Romana Gold Band 13
grauhaarigen Mann mit kurz geschnittenem Schnurrbart und dem Gehabe eines nervösen Terriers, der bemüht ist, ein verirrtes Lamm einzufangen. „Miss Faulton, willkommen! Pünktlich auf die Minute, ganz wie Ihr Vater und Ihr Großvater vor ihm“, begrüßte er sie, sobald er sie erblickte, und stürmte vor, um ihr die Hand zu schütteln.
„Hallo, Mr Robner, und vielen Dank“, erwiderte Olivia befangen, denn sie spürte, wie die beiden Damen hinter der Rezeption sie verstohlen anstarrten.
Es wäre ihr lieber gewesen, Mr Robner hätte es nicht als seine Pflicht betrachtet, ins Foyer zu kommen, um sie an ihrem ersten Morgen zu begrüßen.
„Kommen Sie, ich zeige Ihnen Ihr Büro.“ Mr Robner ging voraus zum Aufzug, und Olivia folgte ihm seufzend.
Den Rest des Tages verbrachte sie in ihrem frisch renovierten Büro und wartete darauf, dass das Telefon läuten würde oder jemand sie sprechen wolle. Sie saß an ihrem Schreibtisch, las die Tageszeitungen, Reedereimagazine, Broschüren. Sie sah zu, wie das Faxgerät Botschaften ausdruckte, die keiner Antwort bedurften und sie eigentlich gar nichts angingen. Sie blätterte die neuesten Akten durch, und als ihr schließlich nichts mehr einfiel, ging sie zum Fenster, blickte auf die Straße hinunter und beobachtete, wie die Leute mit ihren Regenschirmen vorübereilten.
Unendlich erleichtert floh sie zur Mittagszeit für eine Stunde aus ihrem Büro. Sie aß irgendwo ein Sandwich und erledigte ein paar Besorgungen. Danach fühlte sie sich etwas besser und lächelte bei ihrer Rückkehr den Damen an der Rezeption freundlich zu. Die Reaktion war ein verständnisloser, frostiger Blick. Ja, es war ein schrecklicher Tag. Am liebsten hätte sie auf der Stelle das Handtuch geworfen.
Als sie nach Büroschluss in ihrem kleinen Apartment eine Tasse starken Kaffee trank, war sie den Tränen nahe. Das alles schien so trostlos. Sie hätte diesen Job in der Firma ihres Vaters nie annehmen sollen.
Das Läuten des Telefons ließ sie zusammenzucken. Lustlos nahm sie den Hörer ab. „Hallo?“
„Olivia?“
Beim Klang dieser lieben, vertrauten Stimme hellte sich ihr Gesicht sofort auf. „Christos! Wie gut, dass du anrufst. Ich habe mich so danach gesehnt, mit dir zu sprechen. Wo bist du?“
„In London.“
Es verschlug ihr fast die Sprache. „Aber du wolltest doch direkt nach Griechenland fliegen!“
„Eine dringende Angelegenheit hat unser Kommen notwendig gemacht.“
Olivia horchte auf. „Ist etwas passiert?“
„Nichts, worüber du dir Sorgen machen musst“, versicherte Christos rasch. „Eine geschäftliche Sache. Wir werden ein paar Tage hier bleiben. Was hältst du davon, mit mir zu Abend zu essen?“
„Das wäre wundervoll!“
„Ich hole dich in einer halben Stunde ab.“
Olivia musste sich beeilen. Rasch zog sie eine goldbraune Seidentunika an, bürstete ihren Blondschopf und legte etwas Make-up auf. Gerade sprühte sie sich mit dem teuren Parfüm ein, das sie in Frankreich erstanden hatte, als Christos schon an der Tür läutete. Er war mit einem Taxi gekommen, das er unten auf der Straße warten ließ.
Olivia öffnete die Tür. Für einen Moment standen sie sich reglos gegenüber und sahen sich unsicher an. Dann lächelte Christos warm und herzlich und küsste sie auf den Mund. Froh, an diesem Tag endlich ein freundliches, lächelndes Gesicht zu sehen, schmiegte Olivia sich an ihn und küsste ihn sehnsüchtig zurück. Er blickte auf und schaute sie an. So hatte sie ihn noch nie geküsst. Christos schien überrascht, ja, bestürzt. Oder bildete sie sich das nur ein?
Ohne ein Wort legte er den Arm um ihre Taille und führte sie nach unten zu dem wartenden Taxi.
„Wie war dein erster Tag im Büro?“, fragte Christos, als sie durch das regnerische London fuhren.
Bereitwillig ging Olivia auf dieses unverfängliche Thema ein. „Ach, Christos, es war grässlich! Ich hatte den ganzen Tag überhaupt nichts zu tun und habe mich furchtbar gelangweilt. Keiner hat mich angerufen, keiner hat mich in meinem Büro aufgesucht außer dem Bürovorsteher. Und der benimmt sich schrecklich unterwürfig, weil er eine Heidenangst vor meinem Vater hat. Ich fürchte, dieser Job wird entsetzlich eintönig.“
„Warte bis zur ersten Katastrophe … wenn ein Schiff sinkt oder es einen Unfall an Bord gibt oder ein Lagerhaus in Flammen aufgeht“, riet Christos ihr gelassen. „Ich habe zwar noch nicht im PR-Bereich gearbeitet, aber eines weiß ich genau: Auf Schiffen, vor
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