Romana Gold Band 13
geräumigen Küche befand. Der rot geflieste Boden war mit Läufern bedeckt, auf denen Tisch und Stühle aus Fichtenholz standen. Sie konnte sich vorstellen, wie begeistert fremde Urlauber dieses Haus in Besitz nehmen würden. Ein verrückter Gedanke schoss ihr durch den Kopf. Von Christopher würde sie sich dieses Haus als Hochzeitsgeschenk erbitten können. Es wäre ein wundervoller Zufluchtsort.
Sie sah sich um. In den Regalen stand irdenes Geschirr, und an den Wänden hingen viktorianische Gemälde: zwei Mädchen in Sonnenhauben auf einem Feldweg und eine alte Frau am Spinnrad in einer Küche wie dieser. Langsam begann Caroline die innere Kälte zu spüren. Sie hatte Angst vor dem, was Rafe sagen würde.
Als er schließlich ins Haus kam, zitterte sie am ganzen Leib. Er trat zum Ofen, öffnete die gusseiserne Tür und hielt ein Streichholz an die bereits aufgeschichteten Holzscheite. „Diesmal brauchtest du nicht einmal die Möbel zu zerhacken“, sagte sie scherzend.
Rafe ging nicht darauf ein. „Setz dich“, forderte er sie auf. „Also“, fuhr er fort, „was willst du wissen?“
Wenn sie doch nur einen klaren Gedanken fassen könnte! Sie wollte wissen, ob Rafe Isabel wieder zu sehen gedachte. Was er für Isabel empfand. Was er für sie, Caroline, empfand. Nichts davon konnte sie ihn so direkt fragen. Sie schluckte. „Christopher hat mir von dem Geld aus dem Safe erzählt.“
„Was hat er erzählt?“ Rafe schien erstaunt.
„Dass er es genommen hat.“
„Das war ja sehr mutig von ihm.“ Er klang amüsiert. „In doppelter Hinsicht. Dass er es genommen und dass er es dir erzählt hat. Warum hat er das gestanden?“
„Er hatte Angst, du würdest es sonst tun. Und er macht sich Sorgen, was eure Eltern wohl denken, wenn sie es herausfinden.“
„Das kann ich mir vorstellen.“ Rafe erhob sich, und seine Miene verhieß nichts Gutes für Christopher. Doch dann fuhr er fort: „Aber ich werde ihn nicht verpetzen. Es ist ihnen so leicht gefallen, mich all die Jahre als den Schuldigen zu betrachten, dass es mir jetzt egal ist. Warum sollten wir den Fall wieder aufrollen?“
„Es ist dir egal?“ Man musste ein Heiliger sein, um solche Schuld zu vergeben, und Rafe war alles andere als das.
„Damals natürlich nicht. Ich war stocksauer.“ Caroline wünschte, er würde sich hinsetzen, damit sie sich nicht den Hals verrenken musste, um zu ihm aufzusehen. „Das ist ein Grund, warum ich nie zurückgekommen bin und mich auch so selten gemeldet habe. Ich hatte ihr verdammtes Geld nicht genommen, obwohl mir einiges davon sicher zustand.“ Er stieß einen verächtlichen Laut aus. „Wenn ich es genommen hätte, dann nicht wie ein Dieb in der Nacht.“
So wie Christopher es getan hatte – heimlich und voller Angst, ertappt zu werden. Mit noch größerer Angst vor den Männern, die ihn bedroht hatten, wenn er seine Schulden nicht beglich … und nie wieder ohne Angst seit diesem Tag.
Doch jetzt lachte Rafe und setzte sich neben sie. „Es hat auch seine amüsante Seite. Mein Vater hat sich damals bestimmt bestätigt gefühlt. Während unseres letzten Streits hat er mich angeschrien, dass ich eines Tages im Gefängnis enden würde.“
„Laut Christopher warst du so zornig, dass du das Haus hättest in Brand stecken können.“
„Christopher hat immer gern gelauscht“, erwiderte er und fügte dann hinzu: „Aber nein, das ist nicht fair. Jeder im Haus muss es gehört haben. Wir haben einander angebrüllt wie angestochene Bullen. Es ist ein Wunder, dass meinen Vater nicht der Schlag getroffen hat … obwohl ich ihn in dem Augenblick selbst gern umgebracht hätte.“
„Wie ist es denn überhaupt dazu gekommen? Was hat den Streit ausgelöst?“
Plötzlich waren sie wieder auf einer Wellenlänge, und als Rafe sagte: „Die liebliche Isabel“, hätte Caroline fast vor Freude gejubelt. „Sie hatten mich schon verheiratet. Isabel, meine Sippe, ihre Sippe. Ich war als Vorsitzender des Familienrates eingeplant, und man präsentierte mir den goldenen Schlüssel auf einem Tablett. Alles war bestens vorbereitet, während ich wie ein Zombie durchs Leben wankte.“
Bei dieser Vorstellung musste sie laut auflachen. „Und da hat er dir gesagt, du würdest im Gefängnis landen?“
„Ich habe ihm gesagt, ich würde lieber ins Gefängnis gehen, und er hat gemeint, da würde ich auch enden“, erklärte Rafe. „Ich habe ihn dann angeschrien, dass ich mir ein schlimmeres Gefängnis als Virginia Grove nicht
Weitere Kostenlose Bücher