Romana Extra Band 5 (German Edition)
meiste Zeit Ihres Lebens geraten hat, nicht selbst zu denken, und dass das wohl eine Zeit lang funktioniert hat. Aber Sie haben einen sehr starken eigenen Willen, und Sie halten sich keineswegs immer an die Ratschläge ihrer Berater. Schließlich sind Sie – wie alt? Anfang vierzig?“
Prinz Michels Augenlider zuckten kurz, und Maggie hatte das ungute Gefühl, ins Fettnäpfchen getreten zu sein. „Fünfunddreißig“, sagte er.
Verdammt. „Oh, nun ja, ich bin mir sicher, das hat etwas mit Reife und Verantwortungsbewusstsein zu tun. Was ich sagen wollte, ist, dass Sie auf mich den Eindruck eines Mannes machen, der weit genug herumgekommen ist, um sich seine eigene Meinung zu bilden.“
„Meine Berater sind gut informiert und kennen sich bestens aus in allen Dingen, die das Königshaus betreffen, Traditionen, Verantwortung, Erziehung – aber auch in allen Dingen, die Marceau anbelangen.“
„Ganz bestimmt tun sie das, und Sie selbst wissen ganz bestimmt auch, dass man nicht in Gewohnheiten erstarren darf.“
„Sie haben keine Angst, gefeuert zu werden, wie Sie es nennen“, sagte Prinz Michel und erwiderte unverwandt ihren Blick.
Maggie war entschlossen, ihm gegenüber ganz aufrichtig zu sein. Sie holte tief Luft. „Ein bisschen vielleicht schon. Aber ich brauche diesen Job nicht unbedingt. Ich mache mir eher Sorgen um Max. Ich möchte ihm helfen. Wir haben heute schon Fortschritte gemacht. Wenn ich bleibe, kann ich allerdings nicht versprechen, dass wir nie wieder vom Regen überrascht werden. Haben Ihre Berater Ihnen Angst gemacht? Sagen Sie denen nie, dass sie mal ein bisschen lockerer sein sollen?“
„Meine Schwester und die meisten meiner vier Brüder haben den Beratern schon die fantasievollsten Vorschläge unterbreitet, aber ich muss täglich mit ihnen zusammenarbeiten. Deshalb gehe ich anders mit ihnen um.“ Er beugte sich vertraulich vor. „Ich sage ihnen, dass ich ihre Ratschläge überdenken werde.“
Maggie lächelte. „Wie überaus beherrscht und taktvoll.“ Sie bewunderte diesen Mann aufrichtig, hätte ihn jedoch einmal zu gern so richtig wütend erlebt … oder leidenschaftlich.
Es klopfte an der Tür. Michel ließ sich seine Ungeduld kaum anmerken. „Entrez“ , sagte er.
„Verzeiht mir, Euer Hoheit, aber Prinz Nicholas möchte Sie sehen.“
Michels Gesichtsausdruck hellte sich auf. „Schicken Sie ihn herein“, sagte er und stand auf.
Ein hochgewachsener Mann mit Wuschelhaar und unrasiertem Kinn betrat den Raum. Er trug Jeans und T-Shirt und im Gesicht ein breites Lächeln. Er neigte den Kopf in Maggies Richtung, dann umarmte er Michel. „Na, wie regiert sich’s denn so?“
„Es gibt viel zu tun, wie immer“, erwiderte Michel. „Wie läuft es bei dir? Wie lange wirst du zu Hause bleiben?“
„Bis der Sommer vorbei ist. Dann gehe ich für eine Weiterbildung zurück in die Staaten.“
„Aber solange du hier bist, wirst du dem Minister für Gesundheit und Soziales als Ratgeber zur Verfügung stehen“, sagte Michel.
Nicholas schüttelte den Kopf. „Natürlich. Immer versuchst du mir einen Schreibtischjob unterzujubeln.“
„Es ist ganz normal, dass ich die Klügsten und Besten in meiner Regierung haben möchte.“
Wieder schüttelte Nicholas den Kopf, doch sein Gesichtsausdruck wurde weicher. „Du beschämst mich. Ich werde dir immer dafür dankbar sein, dass du mir geholfen hast, Mutter zu überreden, dass sie mir das Medizinstudium erlaubt.“
Maggie hatte das unangenehme Gefühl, Zeugin eines sehr persönlichen Augenblicks zu sein. Sie stand auf, um zur Tür zu gehen.
„Wer ist das?“, fragte Nicholas.
„Ich hätte dich vorstellen sollen“, sagte Michel und wandte sich an Maggie: „Prinz Nicholas ist mein Bruder. Er ist Arzt. Das ist Mademoiselle Maggie Gillian, Maximillians Hauslehrerin für diesen Sommer, sie kommt aus den Vereinigten Staaten.“
„Freut mich, Sie kennenzulernen, Euer Hoheit“, sagte Maggie, unsicher, welche Anrede sie benutzen sollte. „Herr Doktor“, fügte sie noch hinzu.
Nicholas schmunzelte und führte ihre Hand an seine Lippen. „Nicholas reicht völlig. Ihr amerikanischer Akzent ist erfrischend. Ich nehme an, das höfische Protokoll geht Ihnen auf die Nerven.“
„Entweder das – oder ich gehe der Protokollpolizei auf die Nerven“, erwiderte sie und blickte zu Michel.
„François möglicherweise schon“, gab Michel zu.
„Und den Weisen aus dem Morgenland“, fügte sie leise hinzu.
Nicholas lachte laut
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