Romana Gold Band 13
„Ich glaube nicht, dass sie Hände meint, die hart zuschlagen können! Aber als ich auf allen vieren auf diesen Berg gekrabbelt bin, ging mir durch den Kopf, dass ich mir bei meiner Rückkehr künstliche Fingernägel werde ankleben müssen, ehe ich ihr unter die Augen trete.“
Rafe untersuchte ihre Hände. „Es ist nichts passiert.“
„Die Handschuhe waren dick genug.“
„Freu dich nicht zu früh“, warnte er. „Wir haben den Abstieg noch vor uns.“
„Ist es bergab nicht einfacher?“
„In den Bergen weiß man das nie.“
„Ich habe es geahnt“, seufzte Caroline gespielt verzweifelt.
Rafe lächelte ihr aufmunternd zu. Dann gab er ihre Hände frei. „Kriech noch einmal in den Schlafsack. Ich fache inzwischen das Feuer neu an.“
Diesmal zog sie ihre Stiefel aus und bewegte die Zehen in der wohligen Wärme des Schlafsacks. Der kurze Zusammenbruch hatte sie entspannt. Sie war natürlich noch immer müde, aber es war nicht mehr diese verkrampfte Erschöpfung, die keine wirkliche Erholung zugelassen hatte.
Zum ersten Mal, seit sie, Caroline, Rafe Drayford begegnet war, befand sie sich im Einklang mit sich selbst. Kein Wunder, dass der gestrige Aufstieg sie so mitgenommen hatte! Sie hatte schließlich gegen diesen Mann und den Berg gleichzeitig kämpfen müssen. Rafe war der Grund, weshalb sie von Anfang an so verspannt gewesen war. Die ganze Zeit hatte sie sich gefühlt wie ein Tier auf der Flucht. Und warum? Sie kannte ihn schließlich kaum, außer vom Hörensagen. War es nicht besser, sich selbst eine Meinung über ihn zu bilden?
Er war nicht ihr Feind, obwohl sie sich ihm gegenüber so verhalten hatte. Er war ihr Verbündeter gegen die Wildnis. Hoch in den Bergen festzusitzen und einen gefährlichen Abstieg vor sich zu haben erschien ihr auf einmal in einem ganz anderen Licht. Es war ein aufregendes Abenteuer, und dazu war sie schließlich hierher gekommen. Sie hatte nichts Besseres erhoffen können als eine Bergtour mit einem Führer, dem sie ihr Leben anvertrauen konnte.
Die Welt wirkte plötzlich viel rosiger. Unter der Asche in der Feuerstelle glimmte noch ein wenig Glut. Sie musste gestern sofort eingeschlafen sein, denn sie hatte gar nicht mitbekommen, dass Rafe ein Feuer entzündet hatte. Jetzt sah sie, wie er einen der Stühle untersuchte.
„Du willst den doch nicht etwa verbrennen?“, fuhr sie auf, als er das Beil in die Hand nahm.
„Kannst du genauso gut Holz hacken wie boxen?“, fragte er.
„Das war nur ein Zufallstreffer. Aber du kannst doch nicht die Möbel verheizen!“
„Es ist ja nicht gerade Chippendale. Die Besitzer sind Freunde von mir, und ich werde ihnen den Stuhl ersetzen.“
Caroline richtete sich halb auf und schlang im Schlafsack die Arme um die Knie. Selbst ihre Müdigkeit war jetzt ein angenehmes Gefühl. „Du hast vermutlich nicht erwartet, dass du als Lohn für deine Mühen auch noch geohrfeigt wirst.“
„Was dich betrifft, habe ich eine ganze Menge nicht erwartet“, entgegnete er. Er sah sie an, als wäre sie ihm noch immer ein Rätsel, und Caroline spürte seinen Blick so eindringlich, als würde er sie berühren. „Eigenartiges Haar“, fuhr er fort.
„Wie bitte?“
„Dein Haar ist so dunkel … und du bist so blass.“
„Ziemlich widersprüchlich, stimmt’s?“ Sie war sich des Kontrastes selbst immer bewusst gewesen. Zurzeit fühlte sie sich ihren dunklen Seiten näher als Christophers blasser Lilie. „Dein Haar passt aber gut zu dir“, sagte sie, um von sich abzulenken.
Seine dichten Locken waren wild und ungezähmt, standen an den Schläfen widerspenstig ab und reichten im Nacken über den Kragen seines Hemdes. Sie streckte die Hand danach aus, doch schon die erste Berührung ließ sie zurückzucken. Dabei hätte sie gern die Finger in seinem Haar vergraben und seinen Kopf zu sich gezogen.
Rafe blickte lächelnd auf sie nieder. „Nur gut, dass wir tiefgekühlt sind“, stellte er fest. Caroline ahnte, dass auch er diese plötzliche Anziehung gespürt hatte. Sie nickte stumm. Dass sie beide von Kopf bis Fuß dick eingepackt waren, bewahrte sie vor Komplikationen. „Obwohl“, fuhr er betont langsam fort und lächelte dabei jungenhaft, „wenn wir uns aneinander rieben, würde das Haus in Flammen aufgehen.“
Darüber musste Caroline lachen. „Vielleicht reibst du zum Funkenschlagen lieber zwei Steine aneinander.“ Dann wurde sie wieder ernst. „Wir werden doch nicht hier oben hängen bleiben?“
„Nicht sehr
Weitere Kostenlose Bücher