Romana Extra Band 1
überwältigendes Glücksgefühl in sich aufsteigen, dass sie es am liebsten laut in die Welt geschrien hätte.
Sie schmeckte Salz auf ihren Lippen, und die Sonne streichelte ihre Haut. Alle Probleme und Sorgen des Alltags erschienen auf einmal nichtig und klein.
Sie drehte sich zu Luís um. „Das ist herrlich!“, rief sie begeistert aus. „Einfach herrlich!“
Er stand am Steuer der Jacht, und plötzlich erkannte sie, dass dies hier wirklich sein Element war. Er mochte ein erfolgreicher Unternehmer sein, der mit sicherer Hand die Geschicke seiner Firma lenkte. Doch seine wahre Liebe galt dem Segeln.
„Schau, Beth, dort hinten!“ Mit dem Blick folgte sie der Richtung, in die er deutete, und entdeckte in einiger Entfernung Delfine.
Fasziniert beugte sie sich über die Reling und jubelte, als eines der Tiere aus dem Wasser schnellte und in einem perfekten Bogen durch die Luft flog.
„Können wir näher heran?“, fragte sie aufgeregt.
„Versuchen wir’s doch einfach“, schlug Luís lachend vor. „Wir machen jetzt etwas, das nennt man ‚vor dem Wind kreuzen‘. Pass auf.“
Sie hielt sich genau an Luís’ Anweisungen, und die Esmeralda nahm noch mehr Fahrt auf. Strahlend stand Beth am Bug und fühlte, wie der Rausch der Geschwindigkeit von ihr Besitz ergriff.
Sie folgten den Delfinen aufs offene Meer hinaus, bis die zutraulichen Meeressäuger neben ihnen her schwammen und die Esmeralda ein Stück begleiteten, ehe sie schließlich abdrehten und verschwanden.
Luís holte das Hauptsegel ein, sodass die Jacht nun träge im Wasser dümpelte. Beth seufzte. Jetzt, wo das Adrenalin langsam aus ihrem Körper wich, fühlte sie sich auf eine wunderbar wohltuende Art und Weise erschöpft.
„Vielleicht hast du Lust, dich ein wenig zu sonnen“, schlug Luís vor und breitete ein großes Strandlaken an Deck aus. Er schmunzelte. „Als dein Arbeitgeber werde ich künftig darauf achten müssen, dass du die vorgeschriebenen Ruhezeiten einhältst, gewöhn dich also besser gleich daran. Und hier draußen kannst du wenigstens nicht einfach davonlaufen und dich wieder in deiner Arbeit vergraben.“
„Ach, so ist das also!“ Beth lachte, setzte sich aber und klopfte auf die freie Stelle neben sich, auf der Luís sogleich Platz nahm. „Eigentlich sollte ich dir böse sein. Dieser Ausflug war also nur ein mieser Trick, um mich vom Schreibtisch fernzuhalten? Weißt du, irgendwie erinnert mich das an etwas, das deine kleine Schwester einmal zu mir gesagt hat. Sie meinte: ‚Luís bekommt immer, was er will.‘“
Als seine Miene sich abrupt verfinsterte, schlug Beth sich die Hand vor den Mund. „Oh Gott, Luís, es tut mir leid. Ich habe nicht daran gedacht, dass …“
„Schon gut“, sagte er beschwichtigend, doch seine Stimme klang belegt. „Es ist lange her. So lange, dass es schon fast nicht mehr wahr zu sein scheint …“
„Es passierte in dem unglaublich heißen Sommer vor mehr als zwanzig Jahren, stimmt’s? Meine Mutter war mit mir zu Besuch bei einer Tante in England, daher hörte ich erst davon, als ich am Ende der Ferien zurückkehrte.“
Luís ließ sich auf die Decke sinken und blickte zum Himmel. „Es war der letzte Sommer, den wir in Estellencs verbrachten …“
10. KAPITEL
Damals …
„Lass mich in Ruhe, du hast mir gar nichts zu sagen!“ Lauras Augen funkelten wütend, als sie sich zu ihrem drei Jahre älteren Bruder umdrehte. „Ich habe Gloria versprochen, dass ich ihr einen Stein aus unserer Bucht mitbringe. Sie ist meine beste Freundin, und Versprechen muss man halten – das sagt mamá auch immer!“
Luís schüttelte den Kopf. „Sie sagt aber auch, dass wir zum Abendessen zu Hause sein müssen, und wir sind jetzt schon spät dran. Kannst du nicht einen Stein von hier mitnehmen? Gloria wird den Unterschied bestimmt nicht bemerken.“
„Ich soll sie anlügen?“ Störrisch reckte seine jüngere Schwester das Kinn. „Nein, das tu ich nicht. Mir egal, was du machst. Geh doch nach Hause, wenn du dich nicht traust, mit mir zu kommen. Ich schaffe es auch ohne dich!“
Luís hob eine Braue. „Niemals“, sagte er. „Du bist doch noch ein Baby!“
Er wusste genau, wie sehr es sie ärgerte, wenn er sie so nannte. Sie hasste es, das jüngste von vier Geschwistern zu sein, das zwar verhätschelt, aber nie ganz ernst genommen wurde.
„Bin ich nicht!“, fauchte sie sofort. „Und ich werde es dir beweisen!“
Mit diesen Worten wandte sie sich ab und stapfte davon.
„Laura!“,
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