Romana Extra Band 1
um die Trauer zu überwinden.
Ein lautes Miauen schreckte ihn aus seinen Gedanken auf, und er blickte zu der schwarzen Katze hin, die vor dem Liegestuhl stand. „Entschuldige, Emmy. Ich beeile mich mit deiner Mahlzeit.“
Barfuß überquerte er die Terrasse und ging zu dem gemauerten Grill. Dort holte er aus einer großen Schachtel einige Katzenkekse und legte sie auf einen Plastikteller. Kurz darauf tauchten zwei weiße Kätzchen mit rosa Ohren auf und näherten sich ihrer fressenden Mutter. Vater Oscar trieb sich vermutlich irgendwo in den Olivenhainen herum.
„Guten Appetit“, wünschte Mark den Dreien, nachdem er ihnen noch einen Napf mit Wasser hingestellt hatte. Dann schlenderte er zur Villa zurück, um sich wieder an die Arbeit zu machen, mit der er bislang noch nicht sonderlich weit gekommen war.
Er hatte sich eine zweiwöchige Auszeit von Belmont Investments genommen. Jetzt versuchte er, die Unterlagen zu sichten und zu verwerten, die er im Schreibtisch seiner verstorbenen Mutter gefunden hatte. Er hatte die handschriftlichen Manuskriptseiten, die Zeitungsausschnitte und persönlichen Notizen sowie die Terminkalender, Briefe und Fotos in einen Koffer gepackt und mit hierher gebracht.
Nicht, dass es seine Idee gewesen war, die Biografie zu vollenden, die seine Mutter begonnen hatte, sein Vater wollte es. Er war bereit, Interviews zu geben und sein Leben öffentlich zu machen, um seiner toten Frau eine letzte Ehre zu erweisen. Allerdings hatte er inzwischen einen Rückfall im Kampf gegen den Krebs erlitten.
Und seit wann konnte Mark seinem Vater etwas abschlagen? Er hatte schon einmal seine eigenen Träume und Ziele wegen der Familie zurückgestellt. Und er würde es jederzeit wieder tun.
Doch wie sollte er die Biografie einer Frau schreiben, die die Welt als die bezaubernde Filmschauspielerin Crystal Leighton kannte? Einer Frau, die seine Mutter gewesen war, die mit ihm Schuhe gekauft hatte und die, wenn irgend möglich, zu jedem Schulsportfest erschienen war? Der Frau, die für eine Weile ihre Karriere aufgegeben hatte, um zu verhindern, dass die Privatsphäre der Familie wegen ihrer eigenen Prominenz permanent gestört wurde?
Er musste einen Weg finden, sich durch die unzähligen Informationen zu wühlen und sie irgendwie zu einem Ganzen zusammenzufügen. Und er musste ihn schnellstens finden.
Der Verleger hatte das Manuskript schon Ende März haben wollen – für ein Filmfestival im April, das dem Andenken von Crystal Leighton gewidmet worden war. Der Termin war dann auf Mitte Mai verschoben worden und ebenfalls verstrichen. Und immer wieder waren weitere nicht autorisierte Biografien auf dem Markt erschienen. Bücher mit den üblichen Lügen, Spekulationen und versteckten Andeutungen über ihr Privatleben und ihr schreckliches, frühes Ende.
Er musste etwas tun, um den Ruf seiner Mutter zu schützen. Dieses Mal durfte er nicht wieder versagen wie vor fünf Monaten, als er sie im Stich gelassen hatte, weil er ihre Privatsphäre nicht ausreichend geschützt hatte.
Er musste es schaffen, eine Biografie zu verfassen, die die Erinnerung an seine Mutter in Ehren hielt. Möglicherweise lag darin auch eine kleine Chance, dass er seine Schuldgefühle ihr gegenüber bewältigte.
Mark stutzte, als er im Raum hinter der Terrassentür eine Bewegung wahrnahm. Seine Haushälterin war nicht da, und er erwartete keinen Besuch. Dafür hatte er gesorgt. Die Leute in seinem Büro hatten strikte Anweisung, weder private Kontaktdaten noch die Adresse der Villa preiszugeben.
Er blinzelte und setzte die Brille auf, die er zuvor auf den Tisch gelegt hatte. Eine fremde Frau schlenderte im Wohnzimmer umher, nahm Dinge in die Hand, als gehörten sie ihr, und stellte sie wieder zurück. Es waren seine Sachen, die niemand anderen etwas angingen. Vor allem die Unterlagen, die sehr persönlich waren.
Mark rang um Beherrschung. Am liebsten wäre er ins Haus gestürmt und hätte diese neugierige Person hinausgeworfen. Was ihm jetzt noch gefehlt hatte, war eine Reporterin, die in den Briefen seiner Eltern herumschnüffelte.
Er hatte sich hauptsächlich deshalb nach Paxos zurückgezogen, um vor den Medienleuten seine Ruhe zu haben. Aber sie folgten ihm offenbar sogar bis hierher. Und diese Frau war besonders dreist. Sie hatte noch nicht einmal den Anstand besessen zu klingeln, sondern war einfach hier eingedrungen.
Leise näherte sich Mark der halb geöffneten Terrassentür. Da er den CD-Player so eingestellt hatte,
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