Romana Gold Band 11
meine volle Aufmerksamkeit. Ich dachte, du würdest das respektieren.“
„Es kommt immer darauf an, was wichtiger ist“, hörte sie Martin rufen, als sie schon auf der Treppe war. Ein automatischer Anrufbeantworter, dachte sie. Der wäre jetzt ganz wichtig.
„Glenmore House, Lorna Morrison am Apparat.“
„Bist du es wirklich, Lorna? Deine Stimme klingt so seltsam. Hier spricht Fiona.“
„Ach, Fiona.“ Lorna ließ sich auf einen Stuhl fallen und verzog das Gesicht. Wenn sie das gewusst hätte …
„Lorna?“
„Entschuldige, Fiona.“ Sie nahm sich zusammen. „Es geht mir gut.“ Sehr gut sogar, ergänzte sie im Stillen – sehr, sehr gut. „Ich bin die Treppe heruntergerannt, um rechtzeitig am Telefon zu sein, das ist alles. Was gibt es?“
„Könntest du heute ohne mich auskommen? Soviel ich weiß, sind keine Reiter angemeldet. Alec möchte, dass ich ihn nach Oban begleite. Er hat ein schlechtes Gewissen, weil er mich gestern nicht zum Tanzen eingeladen hat. Aber Diskotheken sind mehr nach seinem Geschmack.“
Fiona begann, umständlich von dem Streit zu erzählen, den sie mit ihrem Freund gehabt hatte und den er durch den Besuch in Oban wieder gutmachen wollte. Lorna hörte kaum zu. Sie war mit ihren Gedanken noch bei Martin und merkte erst an Fionas längerem Schweigen, dass sie auf eine Antwort wartete.
„Begleite Alec nach Oban, Fiona. Wir haben für heute keine Anmeldungen, und ich kann die Ponys gut allein versorgen. Mach dir keine Gedanken und amüsier dich gut.“
Ein freier Tag, dachte Lorna übermütig. Ein Tag ohne Verpflichtungen, den ich ganz mit Martin verbringen kann. Vielleicht würden sie zusammen ausreiten und später … Lorna war so froh und leicht zumute wie lange nicht. Nach allem, was gerade erst geschehen war, konnte sie so viel Glück kaum fassen.
Plötzlich merkte sie, wie kalt ihr in dem dünnen Nachthemd und barfuß geworden war. Sie lief zur Tür, neben der stets mehrere alte Jacken und ein dicker Pullover hingen, den sie nun überzog. Dann betrachtete sie sich belustigt im Spiegel. Nicht gerade verführerisch, dachte sie, aber das war im Moment auch nicht so wichtig.
Am Fuß der Treppe zögerte sie, denn sie merkte plötzlich, wie hungrig sie war. Weder sie noch Martin hatten gestern viel gegessen, und vielleicht regte die Liebe den Appetit an. Sie hatte keine Erfahrung darin – bis jetzt. Jedenfalls würde es nichts schaden, schon Kaffee in die Filtermaschine zu tun. Dann konnten sie gleich frühstücken, wenn sie herunterkamen.
Lorna stand mit dem Rücken zur Tür und hörte Martins leise Schritte erst, als er schon fast bei ihr war. Sie fuhr erschrocken herum. „Ich wünschte, du würdest damit aufhören, Martin!“
„Hiermit?“
Er hatte sie mit zwei Schritten erreicht, zog sie in die Arme und küsste sie hingebungsvoll. Als sie endlich wieder Atem schöpfen konnte, beugte sie sich zurück und strich behutsam über seine Lippen.
„Nein, nicht damit“, sagte sie beinahe scheu. „Ich meinte deine Angewohnheit, plötzlich hinter mir aufzutauchen und mich zu erschrecken.“
„Ich habe mich gewundert, wo du bleibst. Eine Zimmerbestellung konnte unmöglich so lange dauern, und ich begann mir schreckliche Dinge auszumalen – unter anderem eine Verabredung mit einem heimlichen Liebhaber.“
„So begehrt bin ich nicht“, wehrte Lorna ab. „Außerdem genügt mir ein Mann.“
„Das freut mich.“
Martin wollte sie abermals in die Arme schließen, aber sie wich ihm aus und trat ans Fenster, wo sie stehen blieb und hinaussah, ohne etwas wahrzunehmen. Ihre Stimmung hatte sich jäh verändert. Statt der Freude, die sie eben noch belebt hatte, fühlte sie jetzt tiefe Niedergeschlagenheit.
„Du hast gestern gesagt, ich sei herzlos“, sagte sie leise und stockend. „Und eine Frau, die sich jedem Mann an den Hals werfe … für eine Einladung zum Abendessen und einige Küsse …“
„Ich sagte nicht, dass es so ist, sondern nur, dass es so sein könnte“, verbesserte Martin sie ernst.
Lorna achtete nicht darauf. „Wenn du gestern vielleicht noch unsicher warst, hast du heute den Beweis, oder nicht? Mit dir zu schlafen, dich sogar zu ermuntern“, fuhr sie fort, doch ihre letzten Worte waren kaum zu verstehen. „Und das unmittelbar, nachdem ich einen anderen Mann heiraten wollte. Herzloser, kaltschnäuziger und unmoralischer kann man sich kaum verhalten, oder? Du hast also letzten Endes doch recht gehabt.“
Martin ging zu ihr hin, nahm sie in
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