Romana Extra Band 2
hatte Alejandro sich kaum verändert. Sicher, er wirkte reifer und männlicher, aber er war noch immer genauso unverwechselbar wie früher.
Auf den Bildern war er in den verschiedensten Siegerposen zu sehen. An Bord einer Jacht, die Hände triumphierend in die Höhe gereckt, auf einem Podium, im Interview mit Fernsehreportern. Es gab Zeitungsartikel und Titelseiten, alle sorgfältig ausgeschnitten und arrangiert.
Stephanie hielt den Atem an. Beinahe kam es ihr vor, als würde sie nicht irgendwelche Fotos betrachten, sondern Alejandro selbst. Sie wollte wegsehen, aber sie konnte es nicht. Wie gefangen blieb ihr Blick an den Aufnahmen hängen, und plötzlich war sie wieder achtzehn, ängstlich und aufgeregt, weil Alejandro sie endlich an sich zog und leidenschaftlich küsste. Alejandro, der Schwarm aller Mädchen. Alejandro, den sie schon seit ihrem fünfzehnten Lebensjahr heimlich angehimmelt und der erst nur eine gute Freundin in ihr gesehen hatte.
Alejandro, immer wieder Alejandro! Stephanie kniff die Augen zusammen und zwang sich, endlich den Blick von den verflixten Fotos abzuwenden. Sie drehte sich um, atmete noch einmal tief durch und ging zum unbesetzten Empfangsschalter. „ Hola? Ist da jemand?“
Es war seine Stimme, die in diesem Augenblick aus einem benachbarten Raum erklang. Stephanie blieb wie angewurzelt stehen. Es überraschte sie selbst, aber sie hätte seine Stimme unter Hunderten anderer wiedererkannt. Sie klang noch genau so tief und rau wie damals, nur männlicher war sie geworden – und unwiderstehlicher.
Stephanies Gedanken rasten. Wahrscheinlich würde Alejandro jeden Moment herauskommen. Sie würden sich gegenüberstehen und … Sie schluckte. Es war verrückt, ja. Schließlich hatte sie gewusst, dass sie ihn hier wiedersehen würde. Deshalb war sie doch hergekommen. Weil sie etwas von ihm wollte. Aber die Gewissheit, dass es in ein paar Sekunden so weit sein würde, ließ ihre Knie weich werden. Wie sollte sie sich verhalten? Was sollte sie sagen? Wie sollte sie sich vorstellen, wenn er sie nicht wiedererkannte? „Hallo, ich bin Stephanie, deine erste große Liebe?“
Unsinn! dachte sie und verdrehte die Augen angesichts ihres naiven Gedankengangs. Du warst nie seine große Liebe, das dürfte ja wohl klar sein. Umgekehrt schon, aber …
Sie schrak auf, als sich die Tür öffnete. Eine junge, bemerkenswert attraktive Frau trat ins Foyer und wandte sich mit einem strahlenden Lächeln zu jemandem um, der außer Sichtweite stand. Ihre Augen glänzten auf eine Weise, die Stephanie gut von früher kannte. „Alejandro, du bist und bleibst ein Charmeur“, sagte die Fremde lachend. „Ich frage mich wirklich, wie du es all die Zeit geschafft hast, deinen Junggesellenstatus aufrechtzuerhalten.“
„Na hör mal“, kam es daraufhin protestierend von Alejandro. „Ich kann doch nicht einfach neunundneunzig Prozent der weiblichen Weltbevölkerung vor den Kopf stoßen und mich fest binden!“
Die junge Frau ließ ein perlendes Lachen hören, während Stephanie sich fühlte, als habe man ihr einen Kübel Eiswasser über den Kopf gegossen. Doch statt das Gebäude fluchtartig zu verlassen, stand sie wie angewurzelt da und hörte zu, wie der Mann, in den sie einmal unsterblich verliebt gewesen war, mit einer anderen Frau flirtete.
Der Mann, der ihr so wehgetan hatte.
Und der wahrscheinlich jederzeit in der Lage wäre, es wieder zu tun.
Nein, das kann er nicht! Du bist kein junges Mädchen mehr, sondern eine erwachsene Frau, die in ihrem Leben schon einiges erreicht hat. Es gibt keinen Grund, dich zu verstecken.
Dann kam Alejandro in den Raum, und Stephanie hielt den Atem an. Plötzlich schien alles wie in Zeitlupe abzulaufen. Wie er über die Schwelle trat. Stehen blieb. Sie ansah.
Und sich dann, vollkommen ungerührt, wieder der Blondine zuwandte.
„Wir sehen uns dann spätestens auf Pedros Gala“, sagte er und küsste sie lächelnd auf die Wange.
Die junge Frau erwiderte sein Lächeln. „Ich kann es kaum erwarten …“
Stephanie senkte verlegen den Blick. Mit einem Mal fühlte sie sich elend. Er erkannte sie nicht, hatte sie wahrscheinlich längst vergessen. Aber dann sagte sie sich, dass das kein Wunder war, schließlich hatte sie ihr altes Ich abgestreift wie einen Kokon. Nichts verband sie mehr mit der spindeldürren Fünfzehnjährigen mit Nickelbrille und Zahnspange, die sie gewesen war, als sie Alejandro zum ersten Mal getroffen hatte. Später, mit achtzehn, hatte sie zwar
Weitere Kostenlose Bücher