Romana Extra Band 1
ihr aus der Klinik verschwinden.
Als sie sich abwandte, sah sie einen großen dunkelhaarigen Mann den Flur entlangeilen. Er war etwa dreißig Jahre alt, hatte breite Schultern und sah umwerfend aus in seinem perfekt sitzenden Anzug. Ohne sie zu bemerken, stieß er die Tür des Zimmers weit auf, in dem sich ihr Vater befand.
„Was zum Teufel tun Sie hier?“, fragte er wütend und ungläubig zugleich, während er in den Raum stürmte. „Wer sind Sie, und was wollen Sie hier?“, schrie er. So laut, dass die Krankenschwester an der Rezeption zum Telefonhörer griff, um den Sicherheitsdienst zu rufen. „Wie haben Sie die Kamera hereingeschmuggelt?“
Sekunden später flog der Apparat auf den Flur und knallte gegen die Wand, sodass die Linse zersplitterte. Geschockt beobachtete Lexi, dass der junge Mann, der am Empfang gestanden hatte, auf sie zukam und eine Digitalkamera aus der Hosentasche holte. Dann begann er, vom Flur aus Bilder von den Geschehnissen zu schießen.
Nun war es vorbei mit der Ruhe in der Klinik. Gegenstände fielen zu Boden. Es wurde getobt und gebrüllt. Schwestern liefen herbei, und andere Patienten öffneten ihre Zimmertüren, um nachzusehen, was der Lärm zu bedeuten hatte.
Starr vor Angst und Entsetzen stand Lexi da. Sie beobachtete gebannt, wie ihr Vater und der Mann im Anzug miteinander kämpften, während die Frau im Bett weiter reglos dalag.
Die Arme muss sehr krank sein, dachte sie tief bekümmert. Erst dann merkte sie, dass ihr Vater rückwärts auf den Flur hinaus taumelte. Schreckerfüllt schlug sie die Hände vor den Mund, als der Fremde ihm folgte und ihn mit einem Fausthieb ins Gesicht zu Boden streckte. Er zerrte ihren Vater am Jackett hoch und schüttelte ihn heftig. Lexi wurde übel.
„Aufhören! Bitte! Das ist mein Dad!“
Der Mann schubste ihn zurück auf den Boden. Lexi kniete sich neben ihren Vater, der sich auf einen Ellbogen stützte und das schmerzende Kinn rieb. Dann sah sie auf – in das wutverzerrte Gesicht des Fremden.
„Ihr Dad ? So ist das also. Er hat seine Tochter als Komplizin benutzt. Wie nett.“ Er trat etwas zurück und zupfte sich das Jackett zurecht, während mehrere Sicherheitsleute herbeieilten. „Gratuliere, Sie haben Ihr Ziel erreicht.“ Sein Blick schien sie zu durchbohren. „Hoffentlich sind Sie jetzt zufrieden“, fügte er verächtlich hinzu und drehte sich um.
„Ich habe nicht das Geringste damit zu tun. Bitte glauben Sie mir“, rief Lexi ihm nach, als er ins Zimmer zurückkehrte und sie geschockt, angsterfüllt und gedemütigt auf dem Flur zurückließ.
1. KAPITEL
Fünf Monate später
Lexi bremste den Leihwagen scharf ab, als sie um die Kurve bog und zwei Ziegen vor sich auf der Straße sah. „Hey, ihr beiden, lasst mich durch“, rief sie durch das geöffnete Seitenfenster, aber die Tiere ignorierten sie und trotteten durch das hohe Gras unter den Olivenbäumen davon.
„Welche beiden?“, fragte ihre Mutter. Lexi hörte sie so deutlich über das Headset, als würde sie neben ihr sitzen und wäre nicht weit entfernt in London. „Ich dachte, du arbeitest.“ Ihre Mum lachte. „Gib’s zu, du hast dich doch anders entschieden und bist mit deinen Freundinnen nach Spanien geflogen.“
„Nein, und bitte erinnere mich nicht daran. Ich konnte das Angebot der Agentur nicht ablehnen und bin tatsächlich vor gut einer Stunde auf Paxos angekommen. Du weißt ja, wie das läuft. Ich bin die Ansprechpartnerin Nummer eins, wenn ein Ghostwriter für eine Biografie gesucht wird. Und immer ist es in letzter Minute“, sagte Lexi. „Eben habe ich mit zwei Ziegen geredet. Es sind die ersten Einheimischen, die mir begegnet sind, seit ich von der Hauptstraße abgebogen bin. Oh, habe ich bereits erwähnt, dass es schrecklich heiß ist?“
„Eine griechische Insel im Juni … Wie ich dich beneide. Schade, dass du arbeiten musst. Apropos Arbeit. Ich habe mich heute Morgen mit einem charmanten jungen Schauspieler unterhalten, der dich gern kennenlernen würde.“
„Mum, mir ist klar, dass du es gut meinst. Aber bitte keine weiteren Schauspieler. Nicht nach dem Fiasko mit Adam. Versuch bitte überhaupt nicht mehr, mich zu verkuppeln. Ich komme gut allein zurecht.“ Hoffentlich hatte sie sich halbwegs normal angehört. „Außerdem hast du Wichtigeres zu tun. Weißt du schon, wo die Feier stattfinden soll?“
„Nein, und Patricks Liste von Verwandten scheint täglich länger zu werden. Doch er will seine ganze Sippe dabeihaben. In diesen
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