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Romanzo criminale

Romanzo criminale

Titel: Romanzo criminale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giancarlo de Cataldo
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in Richtung Meer. Der Wind trieb ihn ihm wieder ins Gesicht zurück. Am liebsten hätte Freddo geweint.
    – Die Tränen des Kriegers verletzen die Sterne, flüsterte Nero, der offenbar seine Gedanken lesen konnte, und kehren als Blutstropfen zurück.
    Um zwei Uhr morgens kam Dandi in die Baracke. Er umarmte sie der Reihe nach und sagte, Libaneses Wohnung sei sauber. Alle Spuren, die den Verdacht der Bullen hätten schüren können, waren beseitigt. Nembo Kid warf ihm wortlos einen Blick zu und Dandi nickte kaum merklich: Zeta und Pigreco waren informiert worden.
II.
    Vecchio fertigte Zeta mit zwei kurzen Sätzen ab, gab dem Maître den Telefonapparat zurück und entschuldigte sich wortreich beim Genossen Solomonov.
    – Gibt’s ein Problem?, fragte der Russe freundlich.
    – Hybris, seufzte Vecchio.
    – Wie bitte?
    – Wahnsinn. Der Wahnsinn, den die Götter auf die Häupter derer laden, die dem Untergang geweiht sind. Eine Geschichte, die so alt ist wie die Menschheit selbst. Nichts Ernsthaftes mit einem Wort. Bestellen wir?
    – Mit Vergnügen, Tovarisch!
    Aber insgeheim war Vecchio sauer auf Libanese. Er tolerierte keine Niederlagen, geschweige denn Enttäuschungen. Die Übereinkunft war zum Scheitern verurteilt. Bei seinem ganzen Charisma war Libanese nicht imstande gewesen, vier armselige Zocker wie die Gemito-Brüder im Zaum zu halten. Die anderen interessierten ihn nicht im Geringsten. Zeitvergeudung. Sinnlos.
    Der KGB-Agent, ein Armenier mit kleinen schlauen Äuglein, hatte eine Frage geflüstert, die er nicht verstanden hatte.
    – Ja, sicher, antwortete er, mechanisch wie einer seiner Automaten.
    Der Russe sah ihn erstaunt an.
    – Ihr habt die Hintergründe des Bahnhofsmassakers bereits geklärt?
    Nein, natürlich nicht. Oder ja, wie man es nimmt. Er sollte sich nicht allzu selbstsicher zeigen, das hätte ein Fehler sein können. Oder vielleicht auch ein Vorteil. Der Russe war so aufgeregt, sollte er doch glauben, dass die dekadente, korrupte, yankeefreundliche Demokratie zum x-ten Mal ein Geheimnis vertuschte. Tatsache war, dass er mit seinen Gedanken woanders war. Hybris. Typische Sünde der Menschen. Die Götter hingegen waren dagegen immun. Er würde niemals davon betroffen sein.
    – Auf jeden Fall tappen wir in dieser Sache völlig im Dunkeln.
    Er nickte. Sobald er mit dem Armenier eine Vereinbarung getroffen hatte, würde er die Situation in aller Ruhe analysieren. Vielleicht gab es doch noch ein paar Subjekte, die er für seine Zwecke retten konnte. Alles hing davon ab, wie der Krieg ausging, der jetzt aller Wahrscheinlichkeit nach ausbrechen würde. Was für eine ärgerliche Verschwendung: von Zeit, von Energien!
    Richter Borgia erfuhr erst vierundzwanzig Stunden später von der Sache. Bis jetzt war die Angelegenheit nicht wahrgenommen worden: eine Ironie des Schicksals, wo doch Libanese so ehrgeizig gewesen war! Aber der Kollege, der am Abend davor im Büro des Staatsanwalts Dienst gehabt hatte, war ein Faulenzer, der keinen Ärger wollte. Weder bei ihm noch beim Reserveleutnant aus dem Friaul, der die Truppe der Soldaten befehligte, hatten angesichts des Mordes im Testaccio die Alarmglocken geläutet. Nachdem er in einer Verhandlungspause den Messaggero durchgeblättert und die Nachricht gelesen hatte, lief Borgia zum Generalstaatsanwalt und forderte Männer, Mittel, Abhörgenehmigungen, Vollmachten, freie Hand.
    – In Rom operiert eine gefährliche Bande. Libanese war einer ihrer Bosse, vielleicht ihr einziger. Sie haben ihn vor seinem Haus kaltgemacht, es gibt also zwei Möglichkeiten: Entweder wurde eine alte Rechnung beglichen oder es ist eine rivalisierende Bande entstanden.
    Der Staatsanwalt, der ihn hinter einer Juristenbrille mit dicken Gläsern anblickte, bat ihn um „Beweise, solide Beweise“. Borgia erinnerte ihn konsterniert daran, dass die Arbeit der Staatsanwaltschaft genau darin bestünde: Beweise zu suchen. Der Staatsanwalt bot ihm eine Zigarette an und lächelte ihn auf seine neapolitanisch-unergründliche Weise an.
    – Und was sollten wir deiner Meinung nach tun?
    – Ich habe eine Liste von Namen. Einige stehen gewiss in Zusammenhang mit Libanese, andere vielleicht. Wir machen flächendeckende Razzien. Wir setzen zwei oder drei Männer auf sie an und observieren sie Tag und Nacht, und dann …
    – Zwei, drei Männer? Und wo nehmen wir die her? Vom FBI? Meiner Meinung nach gibt die Sache nicht viel her.
    – Aber wir haben es hier mit Mafia zu tun, Staatsanwalt!
    –

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