Romana Extra Band 2
zur Familie Alfere-Tiziano gehört hatten.
Nachdem sie Antonio erklärt hatte, dass sie so viele Nahrungsmittel wie möglich erzeugen wolle, hatte er seine Arbeiter mobilisiert. An einem sonnigen Nachmittag hatten sie ein Stück Land gerodet und planiert, auf dem Rissa einen neuen Obst- und Gemüsegarten anlegen konnte. Wie durch ein Wunder war die Saat aufgegangen, und seitdem brachte Livia einmal in der Woche frische Ware ins Dorf und verkaufte sie auf dem Markt. Zwar tröpfelte das Geld nur herein, aber der kleine Betrag stärkte Rissas Selbstbewusstsein ungemein. Immerhin konnte sie sich jetzt darauf freuen, mit dem Gut ihren Lebensunterhalt zu verdienen.
Jetzt, da der Palazzo wunderschön renoviert war und sie auf einen Teil der Gartenanlage schon stolz sein konnte, beschloss Rissa, eine Party für die Dorfbewohner zu geben. Von Livia hatte sie erfahren, dass die Leute gern wissen wollten, was eigentlich im „großen Haus“ vor sich ging. Und der Zeitpunkt für einen Tag der offenen Tür war ideal, weil in den Salons noch keine Teppiche lagen und Möbel standen, die unter einem Besucheransturm leiden würden. Rissa hatte auch noch einen anderen Grund, so großzügig zu sein: Nachdem sie wochenlang alte Sachen getragen hatte, weil sie entweder im Garten gearbeitet oder verstaubte Räume geputzt hatte, konnte sie es nicht erwarten, sich einmal wieder richtig chic zu machen.
Eines Morgens ging sie in das Zimmer, in dem sie ihre letzten teuren Outfits aufbewahrte. Staunend betrachtete sie die Überbleibsel ihres früheren verschwenderischen Lebensstils. Prächtige Abendroben erinnerten sie an Dinnerpartys, die bis Tagesanbruch gedauert hatten. Elegante Kostüme, in denen sie die Pferderennen in Kentucky besucht hatte. Nachmittagskleider für Empfänge in Washington. Seidennegligés für zu Hause. Es war ein privilegiertes müßiges Leben gewesen. Und ein oberflächliches, wie ihr jetzt klar wurde. Sie hatte im Luxus dahinvegetiert, anstatt das wirkliche Leben kennenzulernen. Trotz der harten Arbeit und der Sorgen hatte sie seit ihrer Ankunft in Italien mehr Spaß.
Rissa hatte Hinweisschilder am Tor und entlang der Auffahrt aufgestellt und hoffte, dass die Leute ihnen folgen würden. Ihre Neugier würde auf dem Hof vor dem Haus belohnt werden. Dort standen Tische, die sich Rissa geliehen hatte, und es gab selbst gemachte Limonade, Wein und Essen von der gleichen Art, wie sie es später im Palazzocafé anbieten wollte.
Als alles vorbereitet war, ging Rissa in ihre Suite, um sich fertig zu machen. In ihrem neuen Badezimmer strömte das Wasser aus dem Brausekopf, anstatt nur aus irgendeinem zufälligen Leck in der Decke zu tröpfeln, und sie verbrachte eine lange Zeit in der Duschkabine. Zum Glück brauchte sie nur Minuten, um sich zu schminken. Lippenstift und ein Hauch Puder genügten. Sie hatte schon ausgesucht, was sie anziehen wollte: einen weißen Leinenrock, dazu ein ärmelloses marineblaues Top mit weißem Punktmuster. Das dichte kastanienbraune Haar steckte sie hoch und betonte den eleganten Look mit einer schmalen goldenen Halskette und dem dazugehörigen Armband, dann ging sie nach draußen.
Die Bauarbeiter hatten sich schon versammelt, fast nicht wiederzuerkennen in ihren Anzügen. Normalerweise liefen sie in Shorts und mit nacktem Oberkörper herum. Verlegen standen sie in kleinen Gruppen da. Antonio war der Einzige, der entspannt aussah. Er trug einen hellen Leinenanzug und ein weißes Baumwollhemd mit offenem Kragen, was Rissa mehr erregte, als es der Anblick seiner völlig entblößten Brust getan hätte. Allein ihn anzusehen weckte Empfindungen, die sie in fünf Jahren Ehe mit Luigi niemals gehabt hatte. Nur an ihm vorbeizugehen ließ ihren Puls hämmern, und sie atmete tief ein, damit sie seinen sauberen Duft einfangen konnte. Sie hatte Angst. Noch nie hatte ihr Körper so reagiert. Auf Partys passierte es, oder? Was, wenn Antonio sie wieder in Versuchung führte? Mit einer einzigen geflüsterten Bitte könnte er ihren Vorsatz zunichtemachen, nicht nachzugeben. Wenn er sie haben wollte, gehörte sie ihm. Diesmal würde sie ihn nicht zurückweisen.
Und wie kam sie dazu, Selbstverleugnung zu üben? Trotz aller Schwierigkeiten war sie eine gute loyale Ehefrau gewesen. Mit Luigis Tod hatte die Qual ein Ende gehabt. Jetzt war sie frei und ungebunden. Warum sollte sie sich nicht ein einziges Mal etwas gönnen?
Freudige Erwartung reizte ihre ohnehin schon überempfindlichen Sinne noch mehr. Aber ihr
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