Romana Extra Band 6
dass es ein Fehler war. Es konnte nur ein Fehler sein! Doch sie wollte jetzt nicht darüber nachdenken, sondern sich einfach nur fallen lassen und den Augenblick genießen. Sie wollte es – doch das schrille Klingeln eines Handys holte sie unsanft wieder auf den Boden der Tatsachen.
Laurent verspannte sich und machte sich hastig von ihr los. Dann rückte er ein Stück von ihr ab, zückte sein Mobiltelefon und nahm das Gespräch an.
Vollkommen verwirrt stand Rosalie da. Als sie einen Traktor erblickte, der die Landstraße entlangtuckerte, trat sie auf die Fahrbahn und hielt ihn an.
„Probleme mit dem Wagen?“, fragte der Bauer freundlich.
Sie nickte. „So was in der Art. Können Sie mich vielleicht bis in den nächsten Ort mitnehmen?“
„Wie könnte ich bei einem so hübschen Fräulein wie Ihnen Nein sagen?“ Er lachte. „Was ist mit Ihrem Freund? Kommt er nicht mit?“
„Nein“, antwortete Rosalie und stieg, ohne sich noch einmal nach Laurent umzublicken, auf den Bock des Traktors. Sie musste erst einmal einen klaren Kopf bekommen, ehe sie Laurent noch einmal gegenübertrat. Es ging einfach nicht anders.
6. KAPITEL
„Verdammt, Richard, ich habe dir gesagt, dass ich keine Unterstützung brauche.“ Laurent schluckte den Fluch, der ihm auf der Zunge lag, hinunter, doch es kostete ihn einige Mühe. „Du kannst dich auf mich verlassen, hörst du? Ich werde dich nicht enttäuschen, aber du musst mir ein bisschen mehr Zeit geben!“
„Mehr Zeit, mehr Zeit!“, sagte Richard Delacroix ungeduldig am anderen Ende der Leitung. „Alles, was ich von dir zu hören bekomme, ist, dass du mehr Zeit brauchst. Aber ich will endlich Ergebnisse. Und die hole ich mir – wenn nicht von dir, dann eben von jemand anderem.“
Laurent kam nicht mehr dazu, etwas zu entgegnen, denn Richard hatte das Gespräch bereits beendet. Nun konnte Laurent sich doch nicht mehr zurückhalten. „Merde!“ , fluchte er, ehe er sich umwandte, um nach Rosalie zu schauen. Gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, wie sie auf den Bock eines Traktors kletterte.
„Rosalie!“, rief er. „Warte!“
Sie beugte sich zu ihm hinunter. „Ich danke dir dafür, dass du mir geholfen hast, und auch für den schönen Tag in Rouen. Au revoir! “ Dann gab sie dem Fahrer ein Zeichen, und der Mann fuhr los.
Ungläubig starrte Laurent dem Traktor nach. Schließlich, als dieser nach einer gefühlten Ewigkeit aus seinem Blickfeld verschwunden war, fuhr er sich mit beiden Händen durchs Haar. Die Situation wurde immer verfahrener! Richard hatte ihm soeben erneut gedroht, dass er einen zweiten Mann losschicken wollte, um sicherzustellen, dass der Kauf der Roseraie Baillet auch wirklich über die Bühne ging. Und dieses Mal, so fürchtete Laurent, handelte es sich nicht um eine leere Drohung.
Wütend trat er gegen einen Kieselstein, der im hohen Bogen durch die Luft flog und irgendwo im hohen Gras landete. Richard war seine letzte Chance, beruflich wieder auf die Beine zu kommen. Er durfte sich jetzt von niemandem Steine in den Weg legen lassen. Wenn es ihm nicht gelang, Richard zu überzeugen, würde er bei keinem Immobilienhändler der Welt mehr einen Job bekommen, und seine Karriere, die so vielversprechend begonnen hatte, wäre endgültig zu Ende. Und was tat er, anstatt nach einer Möglichkeit zu suchen, Rosalie zum Verkauf ihres Erbes zu bewegen? Flirtete mit ihr und küsste sie. Hatte er vollkommen den Verstand verloren? Er wusste doch, wie Frauen waren.
Das hatte Geneviève ihm mehr als deutlich bewiesen. Er erinnerte sich noch, als wäre es erst gestern gewesen …
Zweieinhalb Jahre zuvor
„Ich bin dir so dankbar, dass du mir diesen Job besorgt hast!“ Genevièves strahlend blaue Augen glänzten vor Begeisterung. „Ohne deine Hilfe hätte Monsieur Goncourt mir sicher keine Chance gegeben – schon gar nicht ohne Vorstellungsgespräch!“
Damit hatte sie, wie Laurent wusste, absolut recht. Es war nicht leicht für ihn gewesen, seinen Chef zu überzeugen, der bezaubernden jungen Frau einen Job zu geben. Immerhin besaß sie als ehemalige Bardame nicht gerade die besten Referenzen, sich um eine Stelle als Immobilienmaklerin zu bewerben. Doch Laurent war nicht umsonst die rechte Hand von Gustave Goncourt – zu irgendetwas musste das ja schließlich gut sein.
Es hatte ihn einige Überzeugungsarbeit gekostet, doch am Ende gab Gustave sich geschlagen. „Wenn du so von ihr überzeugt bist, muss sie ein wahres Naturtalent sein“, hatte er
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