Romana Extra Band 3
dir doch nicht etwa?
Was für ein absurder Gedanke! Fernando Estevez war Anwalt und kam deshalb für sie ganz automatisch nicht infrage. Niemals würde sie sich mit einem solchen Blutsauger abgeben. Niemals! Das Schicksal ihrer Freundin Olivia war ihr eine Lehre gewesen. Sie wusste, wie die Mitglieder dieses Berufsstandes arbeiteten, und das machte ihr Fernando nicht eben sympathischer.
Aber das bedeutete leider nicht, dass er keine Wirkung auf sie ausübte. Ganz im Gegenteil!
„… sehr schmeichelhaft, von einer hübschen Frau gemustert zu werden, aber wollen Sie nicht lieber herkommen? Es wäre doch schade, wenn die Köstlichkeiten, die Juana für uns zubereitet hat, schlecht würden.“
Laura errötete. Erst jetzt wurde ihr klar, dass sie ihn tatsächlich die ganze Zeit über angestarrt hatte.
Beschämt senkte sie den Blick, watete aus dem Wasser und setzte sich neben Fernando auf die Decke, um sich von der Sonne trocknen zu lassen. Er reichte ihr ein Glas Champagner, und sie trank einen Schluck, der ihr prickelnd die Kehle hinunterrann und ihren flatternden Herzschlag ein wenig beruhigte. Dann streckte sie sich der Länge nach auf der Decke aus und nahm eine Erdbeere aus der Schale, die Fernando ihr hinhielt.
Sie biss in die pralle, leuchtend rote Frucht, und ein Feuerwerk von Aromen explodierte auf ihrer Zunge. Genießerisch schloss sie die Augen und seufzte verzückt. „Himmel, ist das köstlich!“
„Sie haben da einen Saftfleck im Mundwinkel“, hörte sie Fernando murmeln. Sie hob die Lider und sah seine Hand über ihrem Gesicht schweben. Im nächsten Moment fuhr er ihr unglaublich sanft mit dem Daumen über die Lippen.
Ein Schauer durchrieselte sie bei der federleichten Berührung. Fernando sah sie unverwandt an und hielt sie mit dem Blick seiner grünblauen Augen gefangen. Die Welt um Laura verschwamm, und das Hämmern ihres Herzschlags tönte ihr überlaut in den Ohren.
Und dann beugte er sich über sie, und sie schloss die Augen und ließ den Kopf in den Nacken sinken.
Erwartungsvoll.
Sehnsüchtig.
Ein lautes Schrillen erklang. Laura öffnete die Augen. Fernando setzte sich aufrecht, nahm sein Handy aus der Hosentasche und hielt es sich ans Ohr.
„Sí?“ , meldete er sich knapp. Einen Augenblick hörte er seinem Gesprächspartner am anderen Ende der Leitung zu, dann nickte er. „ Sí , in Ordnung, ich komme sofort.“
Er beendete das Telefonat und wandte sich an Laura. „Tut mir leid, aber wir müssen aufbrechen.“
Laura nickte, und ihr wurde klar, dass sie erleichtert war. Erleichtert, weil der Anruf sie davor bewahrt hatte, einen schwerwiegenden Fehler zu begehen. Denn genau das wäre es gewesen, wenn sie sich von Fernando hätte küssen lassen. Das war ihr klar, und daran gab es nichts zu rütteln.
Aber weshalb verspürte sie dann trotzdem schmerzliche Enttäuschung?
Fernando trat das Gaspedal bis zum Anschlag durch und lenkte den Wagen routiniert die gut ausgebaute Küstenstraße entlang.
Selten war ihm ein Anruf so ungelegen und gleichzeitig so willkommen gewesen wie der eben am Strand von Sa Calobra. Dabei war der Anlass alles andere als erfreulich, denn seine Assistentin Carlotta hatte ihm mitgeteilt, dass ein potenzieller Mandant, um den er sich bemüht hatte, kurzfristig abgesprungen war.
Sonderlich verwundert war Fernando darüber nicht, zumal es nicht zum ersten Mal geschah. Genau genommen erhielt er solche Absagen immer dann, wenn es sich um einen besonders vielversprechenden Klienten handelte. Und inzwischen glaubte Fernando nicht mehr an einen Zufall.
Maria hatte ihm deutlich zu verstehen gegeben, was sie von ihm erwartete. Sie wollte, dass er ausschließlich für sie und die Santiagos arbeitete. Und auch wenn sie sich zu Recht als seine Gönnerin betrachtete, konnte er sich an fünf Fingern ausrechnen, dass bei ihr nicht mit Nachsicht zu rechnen war, wenn er sich über ihre Wünsche hinwegsetzte.
In geschäftlichen Dingen war Maria Velásquez unerbittlich. Doch auch Fernando wusste, was er wollte – und dieses Mal würde er sich nicht von Maria manipulieren lassen.
Damit musste endlich Schluss ein – ein für alle Mal!
Nichtsdestoweniger war er froh, dass Carlottas Anruf ihn davon abgehalten hatte, eine große Dummheit zu begehen. Und genau dazu wäre es gekommen, wenn er Laura tatsächlich geküsst hätte.
Seufzend fuhr er sich durch das kurze dunkle Haar. Was war bloß in ihn gefahren? Hatte er den Verstand verloren? Wie konnte er diese Frau nur so nah
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