Romanzo criminale
die Klinik brachten, seufzte Secco erleichtert auf. Aufgrund seiner unverbrüchlichen Treue wurde der Junge schön langsam zu einem ernsthaften Problem.
Kaum in der Klinik angelangt, schrieb Freddo an Roberta:
Bin draußen, liebe dich, komm
.
V.
Endlich fand Secco jemanden, der bereit war, auf seine verzweifelten Appelle zu reagieren. Ein paar drittklassige Politiker, die wegen der Geschichte am östlichen Stadtrand lange Zähne bekommen hatten, bemühten sich, ihn in eine Klinik im Norden überstellen zu lassen. Ruhiges und diskretes Ambiente, freundliches Wachpersonal, unbeschränkte Möglichkeiten, mit der Außenwelt zu kommunizieren. Ein wahres Schlaraffenland mit einem Wort, die Vorstufe zum Hausarrest, wenn nicht gar zur Freiheit. Secco benutzte die neu gewonnene Freiheit, um sich halbherzig Barracuda anzunähern. Der große Zeuge der Anklage war noch immer sauer, woran sich auch nichts ändern würde. Aber die Ermittlungen zogen sich hin, und Secco schrieb einen Brief nach dem anderen, in dem er versuchte, ihn weichzuklopfen, er versprach ihm den Himmel auf Erden. Nur Dandi profitierte nicht wirklich von dem erfundenen Krebs: Er sei zwar krank, urteilten die Ärzte, aber nicht so schwer, dass man ihn nicht in der Haftanstalt behandeln könnte. Dandi nahm es nicht allzu schwer. Bald würde der Prozess beginnen. Und der war schon so gut wie gewonnen. Im Gerichtssaal und außerhalb. Dafür garantierte Miglianico. Dandi würde beim Haupttor hinausgehen. Mit erhobenem Kopf. Freigesprochen. Oder im schlimmsten Fall leicht lädiert. Aber kaum war Secco abgereist, belagerten Scrocchiazeppi und Fierolocchio von früh bis spät die Krankenstation. Auf der Suche nach Neuigkeiten ging Dandi im Pyjama auf und ab und traf Ricotta.
– Sie sind sauer auf dich.
– Schon wieder? Weswegen?
– Die üblichen Geschichten. Sie sagen, du zahlst schlecht, du lässt es dir gut gehen …
– Habe ich es dir jemals an etwas fehlen lassen?
– Nein, niemals, aber …
– Was aber?
– Du weißt ja, wie sie sind.
– Scheiße sind sie. Scheiße. Aber diesmal reicht es mir, Rico’. Keine Lira mehr. Und wenn etwas nicht funktioniert, sollen sie auf Trentadenari sauer sein, er verwaltet ja jetzt die Kassa!
Ricotta wandte den Blick ab. Dandi hatte Recht. Aber die anderen bearbeiteten ihn Tag für Tag, ihn, dabei wollte er doch mit allen gut Freund sein.
Ein paar Tage wurde auch Maestro in die Krankenstation eingeliefert. Seit sie ihn festgenommen hatten, war er in allen Angelegenheiten freigesprochen worden. Blieb nur noch die Anklage wegen allgemeiner mafiöser Verbindung, aber auch die würde sich bald in Luft auflösen. Ganz anders sah es für Zio Carlo aus, der bereits zweimal zu lebenslänglich verurteilt war, und zwar rechtskräftig, und der noch dazu eine Anklage wegen Attentat auf dem Hals hatte.
– Er ist wirklich ein Mensch von einem anderen Stern. Er sieht sich
Allein gegen die Mafia
im Fernsehen an und freut sich wie ein kleines Kind, wenn ein Polizist in die Luft fliegt.
Dandi vertraute ihm seine Sorgen an. Maestro riet ihm, Secco zu misstrauen.
– Der traut sich doch niemals, sich gegen mich aufzulehnen, antwortete Dandi arrogant.
– Er traut sich vielleicht nicht, aber er hat Hirn und Gift! Sei auf der Hut!
War es möglich, dass Maestro Recht hatte? Dass Secco … War es möglich, dass das alles vor seinen Augen passiert war, ohne dass er es bemerkt hatte? Wenn er genauer darüber nachdachte, wurde ihm plötzlich klar, was gewisse Blicke, ein gewisses Lächeln oder gewisse doppeldeutige Witze zu bedeuten hatten. Sie hatten heimlich daran gearbeitet, ihn zu isolieren. Aber was warfen sie ihm eigentlich vor? Dass er gerissener war als sie? Dass er nicht sein ganzes Geld für Saufgelage und Blödheiten rausgeschmissen hatte? Die Undankbaren! Unfähige Idioten! Und er hatte mit Secco gekämpft, um sie zu erhalten, um die Gruppe zusammenzuhalten … es wäre besser gewesen, wenn er sie ihrem Schicksal überlassen hätte … Waschlappen, Verlierer … und Secco war ein Bastard! Wie sollte man mit diesem Haufen von Wichsern bloß eine Gruppe aufrechterhalten … Wenn sich doch Freddo, der einzige, der noch Verstand hatte, nicht der Depression hingegeben hätte …
Schließlich begann der Prozess. Ricotta wurde gemeinsam mit Scrocchiazeppi und Fierolocchio in einen Käfig gesteckt. Bufalo, der fett geworden war, stieß am zweiten Tag zu ihnen, lächelnd und gebräunt, und wurde mit herzlichen Umarmungen
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