Romana Gold Band 11
rechtzeitig daran, dass Marys Mann arbeitslos war, seit die einzige Werft auf der Insel Konkurs angemeldet hatte.
„In gewisser Weise schon“, gab sie seufzend zu. „Die neuen Arbeitsplätze kämen sehr gelegen, aber denken Sie nur an den zusätzlichen Verkehr – ganz zu schweigen von der Umweltverschmutzung und dem Lärm. Glauben Sie wirklich, dass uns mit einer Art von schottischem Disneyland gedient wäre?“
Schon die Vorstellung war niederdrückend, denn Lorna wusste nur allzu gut, was eine derartige Entwicklung nach sich ziehen würde. Doch Mary MacPherson war nicht die Richtige, um ihre Sorgen zu teilen. Wo Jan nur blieb? Lorna sah durch die halb geöffnete Tür, die hinter dem Ladentisch in einen Lagerraum und weiter in den Hof führte. Jan würde ihr mit ihren Bedenken recht geben. Sie beide hatten während der vergangenen zwanzig Jahre oft genug am Strand von Croig gepicknickt, um zu wissen, was auf dem Spiel stand, sich dessen sicher zu sein.
„Hier, Mrs MacPherson.“ Jan kam mit einer prall gefüllten Kartoffeltüte durch die Tür. „Tut mir leid, dass es so lange gedauert hat. Oh … hallo, Lorna! Wie nett, dich zu sehen. Ich habe gleich Zeit für dich.“
Lorna wartete ungeduldig, während Jan Mrs MacPhersons Einkäufe einpackte, die Rechnung machte, das Wechselgeld herausgab und ihr schließlich noch die Tür offen hielt. Dabei plauderte er ununterbrochen, fragte nach ihrer Familie und ihren Nachbarn und gab ihr schließlich noch Grüße mit auf den Weg. Lorna explodierte fast, als Jan endlich die Tür schloss.
„Puh!“, stöhnte sie. „Ich dachte schon, sie würde niemals gehen. Sag mir eins, Jan … das mit dem Feriendorf bei Croig, stimmt doch nicht, oder? Sie müssen es falsch verstanden haben, Mrs Ogilvie und die anderen.“ Sie fasste Jans Arm und sah ängstlich forschend in sein Gesicht.
Jan fuhr sich mit der Hand durchs Haar. „Mr Miller hat mir erzählt … du weißt doch, dass er jetzt im Gemeinderat sitzt?“
Lorna nickte. „Ja, ja, das weiß ich. Erzähl weiter!“
„Also …“, fuhr Jan bedächtig fort. „Bis jetzt gibt es noch nicht viel zu erzählen, außer dass ein bedeutendes Reiseunternehmen – den Namen habe ich vergessen – Interesse an dem Strand und den alten Hafenanlagen zeigt. Aber zunächst kommt natürlich der endlose Papierkrieg, ehe sie etwas unternehmen können. Anträge müssen gestellt, Grundstücke besichtigt werden … na, du weißt schon. Und dann wird es wahrscheinlich auch Proteste geben“, setzte er lächelnd hinzu, als er den hellen Glanz in Lornas grünen Augen bemerkte.
„Darauf kannst du dich verlassen“, erklärte sie hitzig. „Und da gibt es nichts zu lächeln, Jan MacDonald! Ich hatte gehofft, dass gerade du das verstehen würdest. Oh nein, ohne Kampf soll es ihnen nicht gelingen, unsere Insel zu zerstören!“
„Croig liegt ziemlich abseits“, gab Jan zu bedenken. „Wir würden kaum etwas von den Veränderungen wahrnehmen. Und wie Mrs Ogilvie sagte – wir könnten neue Arbeitsplätze brauchen, und der Umsatz würde auch steigen.“
Lorna sah ihren alten Freund fassungslos an. „Jan!“, rief sie. „Du bist doch nicht etwa auch dafür? Das glaube ich einfach nicht.“
Jan zuckte die Schultern. „Man muss realistisch sein, Lorna. Die Geschäfte gehen nicht besonders gut, und wenn sich nicht bald etwas ändert …“ Er sah sich mit betrübter Miene im Laden um, aber Lorna war durch ihre Empörung zu abgelenkt, um es zu bemerken.
„Lieber bleibe ich mein Leben lang arm, als dass ich tatenlos zusehe, wie unsere Insel zerstört wird“, beteuerte sie noch einmal. „Ich dachte bisher, du würdest ebenso empfinden.“
„Lorna, hör mir zu …“
Doch Lorna wollte nicht zuhören, solange Jan und sie so verschiedener Meinung waren. Sie marschierte zur Tür, riss sie auf und maß Jan, der ihr hilflos nachsah, mit einem letzten zornigen Blick.
„Ich bin bisher davon ausgegangen, dass wir uns gut verstehen. Aber wie ich feststellen muss, kann man sich sogar in Menschen irren, die man sein Leben lang gekannt hat!“
Sie warf die Tür hinter sich ins Schloss, kletterte in den alten Landrover, der draußen stand, und fuhr wütend davon.
„Wie kann er nur?“, sagte Lorna halblaut vor sich hin. „Wie kann Jan, der wie ich hier auf der Insel aufgewachsen ist, diesen grässlichen Plänen zustimmen? Wie kann er glauben, dass es wichtiger ist, mehr Geld zu besitzen, als die Schönheit zu bewahren, die uns überall
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