Romana Extra Band 3
an und telefonierte gleichzeitig mit dem Taxiunternehmen. Eine geschlagene halbe Stunde wartete sie auf das Taxi, während der sie Lucas eine Nachricht schrieb und sie neben dem Telefon deponierte. Gegen zehn fuhr das Taxi vor. Penny zog lautlos die Tür hinter sich zu und warf einen letzten Blick auf Lucas’ Haus. Dann stieg sie in den Wagen.
Penny starrte auf die dunkle Straße hinaus. Ihr Vater brauchte sie. Sie musste loyal sein. Lucas und Isobel waren Vergangenheit.
Der Flug war verspätet, was gut war, denn ansonsten wäre es knapp geworden. Als Penny am Flughafen eintraf, war es nur noch wenig Zeit bis zum planmäßigen Abflug, aber im Endeffekt verbrachte sie die halbe Nacht in der Wartehalle und starrte auf die Monitore.
Es dämmerte bereits, als sie in Arbuda landete. Penny trat aus dem klimatisierten Terminal in die Morgenhitze hinaus. Nichts schien sich auf der kleinen Insel verändert zu haben. Es war, als habe die Zeit stillgestanden und sie, Penny, sei nie fort gewesen. Sogar die Taxifahrer, die vor dem Flughafen saßen, lachten und rauchten, während sie auf einen Fahrgast warteten, waren dieselben.
Penny stieg in ein Taxi und begab sich auf die letzte Strecke ihrer Heimreise. Erschöpft lehnte sie sich zurück, schloss die Augen und ließ die Erinnerungen von Lucas, der sie zärtlich berührte, zu. Sie sah seine Hände, die über ihren Körper wanderten, spürte seine Lippen, die er leidenschaftlich an ihre presste … Was würde er denken, wenn er aufwachte und sie fort war? Was würde in ihm vorgehen, wenn er ihren Brief fand und erfuhr, dass sie nie wieder zurückkäme?
An Lucas durfte sie jetzt nicht denken. Immerhin würde er nie wissen, wie sehr sie ihn belogen hatte und wer sie wirklich war. Alle Spuren ihrer Identität hatte sie verwischt und sich vergewissert, dass ihr Name aus den Computern des Hotels getilgt wurde. Der Empfangsdame hatte sie erzählt, sie sei auf der Flucht vor einem aufdringlichen Freund, und die Frau hatte sich sehr verständnisvoll gezeigt. Ihre Adresse auf Arbuda hatte sie sowieso nicht angegeben, nur die ihres Arbeitgebers in Miami. Ihr Geheimnis war also wohl gehütet.
Nicht, dass Lucas viele Gedanken an sie verschwenden würde. Er wäre wahrscheinlich sauer, da sie ihn mit der Arbeit im Stich gelassen hatte.
Als Penny die Augen wieder öffnete, fuhr das Taxi gerade die Auffahrt zum Haus ihres Vaters hinauf. Sie bemerkte, dass das Zuckerrohr noch nicht geerntet war.
Schließlich kam das Haus in Sicht. Es wirkte bedrückend vernachlässigt. Die Haustür war verwittert, und die blaue Farbe der Fensterläden blätterte ab.
„Haben Sie meinen Vater in letzter Zeit gesehen, Joshua?“, fragte sie den Taxifahrer.
„Nein, Miss, er musste ein paar Arbeiter entlassen, und ich habe von Mrs Gillingham gehört, dass es ihm nicht so gut geht. Sie bringt ihm immer Suppe vorbei und sieht nach ihm.“
Penny krampfte sich das Herz zusammen. Wenn ihr Vater Mrs Gillinghams Hilfe annahm, stand es schlecht um ihn. Mrs Gillingham war ihres Vaters Nachbarin, eine freundliche Witwe, die ab und zu hereinschaute – zu seinem Leidwesen. Ständig beschwerte er sich, wie anstrengend ihre Besuche seien.
„Danke, Joshua.“ Penny stieg aus dem Wagen, bezahlte und lief dann zum Haus hinauf.
„Dad?“, rief sie im Flur. Das Haus sah erstaunlich sauber aus. Normalerweise verbrachte Penny die ersten Tage zu Hause mit Aufräumen und Putzen. „Dad, alles in Ordnung?“
Die Küchentür sprang auf, und Mrs Gillingham trat heraus. Sie war eine mollige Dame um die Sechzig mit einem freundlichen Gesicht. „Du bist es, Schätzchen. Was für eine Überraschung! Dein Vater ist oben im Bett. Vor ein paar Tagen hatte er einen kleinen Unfall …“
„Was denn für einen Unfall? Geht es ihm gut?“
„Ein Autounfall. Er hat sich das Bein gebrochen.“
„Oh, nein! Vielen Dank, Mrs Gillingham.“ Auf der Treppe nahm sie immer zwei Stufen auf einmal.
William Kennedy lag auf seinem Bett und las die Zeitung. Als er seine Tochter sah, legte er die Zeitung zur Seite. Penny war schockiert, wie ausgezehrt er aussah. Alle Farbe war aus seinem Gesicht gewichen, und er hatte viel Gewicht verloren, seit sie das letzte Mal da gewesen war.
„Dad, geht es dir gut?“ Sie legte die Arme um ihn.
Zärtlich lächelte er sie an. „Jetzt, wo du da bist, geht es mir schon viel besser. Wo warst du? Ich habe versucht, dich über die Firma zu erreichen, aber man hat mir gesagt, du hättest dir
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