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Romanzo criminale

Romanzo criminale

Titel: Romanzo criminale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giancarlo de Cataldo
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so bleich, dass einem angst und bange wurde. Trentadenari reichte ihm mitleidig ein großes Glas Whisky.
    – Alles in Ordnung ... alles okay, verstanden?
    Die Indiofrau tauchte an der Klotür auf. Die Säckchen mussten jetzt aus dem Klo geholt und gesäubert werden. Eine Scheißarbeit. Keine Männerarbeit. Eine Arbeit für Mäuse.
    – Sorcio!, brüllte Libanese.
    Schlurfend und mit starrem Blick kam der Junge aus der Küche. Libanese zeigte auf das Klo. Sorcio ging mit gesenktem Kopf hinein.
    Endlich verstanden auch die anderen, warum er da war: Wieder einmal hatte Libanese an alles gedacht, und zwar wirklich an alles.
II.
    Patrizia hatte eine Freundin. Daniela färbte sich nicht die Haare und rasierte sich auch nicht die Achseln, hatte aber schon ein paar Pornofilme gedreht. Der Dreier stellte Dandi nicht wirklich zufrieden. Mit Patrizia war es ganz anders. Nicht einmal das Koks hatte gewirkt, ganz im Gegenteil: Nach nicht einmal einem halben Gramm überkam ihn eine Melancholie, wie er sie nicht einmal als Junge am Sonntagnachmittag verspürte hatte, wenn er mit Libano Reifen und Mopeds klaute und sie in Ostia auf das Meer hinausblickten und nicht wussten, was in der nächsten Minute, geschweige denn am nächsten Tag passieren würde ...
    Schließlich schickten sie die Freundin weg und schauten fern. Patrizia wäre gerne ausgegangen: ein kleines Abendessen und danach tanzen oder ins Kino. Aber Dandi hatte sich in den Kopf gesetzt, richtig zu vögeln, und so blieben sie zu Hause. Bei einem alten Sketch von Alighiero Noschese schliefen sie ein. Mitten in der Nacht bekam sie einen Mordshunger. Dandi erwischte sie mit einem Schokoladeeis, und als er sie so sah, nackt auf dem schwarzen Ledersessel, die Beine unter den Hintern gezogen, überkam ihn endlich ein gesundes Verlangen. Wie geil er doch auf seine Patrizia war! Sie ließ ihn machen, ohne sich allzusehr zu beteiligen. Aber Dandi hatte schnell dazugelernt und die rauen Manieren abgelegt. Was die Lust anbelangte, hatte Patrizia vor geraumer Zeit herausgefunden, dass man sie überall finden konnte, nur nicht zwischen den Beinen.
    Als Libanese anrief, hatte er gerade einen Alptraum: Er spielte bei einer Art Western mit, er war ein Sheriff mit einem silbernen Stern auf der Brust und Patrizia eine Squaw, die sich vom Anführer der Bösen in den Arsch ficken ließ.
    – Moro wurde entführt.
    – Wer?
    – Moro, der von der Democrazia Cristiana.
    – Darüber unterhalten wir uns später, ja?
    Dandi legte auf und drehte sich auf die andere Seite. Patrizia schlief noch oder tat zumindest so, als würde sie schlafen. Er steckte ihr probehalber eine Hand zwischen die Schenkel. Sie schob sie murrend weg. Das Telefon klingelte aufs Neue.
    – Hör mir zu, du Idiot: Die Roten Brigaden haben Aldo Moro entführt, den Chef der Christdemokraten, sie haben fünf Polizisten seiner Eskorte erschossen ...
    – Was geht uns das an, Libano?
    – Das geht uns sehr wohl was an. Wir treffen uns in einer Stunde beim Denkmal.
    Patrizia stellte unmissverständlich klar, sofort unter die Dusche oder kein Sex. Dandi gehorchte widerwillig. Aber er hatte genug Zeit und erschien pünktlich um halb elf am vereinbarten Ort.
    Libanese hingegen ließ auf sich warten. Mit einem Kopfnicken grüßte Dandi den Kredithai Cravattaro, der gerade vorbeiging, um von den Marktständen abzukassieren. Unter der Statue des Mönchs, den die Priester auf dem Scheiterhaufen verbrannt hatten, zündete er sich eine Zigarette an. Auf dem Campo de’ Fiori stank es nach Verwestem und Smog. Zeitungsverkäufer gingen immer wieder mit Sonderausgaben von
Paese sera
und
Messaggero
vorbei. Alle redeten über diesen Moro. Für Dandi bedeuteten die Terroristen nur eins: Scherereien. Straßensperren, ständige Kontrollen, Verdächtigungen. Einschränkungen, mit einem Wort, und wachsende Gefahr. Aber es waren Leute, die ihr Handwerk verstanden. Leute mit Mumm. Schade, dass sie ihre Zeit mit Politik verplemperten!
    Giordano Bruno, der von einem Haufen Tauben vollgeschissen wurde, war das alles egal. Er betrachtete sie von oben. Dandi dachte, es müsse schrecklich sein, auf dem Scheiterhaufen zu sterben. Vor einigen Jahren hatte er in der Zeitung von einem Studenten gelesen, der sich aus Protest bei lebendigem Leib verbrannt hatte. So ein Idiot. Er selbst wünschte sich, von einer jähen, kalten Kugel getroffen zu werden. Und amen.
    Libanese kam mit dem Motorrad und machte ihm ein Zeichen, er solle aufsteigen. Sie fuhren durch das

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