Romana Extra Band 3
einfach in eine brave Zuchtstute verwandeln lässt. Das sind Riccardos Worte, nicht meine. Ich bin gern Mutter. Heute Abend werden Sie meine Söhne kennenlernen. Wie kommen Sie denn mit einem zweijährigen Kind zurecht – und mit dem dreißigjährigen?“
„Mit dem Letztgenannten, ehrlich gesagt, nicht besonders“, gestand Maisy.
„Wie verlief Ihre erste Begegnung?“
„Er hat mich in der Küche der Coleis angegriffen.“
„Oh, das ist aber ganz untypisch für ihn. Erzählen Sie mehr.“
Also begann Maisy mit ihrer Geschichte, angefangen bei ihrem Wiedersehen mit Alice über Alessandros stürmische Ankunft in London bis zu den letzten turbulenten Wochen.
„Und dann habe ich mich in ihn verliebt“, schloss sie. Zum ersten Mal sprach sie die Worte laut aus, und es zerriss ihr das Herz. Tränen strömten ihr übers Gesicht. Sie weinte um sich selbst, aber in erster Linie um den kleinen Jungen, der von seiner Mutter im Stich gelassen worden war und sich auf eigene Faust durchschlagen musste.
Allegra streichelte ihr übers Haar, bis sie sich beruhigte. Kurz darauf wurde ihr entsetzlich übel. Sie schaffte es gerade noch rechtzeitig ins Bad.
Dort fand Alessandro sie.
„Sie ist ja betrunken!“, stellte Alessandro konsterniert fest.
Allegra erwiderte etwas auf Italienisch, das ihn zum Schweigen brachte.
Wie peinlich, dachte Maisy und ließ sich erschöpft neben der Toilettenschüssel zu Boden sinken.
Mit nunmehr leerem Magen ging es ihr gut genug, um ihre missliche Lage zu erfassen. Sie stand vorsichtig auf, ging zum Waschbecken und spülte sich den Mund aus. Beim Blick in den Spiegel fuhr sie erschrocken zurück. Ihr Gesicht war bleich, die kunstvolle Frisur zerrauft, und ihr Bademantel klaffte an der Brust auf. Hastig zog sie ihn fester um sich und sah ängstlich zu Alessandro hinüber, der im Türrahmen stand, stocksteif und extrem angespannt.
Von Allegra war nichts mehr zu sehen.
„Wie geht es dir?“, erkundigte sich Alessandro. Sein Akzent war deutlich zu hören, was bedeutete, dass er außer sich war.
„Es geht. Allegra hat mir geholfen. Sie ist sehr nett.“
„Wie viel hast du getrunken?“
„Das weiß ich nicht.“
„Du trinkst sonst nie.“
Im Spiegel kreuzten sich ihre Blicke. „Es gibt vieles, was ich bis zum heutigen Tag nicht getan habe.“
„Wieso hast du nichts an? Wo ist dein Kleid?“
„Ich habe Champagner darüber verschüttet. Allegra versprach, es zu säubern.“ Sie atmete tief durch. „Ein Mann kam herein. Ich fürchte, er hat mich gesehen, als ich fast nichts anhatte.“
„Das ist mir zu Ohren gekommen.“
Schlagartig wich auch der letzte Rest Farbe aus ihren Wangen.
„Schau nicht so zerknirscht drein. Ich habe mich darum gekümmert.“
„Wie meinst du das?“
„Ich habe alle fortgeschickt. Das Boot ist leer.“
„Oh!“
Nervös trat Alessandro von einem Fuß auf den anderen. Maisy begriff, dass er nicht auf sie böse war und die Gäste ihretwegen von Bord geschickt hatte. Wie fürsorglich er ist, dachte sie.
„Hat er dich angesprochen oder berührt?“
„Nein. Ich bin ins Bad geflüchtet und habe mich eingesperrt.“
Als er einen Schritt näher kam, hoffte sie, er würde sie in die Arme nehmen, aber er tat es nicht.
„Ich möchte nicht länger an Bord bleiben. Können wir nicht nach Hause fahren?“
Alessandro führte sie zum Bett und trat ans Fenster. Es war Spätnachmittag, sonnig und warm, das Mittelmeer war spiegelglatt. Doch davon nahm er nichts wahr. Schon den ganzen Tag, den ganzen 17. Mai über, fröstelte ihm.
Wie jedes Jahr verbrachte er diesen Tag auf seiner Jacht, inmitten einer Menschenmenge. Jetzt waren alle fort, bis auf Maisy, die blass und angeschlagen im Bett lag. Sie hatte keine Ahnung, was ihn bewegte, und obwohl sie den größten Teil des Tages an seiner Seite verbracht hatte, konnte er sich an nichts erinnern, was sie gesagt oder getan hatte.
Allerdings würde er nie den schrecklichen Moment vergessen, als er zufällig den Sohn eines Schiffsmagnaten erzählen hörte, dass die Geliebte von Alessandro Tremante nackt in einer der Kabinen herumtollte.
Von Zorn und Schmerz erfüllt, hätte er den jungen Mann am liebsten über Bord befördert, aber Riccardo hatte ihn zurückgehalten. Dann war er zu Maisy geeilt. Zum Glück war ihr nichts geschehen, und Allegra kümmerte sich um sie. Sie hatte lediglich einen Schwips, ihr war übel und sie schämte sich entsetzlich – genau wie er.
„Maisy, ich bin momentan schlecht
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