Romana Extra Band 6
an dem …
Sie schob den Gedanken an die Vergangenheit beiseite und atmete tief durch. „Die Geschäfte gingen nicht besonders gut in letzter Zeit, oder?“
Adrienne lächelte traurig. „Schau dich um, Kindchen. Sieht es hier so aus, als würden die Geschäfte gut laufen?“ Sie seufzte. „Die Roseraie Baillet war schon immer eher ein Geheimtipp unter Rosenliebhabern in der Umgebung. Doch das, was François durch den Verkauf der Rosen an Händler und der Stecklinge an andere Züchter erwirtschaftet hatte, reichte so gerade eben aus, um über die Runden zu kommen. Einen richtigen Lohn konnte er mir schon lange nicht mehr zahlen. Ich bin trotzdem geblieben. Einfach, weil wir schon so lange befreundet waren. Es lief nicht gut, aber wir kamen zurecht. Doch seit dieser Richard Delacroix zum ersten Mal hier aufgetaucht ist …“
„Delacroix?“ Sie runzelte die Stirn. „Wer ist das, und was hat er mit grand-pères Geschäften zu tun?“
Adriennes sonst so sanfte und freundliche Miene verfinsterte sich. „Ein widerlicher Kerl“, erklärte sie. „Er bezeichnet sich selbst als den Immobilienguru von Paris. Vor ungefähr einem halben Jahr stand er plötzlich vor der Tür und unterbreitete François wie aus heiterem Himmel ein Kaufangebot. Dieser lehnte natürlich ab – doch mit einem Nein gab sich Delacroix nicht zufrieden.“
„Ich habe vorhin einen Mann namens Colbert getroffen“, warf Rosalie nachdenklich ein. „Er behauptete, mit grand-père verabredet gewesen zu sein, um den Verkauf der Roseraie Baillet mit ihm abzuwickeln.“
„Er war hier?“ Seufzend strich Adrienne sich eine schlohweiße Strähne hinters Ohr, die sich unter ihrem Kopftuch gelöst hatte. „ Mon dieu , ich hätte mich darum kümmern müssen, ihm abzusagen, aber nach François’ Tod ist hier alles drunter und drüber gegangen, sodass ich einfach nicht daran gedacht habe.“
„Dann stimmt es also? Grand-père wollte verkaufen?“
„Von Wollen kann nicht die Rede sein“, entgegnete die ältere Frau. „Aber ihm blieb kaum etwas anderes übrig. Das Geld fehlte an allen Ecken und Enden, und die Gläubiger standen beinahe täglich vor der Tür, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen. Am Schluss hat er sich ganz allein um den Rosengarten gekümmert. Ich habe ihm zwar geholfen, wo ich konnte, aber … Nun ja, er hatte schließlich gar keine andere Wahl mehr, als sich von der Roseraie Baillet zu trennen.“
„Aber warum sind die Umsätze denn bloß so zurückgegangen? Eine Goldgrube war die Zucht sicher nie. Aber ich kann mich noch gut an grand-pères Rosengarten erinnern. Als ich noch hier wohnte, sind die Leute von weit her extra nach Laurins-les-Fleurs gekommen, um sie sich anzuschauen und einige der kostbaren Stecklinge zu kaufen. Was ist geschehen?“
„Das ist eine lange Geschichte.“ Adrienne legte ihr einen Arm um die Schulter. „Komm erst mal mit hinein. Ich setze uns eine Tasse Kaffee auf, und dann reden wir in Ruhe über alles.“
„ Mais non, Richard , ich … Nein, du kannst dich darauf verlassen, dass ich auch für dieses Problem eine Lösung finden werde. Ich … Wie bitte? Non , es ist nicht nötig, dass du jemanden zu meiner Unterstützung … Richard?“ Laurent fluchte leise, als er merkte, dass sein Chef aufgelegt hatte.
Seufzend atmete er aus. Dieser Auftrag entwickelte sich ganz und gar nicht so, wie er es sich erhofft hatte. Sein Vorhaben, den Kaufvertrag bereits heute unter Dach und Fach zu bringen und sich gleich am Abend wieder auf den Heimweg zu begeben, konnte er vergessen. Ihm war nichts anderes übrig geblieben, als sich in Laurins-les-Fleurs ein Zimmer in einer kleinen Pension zu nehmen, und zwar der einzigen und glücklicherweise ziemlich günstigen Herberge im Ort – denn mehr gab sein Portemonnaie zum jetzigen Zeitpunkt nicht her. Ein weiterer Grund, warum er Richard um jeden Preis überzeugen musste.
Der war verständlicherweise nicht sonderlich begeistert gewesen über die unerwartete Verzögerung. Richard Delacroix interessierte sich nicht für das Warum. Für ihn zählten nur Resultate. Wen kümmerte es, dass der Mann, mit dem Laurent hatte verhandeln sollen, nicht mehr lebte?
„Dann halten Sie sich eben an diese Erbin, wenn Sie schon das Glück haben, dass sie Ihnen praktisch in die Arme läuft“, hatte er Laurent angeherrscht. „ Zut alors! Ich dachte, Sie wollten mich von Ihren Fähigkeiten überzeugen! Im Augenblick bin ich ganz und gar nicht überzeugt, sondern vielmehr
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