Romanzo criminale
einer bescheidenen Kapitalerhöhung: Unvorhergesehene Ausgaben für einen gierigen Stadtrat, rechtfertigte er sich gegenüber Barracuda. Um der Forderung nachzukommen, nahm sein Geschäftspartner eine Hypothek auf das Haus der Witwe auf. Nach drei Monaten zeichnete sich erneut die Notwendigkeit einer beträchtlichen Erhöhung ab: Diesmal lag die Schuld bei der regionalen Kontrollbehörde, die beim Flächenwidmungsplan ein Wörtchen mitzureden hatte. Die Banken, an die Barracuda sich wandte, hielten das Geschäft für wenig aussichtsreich und gaben ihm keinen Kredit. Als wahrer Freund sagte Secco zu ihm, er solle sich nicht kränken, er selbst würde die Last der ganzen Kapitalerhöhung auf sich nehmen: Im Gegenzug trat ihm Barracuda fünfundzwanzig Prozent seines Anteils ab. Schließlich, genau an dem Tag, an dem die Kommune die Gründe umwidmete, holte Secco zum letzten Schlag aus. Ein Wahnsinnsschmiergeld: dreihundert Riesen. Verzweifelt vertraute ihm Barracuda an, dass er sich an einen Kredithai wenden wollte. Secco, der anerkannte Chef der Bruderschaft, brachte ihn mit freundlichen Worten davon ab. Nach einer Flasche Est-Est-Est und ein paar Tränen hatten auch die restlichen fünfundzwanzig Prozent den Besitzer gewechselt. Barracuda blieb die Hypothek und die Hoffnung, sie eines Tages abbezahlen zu können, sobald er die winzige Garage verkaufte, die ihm Secco in dem erst zu errichtenden Bürohaus gnädigerweise überlassen hatte. Der x-te Sieg beim Monopolispielen war Secco zu Kopf gestiegen, er rühmte sich, den Wichser abgezockt zu haben. Das Gerücht verbreitete sich, um immer neue Details angereichert. Und da Secco nicht gerade von wohlwollenden Freunden umgeben war, nahm einer, der nicht gut auf ihn zu sprechen war, die Aufgabe auf sich, Barracuda ein pikantes Detail zu stecken: Die hinterhältigen Bankiers, die sich geweigert hatten, ihm für ein bombensicheres Geschäft einen Kredit zu geben, standen ausnahmslos auf der Gehaltsliste seines Ex-Geschäftspartners. Barracuda erinnerte sich an seine Vergangenheit in der Unterwelt, ging zu Secco und nagelte ihn an die Wand. Secco entging nur deshalb einer Tracht Prügel, weil er die Gewohnheit hatte, ein paar seiner Jungs an der kurzen Leine zu halten. Aber er war stinksauer. Zuerst beauftragte er zwei Jungs, Barracudas Auto abzufackeln, dann löste er die Hypothek auf Barracudas Wohnsitz ein und forderte die augenblickliche Rückzahlung. Barracuda kaufte sich in Porta Portese einen Revolver aus dritter Hand, schwänzelte um Secco herum und erzählte fluchend
urbi et orbi
, dass er ihn umlegen würde. Secco seinerseits verbreitete das Gerücht, Barracuda sei übergeschnappt: Schade, denn er hatte eine hübsche Frau und zwei Kinder, und es wäre schrecklich, wenn er ihnen eines Tages in einem Anfall etwas antun würde. Barracuda verstand die Botschaft, warf die Pistole in den Fluss und gab eine Zeitlang Ruhe. Doch der Wunsch nach Rache war letzten Endes stärker als alle Vernunft. Er schickte Frau und Kinder zu einem Verwandten nach Australien und eines Tages trat er in Anzug und Krawatte, als würde er zu einem Begräbnis gehen, durch das Tor der Via Genova und schüttete einem befreundeten Polizisten sein Herz aus. In den Monaten, in denen er engen Kontakt mit Secco gehabt hatte, hatte er die Möglichkeit genutzt, zuzuhören, zuzusehen und mitzuschreiben. Er hatte einiges zu erzählen: von der Beseitigung Angiolettos bis zum Drogenhandel, dem geheimnisvollen Ursprung von Seccos Vermögen und schließlich die Geschichte, wie er ihn bei dem Grundstücksgeschäft beschissen hatte. Das war im Grunde die einzige Anklage, in die der Anklageerstatter auch tatsächlich verwickelt war. Weißes Pulver hatte er, Barracuda, nie gesehen, von hochkarätigen Kriminellen war zwar immer wieder die Rede gewesen, aber zu Gesicht hatte er keinen bekommen. Er kannte sie nur vom Hörensagen. Secco hätte nur behaupten müssen, dass die Anklage auf dem Groll eines in Konkurs gegangenen Unternehmers gegenüber einem erfolgreichen Geschäftsmann beruhte, und man hätte ihn noch am selben Tag freigelassen. Aber Secco hatte keine Erfahrung mit Verhaftungen, Razzien, Haftbefehlen und Gefängnissen. Secco hatte nicht einmal eine Vorstrafe. Er hatte panische Angst vor Handschellen. Beim ersten Verhör ritt er sich selbst in die Scheiße: Er machte halbe Geständnisse, ließ wichtige Namen fallen, drohte und heulte. Der Staatsanwalt, Morales, ein alter Fuchs, der die Angelegenheit zuerst
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