Romana Extra Band 1
entgeistert riss Beth die Augen auf. Sie war von ihm ja allerhand gewöhnt, aber einen solchen Winkelzug hatte sie nicht kommen sehen. „Wie bitte? Das kann unmöglich dein Ernst sein!“
„Oh, ich versichere dir, dass ich, was dieses Thema betrifft, keineswegs zu Scherzen aufgelegt bin.“
Beths Gedanken rasten. „Aber wieso drei Monate? Die Kündigungsfrist beträgt vier Wochen – so steht es im Vertrag!“
„Richtig“, entgegnete Lyle gelassen. „In dem steht allerdings auch, dass du dich verpflichtet hast, zuvor mindestens zwölf Monate für mich zu arbeiten. Knapp neun davon sind verstrichen, und das bedeutet, dass du noch über neunzig Tage vertraglich an mich gebunden bist.“
Fassungslos schüttelte Beth den Kopf. „Das kannst du nicht von mir verlangen“, erwiderte sie schließlich. „Ich will nicht mehr für dich arbeiten. Sollte es zwischen uns jemals ein Vertrauensverhältnis gegeben haben, so hast du es zerstört.“ Sie atmete tief durch. „Außerdem habe ich bereits eine neue Anstellung.“
„Freut mich für dich, Süße.“ Lyle lachte leise. „Und du hast Glück! Ich habe absolut nichts dagegen, dass du deinen Job bei Santiago behältst. Ganz im Gegenteil sogar. Es könnte für uns sehr nützlich sein, wenn du verstehst, was ich meine.“
„Du erwartest, dass ich Luís für dich ausspioniere?“ Angewidert schüttelte Beth den Kopf. „Nein, Lyle, vergiss es.“
„Du liebe Güte, was ist denn schon dabei? Ich verlange schließlich nicht, dass du mir streng geheime Geschäftsunterlagen besorgst. Du sollst lediglich die Augen offen halten und nach einem geeigneten Druckmittel suchen, Santiago zum Verkauf seines Grundstücks zu bewegen.“
Beth fühlte sich wie ein Tier in der Falle. „Schlag es dir aus dem Kopf“, stieß sie atemlos hervor. „Kommt gar nicht infrage!“
„Deine Entscheidung, Süße“, gab Lyle gelassen zurück. „Aber ich möchte dich daran erinnern, dass wir eine Vereinbarung haben, die für beide Seiten gilt. Wenn du es unbedingt darauf anlegst, kannst du sie natürlich missachten. Dazu würde ich dir allerdings nicht raten. Die Konventionalstrafe, die bei Vertragsbruch fällig wird, würde dir endgültig das Genick brechen. Überleg dir also gut, was du unternehmen willst.“
Beth war entsetzt darüber, wie kalt und berechnend Lyle sich aufführte. „Und wenn du mich hundertmal verklagst“, entgegnete sie beherzt. „Ich werde nicht tun, was du verlangst. Aber schön, wenn du es unbedingt so haben willst … Es gibt Anwälte, die vertreten Arbeitnehmer. Und ich kann mir wirklich nicht vorstellen, dass das, was du von mir verlangst, zu den normalen Pflichten einer Angestellten gehört.“
Mit diesen Worten beendete sie das Gespräch.
11. KAPITEL
Den ganzen Vormittag verbrachte Luís mit körperlich anstrengenden Arbeiten, die er sich von Manolo geben ließ. Er musste sich mit etwas beschäftigen, das ihn in Bewegung hielt. Denn Nichtstun bedeutete, dass er ins Grübeln verfiel. Und das konnte er im Augenblick gar nicht gebrauchen.
Auf der Rückfahrt mit der Esmeralda hatten Beth und er kaum miteinander geredet. Und seitdem taten sie beide so, als sei nicht das Geringste zwischen ihnen geschehen. Dabei hatte sich – zumindest, soweit es ihn betraf – am gestrigen Abend alles geändert.
Es war nicht sein Plan gewesen, mit Beth zu schlafen. Auch wenn er es in Gedanken sicher schon hundertmal getan hatte. Doch keine seiner Fantasien konnte der Realität auch nur im Entferntesten das Wasser reichen.
Beth war einfach atemberaubend. Sie war nicht nur unglaublich schön, sondern auch liebenswert, zärtlich, leidenschaftlich, intelligent. Er hätte die Liste bis ins Unendliche fortsetzen können, doch die Frage, die er sich stellen musste, lautete: Wie soll es nun weitergehen?
Eines stand fest: Er wollte mehr. Trotz seiner Vorgeschichte mit Juana war es geschehen: Er hatte sich in Beth verliebt.
Aber vermutlich ist es ein Fehler gewesen, es so weit kommen zu lassen, überlegte er weiter. Denn obwohl sie mit ihm geschlafen hatte, schien sie nicht bereit, sich ihm ganz zu öffnen. Jedenfalls drängte sich ihm dieser Eindruck auf, wenn er daran dachte, wie schweigsam und nachdenklich sie auf der Rückfahrt gewesen war.
Daraus konnte er nur einen logischen Schluss ziehen: Der junge Mann, von dem sie ihm erzählt hatte – Diego Gonzáles – stand zwischen ihnen. Maldita sea!
Luís feuerte den Schrubber, mit dem er das Deck der Nereida bearbeitet
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