Ein Lächeln zuckte um seine Mundwinkel. „Der Name passt gut zu Ihnen.“ Der Blick, mit dem er sie bedachte, war so eindringlich, dass ihr Herz aufgeregt zu flattern begann.
Innerlich rief sie sich zur Ordnung. Du bist hier, um ihm sein Grundstück abzukaufen, vergiss das nicht, ermahnte sie sich. Nicht, um mit ihm zu flirten!
„Wollen wir los?“, fragte sie dann betont fröhlich und sprang auf. „Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich bin schrecklich hungrig.“
„Gern.“ Luís nickte. „Mein Wagen steht um die Ecke. Mögen Sie Fisch? Ich kenne ein ganz hervorragendes Restaurant in Palma. Man serviert dort den besten Seebarsch, den ich je gegessen habe.“
„Ich liebe Fisch“, entgegnete Beth. „Allerdings habe ich mir erlaubt, ein wenig umzudisponieren und die Gestaltung des Abends nach meinen Vorstellungen abzuwandeln, da Sie unbedingt darauf bestehen, die Rechnung für unser Dinner zu übernehmen.“ Als sie Luís’ skeptischen Blick bemerkte, lachte sie leise. „Keine Sorge, ich plane nicht, Sie in die Oper zu entführen. Aus leidiger Erfahrung weiß ich, dass die wenigsten Männer darunter einen amüsanten Abend verstehen.“
„Zufällig finde ich Oper großartig.“ Missbilligend runzelte er die Stirn. „Halten Sie mich tatsächlich für einen ungehobelten Hinterwäldler?“
Dies war ein kritischer Augenblick, dessen war sie sich bewusst. Ein falsches Wort konnte genügen, Luís Santiago vor den Kopf zu stoßen. „Nein, keineswegs“, beeilte sie sich zu versichern. „Aber offen gestanden wäre es auch schwierig gewesen, für die heutige Vorstellung im Teatre Principal in Palma noch Karten zu ergattern.“
Seine Miene entspannte sich, und Beth unterdrückte einen Seufzer der Erleichterung. Sich mit Luís zu unterhalten war, wie über ein Minenfeld zu laufen – jeder Schritt konnte der Letzte sein. Sie fragte sich, wieso er alles, was sie sagte, auf die Goldwaage legte, schob den Gedanken dann aber beiseite. Seine Beweggründe brauchten sie nicht zu interessieren, schließlich wollte sie sich nicht mit ihm anfreunden, sondern lediglich ein Geschäft mit ihm abschließen.
Und warum hast du dir dann solche Mühe damit gemacht, diesen Abend vorzubereiten? Wenn du ihn nur auf den Verkauf seines Strandgrundstücks ansprechen wolltest, hättest du mit ihm auch in irgendein nettes Restaurant in der Umgebung gehen können.
Doch sie hatte sich anders entschieden – und womöglich war genau das der springende Punkt. Denn der Wunsch, ihn zu überraschen, ihn zu beeindrucken, gründete nicht ausschließlich auf rationalen oder professionellen Überlegungen. Nein, sie war vielmehr einer spontanen Eingebung gefolgt.
Und warum? Über diese Frage wollte sie lieber nicht weiter nachdenken. Zumindest im Augenblick nicht.
Sie hakte sich bei ihm unter. „Wollen wir?“
Erstaunt sah er sie an. „Etwa zu Fuß?“
Mit einem geheimnisvollen Lächeln entgegnete sie: „Vertrauen Sie mir. Es ist nicht weit.“
Das Herz klopfte ihr bis zum Hals, als sie, die Hand auf seinen Unterarm gelegt, mit Luís durch die schmalen Gassen in Richtung Strand schlenderte. Zum einen war sie nervös, weil nun bald der Augenblick der Wahrheit kommen würde. Sie konnte nicht ewig so tun, als wären sie einander rein zufällig begegnet. Ihr Auftrag lautete, Luís Santiago zum Verkauf seines Grundstücks zu bewegen, und es erschien ihr schlichtweg nicht richtig, ihn über ihre Absichten im Dunkeln zu
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