Romana Extra Band 6
waren, nicht aber an anderen Orten. Etwas Schlimmes könnte passieren, so wie in London, wo sie sich beinahe gestritten hätten.
Obwohl Anna sich schnell von der Operation erholt hatte, hatte es bei ihrer Genesung in Pisa einen Rückschlag gegeben. Eins der Enkelkinder hatte sich die Windpocken geholt, und Anna, die dieser Krankheit in ihrer Kindheit entgangen war, hatte sich angesteckt. Als es ihr wieder so gut ging, dass David und Liz sie besuchen konnten, sah sie immer noch recht elend aus. Ihre Tochter wollte sie überreden, für immer bei ihr in Pisa zu bleiben.
„Sie ist zu alt, um zu arbeiten, Signore. Für den Rest ihres Lebens sollte sie sich ausruhen.“
„Nicht meine Vorstellung von Ruhe – umgeben von Kindern, der Fernseher dröhnt den ganzen Tag, und die Nachbarn kommen und gehen“, meinte David zu Liz auf der Heimfahrt.
„Immerhin ist es schön, dass sie sie bei sich haben wollen.“
Liz war glücklich mit David – sie wollte an nichts anders denken. Manchmal jedoch erinnerte die Post sie daran, dass es eine andere, weniger friedliche Welt außerhalb ihrer sonnendurchfluteten Zufluchtsstätte gab. Jane schrieb, dass ein großer englischer Kinderbuchverlag an Kasimir interessiert war und man gerade in Verhandlungen mit den amerikanischen Partnern stand. Diesen Brief zeigte sie David und sprach mit ihm darüber.
Als ihr Anwalt ihr den Mietvertrag zur Unterzeichnung schickte, fiel ihr ein, dass sie Lamberts Wohnung immer noch nicht erwähnt hatte. David war viel zu wohlerzogen, sich für ihre Post zu interessieren, außer wenn sie sie ihm zeigte. Trotzdem fühlte sie sich schuldig, weil sie etwas so Wichtiges vor ihm verbarg, brachte es aber nicht über sich, ihm davon zu erzählen.
Nachdem sie sich einige Tage den Kopf darüber zerbrochen hatte, beschloss sie, ihn damit zu überraschen, wenn sie das nächste Mal nach London fuhren. Dann würde sie ihm sagen, dass es nicht nötig war, im Hotel zu wohnen, weil ihr eine Wohnung zur Verfügung stand.
Der Tag, an dem alles endete, begann wie jeder andere Tag.
Der Wecker klingelte ziemlich früh und weckte Liz nur halb auf. David stellte ihn aus und küsste sie ganz wach. Danach blieben sie ein paar Minuten umarmt liegen. Manchmal, wenn sie sich am Vorabend nicht geliebt hatten, verzögerte sich das Aufstehen.
Dann ging jeder der beiden ins Badezimmer, und danach trafen sie sich in der Küche bei den Frühstücksvorbereitungen. Nach dem Frühstück auf der Terrasse arbeitete jeder für sich bis zum Mittag.
An manchen Tagen arbeitete David ohne Unterbrechung bis zum Abend. Aber meistens kam er gegen zwölf aus seinem Atelier und schloss sich Liz bei ihrem mittäglichen Bad im Swimmingpool an. Um diese Zeit kam auch die Post.
An dem Tag, als dieser friedliche Ablauf zum letzten Mal stattfand, hatte Liz den Vormittag damit verbracht, ein einzelnes Gänseblümchen zu malen, das in einer kleinen chinesischen Flasche aus rosa Quarz steckte.
Am Abend wollten sie auf eine Party in einer der Nachbarvillen gehen. Diese Villa diente einer wohlhabenden Familie aus Mailand als Feriendomizil.
David war mit dem Schwimmen immer etwas früher fertig als Liz. Beide schwammen zwanzig Bahnen. An diesem Tag war er schon auf die obere Terrasse gegangen, während Liz ihre letzte Bahn schwamm.
Als Liz auf der oberen Terrasse ankam, hatte Teresa schon unter dem Sonnenschirm den Tisch für ihr Mittagessen gedeckt. David las einen Brief.
Die Tatsache, dass er nicht aufstand und den Stuhl für sie zurechtrückte, hätte sie schon warnen sollen, dass etwas nicht in Ordnung war. Normalerweise war David ein Mann, der niemals die kleinen alltäglichen Höflichkeiten vernachlässigte, die einer Frau das Gefühl geben, dass sie respektiert wird. Jetzt war er jedoch völlig in die Lektüre seines Briefs vertieft, und nach seinem besorgten Gesichtsausdruck zu urteilen, enthielt der keine guten Nachrichten.
Liz setzte sich hin und füllte ihre Gläser mit Weißwein aus der Glaskaraffe, die auf dem Tisch stand. Sie breitete gerade die Serviette auf ihren nackten Beinen aus, als David den Brief zusammenfaltete und wieder in den Umschlag steckte. Obwohl er das Weinglas ergriff, konnte sie sehen, dass er in Gedanken meilenweit entfernt war.
„Ist etwas nicht in Ordnung, David?“, fragte sie mit der ersten Vorahnung einer bevorstehenden Katastrophe.
Nun sah er sie an, und was sie in seinen Augen sah, erfüllte sie mit Furcht. Schon bevor er zu sprechen begann, spürte sie,
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