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Romanzo criminale

Romanzo criminale

Titel: Romanzo criminale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giancarlo de Cataldo
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psychische Abnormität hinweisen, die von ungünstigen Umwelteinflüssen noch verstärkt werden; damit korrespondiert ein intellektuelles Defizit, das man als „Geistesschwäche“ bezeichnen könnte
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    (…) Der von dem Subjekt selbst angegebene Umstand, dass er arme Drogenabhängige als Versuchskaninchen benutzte, um die „Reinheit“ des zu verkaufenden Rauschmittels zu prüfen, spricht nicht für eine günstige Prognose: Im Übrigen ging er dieser Tätigkeit auch selbst nach
.
    Obwohl man eine Neigung des Subjekts zum Lügen und Fabulieren nicht ausschließen kann, lassen die zahlreichen Abnormitäten im Geständnis von (…), genannt Sorcio, aufgrund der außergewöhnlichen Dichtheit der Erzählung, der großen Anzahl an enthüllten Details und der erhobenen Anschuldigungen, aufgrund der Widersprüchlichkeit seiner Rede, aufgrund der Widersprüche, in die er sich nicht zuletzt bei den Aktivitäten im eingeschränkten Gefängnisalltag verstrickt hat, auf eine paroxistische Logorrhö mit Gedankenflucht und Denkunfähigkeit schließen
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    Es ist bekannt, dass der Mythomane im Falle der Logorrhö die Anschuldigungen so rasch hervorbringt, dass er sie nicht mehr beherrschen kann, wodurch das Denken wirr und das Denktempo erhöht wird, ohne dass die Konzentration und die Kontrollinstanzen in der Lage wären, die Normen des logischen Denkens aufrechtzuerhalten
.
    (…) Auch wenn Ideenflucht und wirres Denken zwei verschiedene Dinge sind, so sind doch beide Symptome – die (…), genannt Sorcio, aufweist – Indizien eines getrübten Verstandes, einer Zwangsstörung, eines Deliriums, einer Verwirrung, einer Dissoziation, was mit einer völligen Unglaubwürdigkeit des Lügners und der Inhalte seiner ungenauen und verzerrten Darstellungen einhergeht
.
III.
    Bei der Urteilsverkündung, als die Richter feststellten, dass es nie eine kriminelle Vereinigung gegeben hatte, saßen Miglianico und Vasta Seite an Seite. Vasta beeilte sich, eine Pressekonferenz einzuberufen.
    – Das ist ein schöner Tag für mich, aber vor allem für die Justiz. Zum hundertsten Mal hat sich herausgestellt, dass die auf den Aussagen eines Kronzeugen fußenden Thesen der gerichtlichen Prüfung nicht standhalten. Ich hoffe, dass die Lektion als Warnung für alle dient, die noch immer auf obsoleten und überholten Methoden beharren … und ich wünsche mir, dass das bevorstehende Inkrafttreten des neuen, auf dem Anklageprinzip beruhenden Zivilprozessordnung dem Abusus der Anklage auf Mittäterschaft ein Ende setzt …
    Die Journalisten schrieben eifrig mit. Miglianico hakte sich mit einem hinterhältigen Lächeln bei Vasta unter.
    – Lieber Kollege, ich gratuliere Ihnen zu diesem x-ten Triumph des Gesetzes …
    – Ich beglückwünsche dich und mich, lieber Kollege, vor allem angesichts der Tatsache, dass du diesen Prozess nun seit vier Jahren begleitest und noch keinen einzigen Akt gelesen hast …
    – Lieber Kollege, du mit deiner Erfahrung müsstest doch wissen, dass Akten auf dieser Welt nichts oder wenig zählen …
    – Ich an deiner Stelle würde mich nicht mit falschen Federn schmücken. Vor allem nicht außerhalb unseres Ambientes, lieber Kollege …
    – Was redest du? Weißt du nicht, was mich dieser Prozess gekostet hat?
    – Blödsinn. Du hast keine Lira ausgegeben. Das Urteil ist sauber.
    – Beschuldigst du mich vielleicht, ein Lügner zu sein?
    – Natürlich, mein Lieber …
    – Ein wenig Sportsgeist würde dir nicht schaden, mein Lieber, angesichts der Tatsache, dass du die einzige unbedingte Verurteilung kassiert hast.
    – Um die Wahrheit zu sagen, mein Lieber, hast auch du eine schöne Schlappe erlitten …
    – Alles geplant, lieber Kollege, alles Kalkül!
    – Auf Wiedersehen, Kollege.
    – Auf bald, Kollege.
    Aber dass es die kriminelle Vereinigung nicht mehr gab, war weder das Verdienst Vastas noch Miglianicos, auch nicht das Verdienst der Legalität oder der Bruderschaft, oder wie auch immer man sie nennen wollte. Es war ganz allein das Verdienst Libaneses, Gott hab ihn selig. Davon war Dandi zutiefst überzeugt. Libanese hatte mit all den Dummheiten aufgeräumt, auf die die Kalabresen und die Mafiosi so geil waren: Nadelstiche, Messerstiche, rituelle Tätowierungen, verbrannte Bildchen, vergossenes Wachs, Schwüre auf alle Heiligen des Himmels … mittelalterliches Zeug … Libanese war ein praktisch denkender Mensch, einer, der an die Zukunft dachte. Und tatsächlich hatten sich die Richter geeinigt. Denn in der

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