Romana Extra Band 5 (German Edition)
dass Sie wegen Ihrer Position total isoliert und einsam sind.“
„Ich bin täglich von vielen Menschen umgeben.“
„Von Menschen, gegenüber denen Sie jedes Wort und jede Geste sorgfältig wählen müssen. Gibt es jemanden, dem Sie genug vertrauen, um mit ihm zu lachen, zu schreien oder zu weinen?“
„Lachen kann ich mit meiner Schwester und meinen Brüdern“, erwiderte er, doch seine Ehrlichkeit zwang ihn, hinzuzufügen: „Manchmal.“
Maggie zuckte mit den Schultern. „Also, meiner Meinung nach arbeiten Sie verdammt hart für Ihr Land und hätten es verdient, dass jemand sich um Ihr persönliches Wohlergehen kümmert.“
„Ich habe viele Bedienstete, die sich um meine Kleidung kümmern und dafür sorgen, dass ich die besten Speisen bekomme. Außerdem steht hier im Schloss extra ein Arzt für mich zur Verfügung.“
Maggie schüttelte den Kopf und streckte die Hand aus, als ob sie ihn berühren wollte, zog sie jedoch im letzten Augenblick wieder zurück. Michel verspürte ein merkwürdiges Gefühl von Verlust.
„Ich glaube, Sie verstehen nicht, was ich meine. Wer macht sich Sorgen darum, ob Sie persönlich glücklich sind?“
Ihre Frage ließ ihn verstummen. Ob er glücklich war? Was für eine unmögliche Frage! Er schob den Gedanken beiseite. „Mein persönliches Glück gehört nicht zu den obersten Prioritäten.“
„Das sollte es aber, wenigstens für einen Menschen“, sagte sie. Sie zögerte einen Moment, dann lächelte sie. „Ich jedenfalls mache mir Gedanken um Ihr persönliches Wohlbefinden, und deshalb schenke ich Ihnen jetzt einen Augenblick der Ruhe. Entschuldigen Sie mich.“ Damit ließ sie ihn allein, und er hatte das schreckliche Gefühl, dass sie gerade seine empfindlichste Stelle getroffen hatte.
In dieser Nacht konnte Michel nicht schlafen. Er ging in seinem Schlafzimmer auf und ab und dachte über Maggies Worte nach. Sein persönliches Glück, das war immer eine Tabuzone in seinem Denken und Handeln gewesen, und er hatte es stets vermieden, sich selbst sinnlose „Was-wäre-wenn-Fragen“ zu stellen. Als er seufzend aus dem Fenster blickte, nahm er im Garten eine Bewegung wahr. Er blickte konzentriert in die Richtung.
Eine Frau in kurzem weißem Nachthemd spazierte barfuß über den Rasen. Maggie. Ob sie daran gedacht hatte, die Tür zu arretieren, damit sie nicht ins Schloss fiel? Andernfalls wäre diese jetzt geschlossen und sie müsste die ganze Nacht im Garten bleiben oder laut an die Tür klopfen, um die Palastwache zu wecken.
Michel blickte auf sein Handy. Nichts wäre einfacher, als die Wachen zu rufen, um sie ins Schloss zu lassen. Er könnte die Kurzwahl eingeben, einen Befehl aussprechen und … weiter schlaflos umherwandern. Die Aussicht ließ ihn fluchen.
Maggie setzte sich auf die Steinbank und atmete tief die frische Nachtluft ein. Im Schloss hatte sie es keine Minute länger ausgehalten. Die Wände schienen irgendwie immer näherzukommen. Als sie sich schlafen gelegt hatte, hatte sie an Max und Michel gedacht. Dass Max sein Leseproblem in den Griff bekommen würde, darum machte sie sich keine Sorgen. Er hatte ja schon Fortschritte gemacht. Um seine Zukunft machte sie sich allerdings schon Sorgen. Er würde eines Tages herrschen, aber würde er glücklich sein? Nicht, wenn er in seines Vaters Fußstapfen träte. Was für ein beschränktes Leben Prinz Michel führte. Jemand sollte etwas dagegen tun. Aber wie? Und natürlich war nicht sie dafür zuständig. Das ging sie gar nichts an.
Sie stand auf. Eigentlich war sie hergekommen, um nicht mehr an Max und Michel zu denken. Im Geist schlug sie den beiden Prinzen die Tür vor der Nase zu und konzentrierte sich auf den Duft der Blumen um sie herum.
„Wenn Sie wieder einmal einen Abendspaziergang machen, sollten Sie die Tür offen lassen“, sagte eine Stimme hinter ihr.
Erschrocken fuhr Maggie herum. Da stand Prinz Michel in der Dunkelheit. Ihr Herz pochte so laut, dass sie es hören konnte. „Wie bitte?“
Er kam auf sie zu. Jetzt trug er eine legere Flanellhose, und sein Hemd stand offen. Er wirkte im Mondlicht sehr männlich und sexy. „Die Eingänge des Schlosses sind abends ab neun Uhr geschlossen. Es wäre schwierig für Sie, wieder hineinzukommen.“
Maggie lachte unsicher. „Oh, ich schätze, es wäre kein guter Moment, um die königliche Glocke zu läuten, nicht wahr?“ Sie blickte zum Eingang – die Tür stand jetzt offen –, dann wieder zu Michel. „Danke, dass Sie mich gerettet
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