Romana Extra Band 4 (German Edition)
herauszufinden.
Faye blickte zum Fenster hinaus. Es hörte überhaupt nicht mehr auf zu schneien. Hoffentlich gehen wenigstens morgen die Flieger. Ihr Magen grummelte laut. Dieses Geräusch war ihr in den letzten Wochen ein treuer Begleiter geworden. Seit sie David verlassen hatte, aß sie kaum noch und schlief schlecht. Dabei brauchte sie gerade jetzt viel Energie, denn sie krempelte ihr Leben komplett um.
Sie öffnete einen ihrer Koffer und griff nach dem Kleidungsstück, das zuoberst lag – ein helles Etuikleid. Sie zögerte. War das nicht ein wenig zu overdressed? Was würde der attraktive Schwarzhaarige denken, wenn sie so im Hotelrestaurant auftauchte? Dass sie sich extra für ihn aufgedonnert hatte? Ach, was soll’s? Sie hatte keine Lust, ihre Koffer zu durchwühlen und danach neu packen zu müssen. Frisch geduscht, wollte sie auch nicht die Kleidung anziehen, in der sie den Tag am Flughafen verbracht hatte. Sie wusste, vor vier Wochen noch hätte sie sicher darauf geachtet, angemessen gekleidet zu sein. Aber von ihren früheren Verhaltensweisen, ihrer Naivität und ihrem Vertrauen zu den falschen Menschen wollte sie sich ja gerade befreien. Nie wieder wollte sie sich so ausnutzen lassen. David Fairfax, du hinterhältiger Mistkerl!
Zehn Minuten später trat Faye aus dem Fahrstuhl in die Lobby. Schon als sie ein dezentes Make-up aufgelegt hatte, war ihr bewusst geworden, wie aufgeregt sie war. Sie würde mit diesem überaus charmanten Mann zu Abend essen. Wie war das nur möglich, dass dieser Mann in ihr etwas ansprach, das sie so aufwühlte? Ausgerechnet jetzt, da sie im Moment so wütend auf die Vertreter seines Geschlechts war, zumindest auf einen davon. Aber vielleicht ja gerade deswegen. Sie hatte ihre Lektion gelernt. Und außerdem war es ihr gutes Recht, sich mit Männern zu treffen. Sie wollte ja schließlich keine Beziehung mit diesem Mann anfangen, sondern nur essen. Doch als sie sich jetzt der Tür des Hotelrestaurants näherte, zitterten ihre Hände. Faye beruhigte sich schließlich mit dem Gedanken daran, wie David gucken würde, wenn er sie mit diesem attraktiven Mann entdecken würde. Es war eine kleine Rache für das, was er sich erlaubt hatte.
Sie atmete tief durch und richtete sich auf. Es gab überhaupt keinen Grund, nervös zu sein. Ihr Blick glitt durch den Raum, in dem alle Tische besetzt waren. Ihre Hoffnung sank. Doch dann entdeckte sie ihn. Er saß weiter hinten an einem Zweiertisch und hatte den letzten Platz freigehalten. Ihr Herz machte einen kleinen Sprung.
Was war denn das? Herzklopfen wegen eines Mannes? Trotzdem starrte Faye den Fremden an. Sein markantes Gesicht fesselte ihre Aufmerksamkeit. In ihrem Magen kribbelte es wieder. Das konnte nur der Hunger sein. Sie musste dringend etwas essen. In diesem Moment sah der Mann von der Speisekarte auf und entdeckte sie. Sofort strahlte er und mit einem höflichen Winken bot er ihr den Stuhl gegenüber an. Während sie auf den Tisch zusteuerte, bemerkte sie, wie sein Blick verstohlen über ihren Körper wanderte. Jetzt war sie froh, das schöne Kleid zu tragen.
„Danke. Das ist sehr nett von Ihnen, mir einen Platz freizuhalten.“ Ihre Knie waren weich, als sie sich setzte.
„Das ist doch selbstverständlich. In Notzeiten müssen alle zusammenhalten.“ Er lachte leise, und die beiden Grübchen kamen wieder zum Vorschein.
Sofort kam ein Kellner und reichte ihr die Speisekarte.
„So viel Auswahl. Haben Sie sich schon für etwas entschieden?“ Verstohlen musterte sie den fremden Mann, der jetzt wieder die Speisekarte studierte. Ein dunkler Bartschatten lag auf seinem energischen Kinn und verlieh ihm trotz seiner eleganten Erscheinung etwas Verwegenes. Er war jetzt leger gekleidet in Designerjeans und einem schwarzen Hemd. Die hochgekrempelten Ärmel brachten muskulöse Unterarme zum Vorschein. Wie es wohl war, von diesen Armen gehalten zu werden, schoss es ihr durch den Kopf. Was war denn nur mit ihr los? Männer hatten noch nie so eine Wirkung auf sie gehabt, nicht einmal David. Bestimmt suchte sie insgeheim Trost, jemanden, der ihr in dieser schweren Zeit Kraft gab. Ihr fehlte eine starke Schulter zum Anlehnen.
„Es hört sich alles gut an. Wissen Sie schon, was Sie wollen?“
Für einen Moment blickte sie ihm in die Augen. Was sie wollte? Wusste sie, was sie wollte? Sie wusste vor allem, was sie nicht wollte. Sie wollte sich nie wieder mit einem Mann einlassen, der sie mit vorgegaukelter Liebe über Jahre hinhielt.
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