Romana Extra Band 6
Schmerz saß ihr in der Kehle. David hatte ihr einen Gutenachtkuss gegeben, aber das war nur ein flüchtiges Streifen ihrer Wange gewesen. Danach hatte er sich auf den Rücken gerollt und lag – den Kopf in eine Hand gestützt – offensichtlich hellwach, war aber nicht in der Stimmung, mit ihr zu schlafen.
Seit ihrer Ankunft in „Cranmer“ hatte er sie noch überhaupt nicht liebkost. Sie wünschte, sie wäre nicht mitgekommen. Die Veränderung in seinem Verhalten ihr gegenüber verletzte sie sehr.
Trotz allem, was Bethany ihr über Davids Liebe zur ersten Lady Castle erzählt hatte, war Liz weiterhin überzeugt, dass eigentlich Bethany die Liebe seines Lebens war.
Als David nun so regungslos neben ihr lag, fragte sie sich, wie er auf einen vorsichtigen Annäherungsversuch reagieren würde. Aber da ihr Selbstvertrauen zurzeit recht angeknackst war, brachte sie es nicht über sich, eine Ablehnung zu riskieren.
Bethany konnte sich der ungeteilten Hingabe ihres Ehemanns sicher sein, sie wurde von ihren Schwiegereltern vergöttert. Liz sehnte sich danach, auch in dieser Weise geliebt und begehrt zu werden. Und danach, Liebe zeigen zu können – auch das war sehr wichtig. Nicht nur beim Liebesakt, sondern auch in kleinen Alltagsdingen.
An diesem Wochenende hatte sie jeden Blick, jede Geste kontrollieren müssen, um seinen Freunden keinen Anhaltspunkt dafür zu geben, wie sehr sie David liebte. Denn wenn er sie nicht lieben konnte, dann würde ihre Liebe nur eine Belastung für ihn sein.
Am nächsten Morgen fuhren sie nach Blackmead zurück. David war während des größten Teils der Fahrt still und geistesabwesend.
Lady Castle war nicht zu Hause, als sie ankamen. David bat Nanny Evans, ihnen den Tee in die Bibliothek zu bringen.
Während sie auf den Tee warteten, sagte er: „Robert hat mich in der Auffassung bestärkt, dass ich das Haus unterhalten kann, ohne dabei Bankrott zu gehen. Wie würdest du es denn finden, hier statt in Italien zu leben?“
Liz hatte nicht erwartet, dass er sie in seine Entscheidung mit einbeziehen würde. Nach längerem Zögern erwiderte sie: „Müsstest du die Villa aufgeben, wenn du hier leben würdest?“
„Nicht unbedingt. Warum fragst du?“
„Die Villa ist so ein wunderschönes Haus. Wenn ich du wäre, könnte ich es nicht ertragen, mich davon zu trennen – nicht einmal für das Haus meiner Vorfahren. Ich bezweifle nicht, das dieses Haus sehr schön sein könnte, wenn jemand wie David Mlinaric freie Hand bekäme. Jedenfalls muss sehr viel gemacht werden – außer in diesem Raum. Diese Bibliothek ist perfekt.“
Sie sah sich um. Die Wände waren hinter Tausenden von ledergebundenen Bänden verborgen, die diesen Raum mit ihrem ganz typischen Duft erfüllten.
„Die Dienste eines Topdesigners in Anspruch zu nehmen, kann ich mir nicht leisten. Ich werde mich auf meinen eigenen Geschmack verlassen müssen und die nötigen Veränderungen Stück für Stück vornehmen, nicht alle auf einmal. Wenn ich das richtig sehe, bist du nicht sonderlich erpicht darauf, mir zur Hand zu gehen?“
„Natürlich würde ich dir helfen – solange wir zusammen sind“, fügte sie hinzu. „Aber ich muss zugeben, dass ich deinen italienischen Lebensstil vorziehe. Vermisst du den Pool nicht, die Aussicht und die Dinner bei Luigi?“
„Doch, aber man kann eben nicht alles im Leben haben. Hier gibt es andere Dinge, die mir gefallen.“
Ich wüsste nicht, was das sein könnte, das du nicht auch in Italien haben oder tun könntest, dachte Liz, als der Tee serviert wurde. Der einzige Grund, der ihr logisch erschien, war ein Gefühl der Verpflichtung, seine Familientradition fortzuführen.
Die Frau jedoch, die er wollte, war für immer außerhalb seiner Reichweite. Liz wusste, sogar wenn David sie heiraten wollte, würde sie seinen Antrag nicht annehmen können, wenn er nur deshalb gemacht wurde, weil er sich Erben wünschte und jemanden, der ihm bei der Renovierung des Hauses half. Sosehr sie ihn auch liebte, könnte sie niemals einen Mann heiraten, der sie nicht um ihrer selbst willen liebte.
In den folgenden Tagen wurde sie immer bedrückter.
Das grauenvolle Essen und die Anwesenheit von Margaret Castle machten die Mahlzeiten zu unerfreulichen Terminen, die sie am liebsten hätte ausfallen lassen.
Das Wetter war wechselhaft. Die vielen Wolken und das graue Licht deprimierten sie: Sie vermisste Portofino.
An einem Tag, an dem David damit beschäftigt war, mit einem Gutachter das
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