Romana Extra Band 3
ohne irgendeine Gefühlsregung erkennen zu lassen. „Bei den Langdons kam eine Scheidung nicht infrage.“
„Die Ärmsten! Ich finde eine Trennung weniger schlimm als lebenslängliche Quälerei. In dieser Familie haben alle nur gelitten.“
„Wie gesagt, eine Scheidung war indiskutabel“, wiederholte Sarina. „Und da wir gerade beim Thema sind … Wie sollte Gregory seine Frau zurechtweisen, wenn er ständig unterwegs war? Sei fair, Amelia. Gregory war ein Mann mit vielen Verpflichtungen. Mireille mag uns zum Teufel gewünscht haben, aber es ging nie nach ihrem Willen.“
„Wir wissen doch beide, wie die Leute über dich geredet haben … darüber, dass du Gregory mehr bedeutet hast als seine eigene Frau“, entgegnete Mel gereizt.
Warum sollte sie nicht offen darüber sprechen? Das Gerede, dem sie jahrelang ausgesetzt gewesen war, hatte sie für immer gezeichnet. Ewig hatte sie sich schämen, an sich zweifeln müssen. In einem hitzigen Streitgespräch hatte Dev einmal behauptet, sie habe ihr Gefühlsleben nicht unter Kontrolle. Das war leicht gesagt, wenn man der Erbe einer großen Ranch war und außerdem Devereaux-Langdon hieß. Was konnte sie dagegenhalten? Nichts.
Sie hatte sich immer gescheut, ihrer Mutter Fragen zu stellen. Bei jemandem, der so offensichtlich nicht gefragt werden wollte, schwieg man lieber – sogar als vaterlose Tochter. Dennoch liebte sie ihre Mutter bedingungslos und hatte sie immer leidenschaftlich verteidigt.
„Wir bedeuteten ihm beide mehr“, sagte Sarina. „Gregory liebte Kinder. Du warst so lebendig, so aufgeschlossen … das gefiel ihm. Und du hattest niemals Angst vor ihm.“
„Oder vor Mireille. Ich bin Löwe, Mum. Menschen, die unter diesem Sternbild geboren sind, sind sehr stolz.“
„Das ist mir bekannt, Amelia. Vergiss bitte nicht, dass deine Erziehung viel Geld gekostet hat, das von Gregory kam.“
„Vielleicht fühlte er sich schuldig. Wir wissen beide nicht, wie es damals zu der Panik in der Herde kam. Dad war förmlich mit seinen Pferden verwachsen und dazu ein erfahrener Viehtreiber. Trotzdem wurde er abgeworfen. Gut möglich, dass Mireille jemanden bezahlt hat, der das Vieh auf Dad lenkte. Ist dir dieser Gedanke nie gekommen? Sie war eine skrupellose alte Frau.“
Vom anderen Ende der Leitung kam keine Antwort. Mels Mutter schien sich erst sammeln zu müssen, denn nach einer Weile sagte sie auffallend kühl: „Darüber kann ich nicht sprechen. Das liegt alles zu weit zurück.“
Mel musste tief durchatmen. Ihre Mutter weigerte sich immer wieder, über Vergangenes zu sprechen. Sie hatte sich damit abfinden müssen, dass sie nur das preisgab, was sie wollte.
„Die Vergangenheit ist nicht tot, Mum“, beharrte sie. „Sie folgt uns überallhin. Es war mir zuwider, für meine gute Ausbildung Geld von den Langdons annehmen zu müssen.“
„Das hast du uns deutlich zu verstehen gegeben, ohne die Unterstützung deswegen abzulehnen. Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul. Vergiss das bitte nicht. Mike hatte mir kaum etwas hinterlassen. Er war erst kurze Zeit Vorarbeiter gewesen.“
„Viele haben mir gesagt, was für ein toller Mensch Dad war. Ich kann mich noch gut an ihn erinnern und werde ihn bis an mein Lebensende vermissen.“
„Meinst du, ich vermisse ihn nicht?“, fragte Sarina ohne erkennbare Rührung. „Nach seinem Tod wurde mir bewusst, dass ich kaum etwas gelernt hatte und dazu für ein Kind verantwortlich war. Ich musste akzeptieren, was man mir bot. Das tat ich und halte es noch heute für richtig … trotz allem, was ich erlitten habe.“
„Trotz allem, was wir erlitten haben, Mum“, verbesserte Mel sie. „Schließ mich bitte nicht aus. Ich weiß nicht, was passiert wäre, wenn man mich nicht aufs Internat geschickt hätte.“
„Gregory bestand darauf. Du warst ein sehr intelligentes Kind.“
„Ich weiß noch, wie Dad mir vorgelesen hat. In meiner Erinnerung war er ein unglaublich wissbegieriger Mensch. Er wollte immer noch mehr lernen. Ich habe ihn deswegen verehrt.“
„Ja, so war er“, gab Sarina zu. „Er hatte große Pläne mit dir, aber ohne Gregory wärst du heute nicht da, wo du bist.“
„Zum größten Ärger der lieben Mireille. Sie war grausam genug, alle menschlichen Beziehungen in ihrem Umfeld zu vergiften. Auch die Entfremdung zwischen Vater und Sohn war ihr Werk. Kein Wunder, dass der Enkel es nicht mehr aushielt und verschwand. Über den Anlass hat er nie ein Wort verloren.“
„Dev war
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