Romana Extra Band 6
von einer Familie. Ich habe nur dieses Zimmer und die Küche genutzt. Meine Mahlzeiten nehme ich alle draußen auf der Terrasse ein. Alle anderen Räume sind abgeschlossen, außer wenn Anna dort Staub wischt. Sie vermittelte mir den Eindruck, dass Ihnen eine niedrige Miete immer noch lieber wäre als gar keine Miete. Sie können mir nicht vorwerfen, dass ich Ihre Haushälterin beim Wort genommen habe, Sir David. Ich denke nicht, dass ich übermäßig leichtgläubig bin.“
„Ich ziehe es vor, wenn man mich Mr Castle nennt“, sagte er. „Aber in Anbetracht der Umstände nennen Sie mich doch einfach David. Wie heißen Sie?“
„Liz … Liz Redwood.“
„Sind Sie allein hier, Liz?“
Hätte er ihr diese Frage gestellt, bevor sie wusste, wer er war, hätte sie vorgegeben, dass ihr Bruder im Nebenzimmer schliefe. Nun erschien es ihr jedoch sicher, ihm die Wahrheit zu sagen.
„Ja, ich bin allein hier.“
„Sie müssen ja einen sehr festen Schlaf haben, wenn Sie nicht gehört haben, wie ich ins Haus kam. Ich habe Sie nicht bemerkt, weil ich nach sechsunddreißig Stunden Reise völlig erledigt war. Ich bin ins Bett gefallen und auf der Stelle eingeschlafen.“ Er sah sie nachdenklich an. „Als ich allmählich wach wurde und spürte, dass ich nicht allein war, habe ich Sie versehentlich für jemand anderen gehalten. Eine Frau, die einmal hier gelebt hat … vor langer Zeit.“
Dieser Nachsatz machte Liz klar, dass sie Annas Reaktion fehlgedeutet hatte. Was sie für die mit zusammengekniffenen Lippen geäußerte Missbilligung homosexueller Neigungen gehalten hatte, könnte sich als ganz anders gearteter Vorwurf herausstellen. Vielleicht war die von ihm erwähnte Frau seine Geliebte gewesen.
Während sie sich unterhielten, war es im Raum allmählich heller geworden. Liz war jetzt hellwach und sagte: „Es wird eine Weile dauern, bis ich meine Sachen ausgeräumt habe. Da Sie von der Reise erschöpft sind, schlage ich vor, dass ich Ihnen in einem der anderen Zimmer ein Bett zurechtmache. Dann können Sie in Ruhe ausschlafen, und wenn Sie aufwachen, bin ich mit Packen fertig und zum Auszug bereit.“
Anstatt auf ihren Vorschlag einzugehen, fragte er: „Wie lange haben Sie denn hier gewohnt, und bis wann läuft Ihr Mietvertrag?“
„Ich bin seit zwei Monaten hier und hatte geplant, den ganzen Sommer hier zu verbringen. Aber ich kann problemlos etwas anderes finden.“
„Das bezweifle ich. Wir haben jetzt Hochsaison. Ganz gleich, was Anna Ihnen erzählt hat, Portofino ist ein sehr beliebter Ferienort. Ohne Reservierung ist es sehr schwierig, eine Unterkunft zu finden, und es ist teuer. Ich habe nichts dagegen, dass Sie in der Villa wohnen bleiben. Es ist reichlich Platz für uns beide da.“
„Das kann ich nicht annehmen“, protestierte Liz. „Es ist nett von Ihnen, es anzubieten, aber ich kann unmöglich bleiben, jetzt, wo Sie wieder hier sind. Sie möchten Ihr Haus für sich haben – das würde ich an Ihrer Stelle auch wollen.“
„Wollen wir das beim Frühstück besprechen? Ich kann später noch etwas Schlaf nachholen. Momentan ist mir nach Kaffee und etwas zu essen. Könnten Sie Frühstück für mich machen, während ich kurz dusche?“
Liz war ein Kochtalent und wenn sie nicht noch talentierter mit dem Pinsel gewesen wäre, hätte sie vielleicht einen Beruf daraus gemacht. Nach dem Bruch mit Richard hatte sie sich jedoch geschworen, sich niemals dazu nötigen zu lassen, häusliche Arbeiten nur deshalb zu übernehmen, weil sie eine Frau war.
Als verwöhntes Muttersöhnchen war Richard nicht in der Lage gewesen, etwas Anspruchsvolleres als ein hartgekochtes Ei zuzubereiten. Außerdem dachte er nicht daran, seine beträchtlichen Begabungen auf etwas zu verschwenden, das er als Frauensache ansah.
Liz war eine anerkannte Künstlerin, deren exquisite Miniaturen bei begeisterten Käufern in Europa und Nordamerika reißenden Absatz fanden. Trotzdem hatte Richard ihre Karriere nicht so ernst genommen wie seine eigene.
Zuerst hatte er diese Einstellung nicht erkennen lassen. Nach und nach wurde jedoch klar, dass er der Meinung war, dass es die Hauptaufgabe einer Frau sei, der Bequemlichkeit und dem Vergnügen des Mannes zu dienen.
Es lag ihr auf der Zunge, David Castle darauf hinzuweisen, dass auch sie gern nach dem Aufstehen duschte. Wenn er ein warmes Frühstück wollte, dann müsste er sich das selber zubereiten. Sie aß morgens sowieso nur Obst und Joghurt.
Bei genauerer Überlegung schien ihr
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