Romana Extra Band 3
sich noch immer ein wenig verloren vor in dem riesigen Elternhaus ihrer Ehemänner, wie Maria wusste. Die jungen Frauen waren derart luxuriöse Wohnverhältnisse nicht gewohnt. Daran, dass sie nun den Familiennamen Santiago trugen, hatte Maria tatkräftig mitgewirkt; sie war es gewesen, die Miguels Söhnen den Schubs in die richtige Richtung gegeben und sie allesamt unter die Haube gebracht hatte.
Während die Männer Brandy aus großen breiten Schwenkern tranken, nippten die Frauen an ihrem Almendra-Likör. Nur Bethany, Luís’ Frau, nicht, die in zwei Monaten ihr erstes Kind erwartete. Das Knistern des Kaminfeuers im Hintergrund sorgte für eine wohlige Atmosphäre.
„Nun, Vater“, durchbrach Alejandro, der jüngste der Brüder, die Stille, die sich im Raum breitgemacht hatte. „Warum hast du uns alle herzitiert?“
„Das würde ich allerdings auch gern wissen“, meldete sich Javier, der Älteste, zu Wort.
„Ich auch“, schloss Luís sich an. „Meine Zeit ist knapp, und die der anderen ebenfalls, denke ich.“
„Ich weiß.“ Miguel nahm einen Schluck Brandy, stellte das Glas auf den Tisch und nickte bedächtig. „Wie ihr euch vielleicht denken könnt, geht es um eure Schwester. Laura befindet sich inzwischen auf der Insel und …“
„Ja, das wissen wir“, fiel Alejandro ihm ins Wort. „Schließlich haben wir vorgestern vergeblich auf sie gewartet. Und das bringt uns abermals zu der Frage, warum sie zwar auf Mallorca ist, aber noch nicht hier, bei uns.“
Nun war es Maria, die das Wort ergriff. „Ich habe euch ja bereits mitgeteilt, dass Laura noch ein wenig Zeit benötigt. Deshalb wird sie die nächsten Tage auf Fernandos Anwesen verbringen.“
„Das ist absurd!“ Wütend schlug Miguel mit der Faust auf den Tisch; so hart, dass die honigfarbene Flüssigkeit in seinem Glas hochschwappte. „Laura ist meine Tochter, sie will uns sehen! Wozu braucht sie Zeit?“
Maria seufzte. Schon als Miguel sie angerufen und in sein Haus bestellt hatte, war ihr klar gewesen, dass es nur um Laura gehen konnte. Laura Ortega aus Barcelona, die eigentlich, wie sich kürzlich herausgestellt hatte, Laura Santiago heißen müsste. Laura Santiago aus Mallorca. Denn wenn es tatsächlich stimmte, was der Detektiv ihnen mitgeteilt hatte, handelte es sich bei ihr um Miguels und Gabrielas leibliche, lang vermisste Tochter.
Die Tochter, die im Alter von sechs Jahren bei einem Ausflug spurlos verschwunden und seither nie wieder aufgetaucht war.
Bis heute.
Maria dachte an das schlimme Ereignis zurück, das die Familie Santiago damals in eine tiefe Krise gestürzt hatte. Bei der anschließenden groß angelegten Suche war nie auch nur die kleinste Spur von Laura gefunden worden, dabei hatte man wirklich alle nur erdenklichen Hebel in Bewegung gesetzt.
Über die Jahre fanden sich schließlich alle übrigen Familienmitglieder mit dem schweren Schicksalsschlag ab. Außer Miguel. Er wollte nicht akzeptieren, dass sie niemals erfahren würden, was Laura zugestoßen war. Und als eines Tages eine junge Frau auftauchte, die behauptete, die verlorene Tochter zu sein, empfing er sie mit offenen Armen und las ihr jeden Wunsch von den Augen ab. Ganz im Gegensatz zu seinen Söhnen, die die junge Frau für eine Betrügerin hielten. Und zwar zu Recht, wie sich später herausstellen sollte, doch da war es bereits zum Bruch zwischen Vater und Söhnen gekommen. Inzwischen hatte sich alles wieder zum Guten gewendet – was im Wesentlichen auch Maria zu verdanken war …
Die ältere Spanierin seufzte. „Fernando sagt …“
„Ach, du immer mit deinem Fernando!“ Miguel schüttelte ungehalten den Kopf. „Was weiß dieser Rechtsverdreher schon? Ich will endlich mit meiner Tochter sprechen, zum Teufel noch mal!“
„Ich kann Vater nur zustimmen“, mischte Luís sich ein. „Immerhin behauptet sie, unsere Schwester zu sein, und da sie extra hergekommen ist, verstehe ich nicht, warum sie auf einmal noch Zeit braucht.“ Er hielt inne. „Wir sind schon einmal einer Betrügerin aufgesessen, da ist es doch nur natürlich, wenn wir Laura so schnell wie möglich kennenlernen und uns nicht lange hinhalten lassen wollen.“
„Genau!“ Miguel nickte und musterte seine Schwägerin aus zusammengekniffenen Augen. „Ich will meine Tochter sehen! Und darum fahren wir gleich morgen zu deinem Fernando und treffen Laura dort.“
Maria legte die Stirn in Falten. Natürlich konnte sie ihre Familie verstehen. Sie war ja selbst verwundert über
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