Romana Extra Band 3
schlanke Hand aufs Knie.
„Nein“, leugnete Maisy und trank hastig einen Schluck Champagner, was sie sogleich bereute. Der Alkohol machte sich bemerkbar. Sie ahnte, dass der Tag schlimm enden würde.
„Wie man hört, kümmern Sie sich um das Kind der Coleis.“ Tara stellte das unberührte Glas ab. „Alessandro war ganz versessen darauf, es zu retten.“
„Wieso retten?“
„Ach, Sie wissen doch, wie diese verschworene Bruderschaft ist. Alle wollten den Jungen adoptieren. Alessandro trug den Sieg davon – wie immer.“
Fieberhaft versuchte Maisy, die Information einzuordnen. Alessandro war der Pate von Lorenzo, aber von welcher Bruderschaft war die Rede?
„Ich wüsste zu gern, wie Sie ins Bild passen. Man sagt, Sie wären das Kindermädchen, doch Alessandro hat zu viel Klasse, um mit Dienstboten anzubändeln.“
„Wenn er mit Ihnen geschlafen hat, kann er keine allzu hohen Standards setzen“, entfuhr es Maisy.
„Hören Sie auf meinen Rat: Lassen Sie sich zum Abschied Aktien von ihm schenken. Die halten länger vor.“
Ein Glück, dass ich nie etwas von ihm angenommen habe – außer als Leihgabe, dachte Maisy erleichtert, als ihr der Schmuck einfiel, den sie auf dem Foto in dem Magazin an Taras Hals gesehen hatte. Alessandro hatte sie gekauft – genau wie die Jacht, auf der sie sich gerade befand. Bei mir ist ihm das nicht gelungen, freute sie sich.
Tara stand auf. Bereits im Begriff wegzugehen, versprühte sie ein letztes Mal ihr Gift: „Wussten Sie eigentlich, dass er mich persönlich zu diesem Fest eingeladen hat?“
Erschrocken zuckte Maisy zusammen und verschüttete dabei Champagner über ihr Kleid.
„Oh, meine Liebe!“ Allegra kam herbeigeeilt, nahm ihr das Glas aus der Hand, stellte es beiseite und schlang ihr in einer mütterlichen Geste den Arm um die Taille. „Das müssen wir rasch in Ordnung bringen. Können Sie gehen?“
Maisy nickte, doch es erforderte ihre ganze Konzentration, aufzustehen und einen Fuß vor den nächsten zu setzen. Allegra, die sich auf dem Schiff gut auskannte, führte sie in eines der Schlafzimmer und direkt ins angrenzende Bad.
„Ziehen Sie das Kleid aus. Ich entferne den Fleck.“
Als Maisy zögerte, sich vor ihr auszuziehen, lächelte sie ihr aufmunternd zu. „Keine Sorge, ich besorge Ihnen einen Bademantel.“
Bis auf den Slip nackt, die Hände vor den Brüsten verschränkt, kehrte Maisy ins Schlafzimmer zurück. Ihr war schwindlig, sie wollte sich hinlegen. Im nächsten Moment blieb sie wie versteinert stehen: Die Tür ging auf, und ein Mann schaute herein. Als er etwas zu ihr sagte, stieß sie einen Schrei aus, lief ins Bad zurück, schlug die Tür hinter sich ins Schloss und verriegelte sie. Sie lehnte sich dagegen und verharrte so, bis es klopfte.
„Ich bin es, Allegra.“
Erleichtert gab Maisy die Tür frei, nahm den Morgenmantel entgegen und schlüpfte hinein. „Da war ein Mann an der Tür“, erzählte sie. „Er hat mich gesehen.“
Leise fluchend drückte Allegra ihr die Hand. „Wie geht es Ihnen?“
„Ich fürchte, ich bin betrunken.“
„Ja. Und die böse Hexe hat ihren Fluch auf Sie gelegt. Glauben Sie kein Wort von dem, was sie sagt. Tara fällt das Leben ohne Alessandro allzu schwer.“
Das kann ich ihr nachfühlen, dachte Maisy traurig. In diesem Moment begann das Zimmer sich vor ihren Augen zu drehen. „Ich sollte mich besser hinlegen.“ Als ihr Kopf das Kissen berührte, geriet der Raum ins Wanken, und sie stöhnte auf. „Bitte gehen Sie nicht.“
„Keine Sorge.“ Die Matratze sank ein wenig ein, als Allegra sich zu ihr auf die Bettkante setzte. „Sie trinken selten, nehme ich an?“
„Ja.“
„Nun, Tara Mills kann jeden in den Alkohol treiben.“ Sie streichelte Maisy übers Haar. „Meiner Meinung nach umgibt Alessandro sich mit Frauen wie ihr, weil sie ihm nicht unter die Haut gehen. Umso erstaunlicher finde ich es, dass er jetzt mit Ihnen zusammen ist.“
Unvermittelt wünschte Maisy sich nichts sehnlicher als einen klaren Kopf. Diese Frau kannte Alessandros Geheimnisse und konnte ihr vielleicht helfen, ihn zu verstehen.
Als hätte sie ihre Gedanken gelesen, fuhr Allegra fort: „Mein Mann und er sind im selben Waisenhaus aufgewachsen.“
Überrascht sah Maisy sie an. „Hat das etwas mit der Bruderschaft zu tun?“
„Stammt der Ausdruck von Tara? So etwas gibt es nicht, lediglich vier Freunde – nein, drei seit Leonardos Tod.“
Mühsam versuchte Maisy, ihr zu folgen. Ein Waisenhaus in Neapel.
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