Romy Schneider - die Biographie
Wiens und seiner Kultur benötigt werden. In diesem optisch vertrauten Ambiente sollen neue Filme nach bewährtem alten Schema entstehen, die ein unterhaltsames, unpolitisches Österreich-Bild vermitteln. An eine kritische Rezeption der jüngsten historischen Ereignisse, ein Bekenntnis zur eigenen Mitverantwortung daran ist nicht gedacht. »So muß eswieder werden!« bewährt sich ab 1945 für den Fremdenverkehr, für den sich das in Dokumentar- wie Spielfilmen restaurierte Österreich in seiner neuen, selbstgewählten Rolle als historisches Dornröschen zum gutgetimten Schönheitsschlaf ausstrecken kann.
In der unmittelbaren Nachkriegszeit hat der Wiener Film etwas an Zugkraft verloren. 1951 versucht man mit einem retrospektiven Titel an vergangene Erfolge anzuschließen:
Verklungenes Wien
. Anschauliche Veduten eröffnen den in Schwarzweiß gedrehten Film: Man sieht unter anderem den Stephansdom, die Oper, das Parlament, aber auch die Vorstadt. Der zum Frühstück fahrende und von seinem Balkon in Schönbrunn Festzüge betrachtende betagte Kaiser lokalisiert den Film historisch, wenn auch ziemlich vage. In der Stereotypisierung als »alter Kaiser« scheint er zu diesem Zeitpunkt endgültig auf ein Alt-Wiener Wahrzeichen reduziert. Doch vier Jahre später, 1955, wirbt Karlheinz Böhm als junger Franz Joseph in
Sissi
um Romy Schneider. Beiden Filmen gemeinsam sind Liebesgeschichten in historischem Gewand, Salonorchester, vor denen Militärs mit Damen der Gesellschaft tanzen, und Ausritte im Prater, beide haben auch denselben »Spielleiter«: Ernst Marischka. Karlheinz Böhm meint über den Regisseur: »Er wusste genau, was er wollte, plante die Einstellungen genauer, als ich es viele Jahre später bei Fassbinder erlebte, der sehr viel mehr vor Ort kreierte und änderte.« 95
»Was haltet ihr eigentlich von dieser Romy Schneider?«
Die Zeitungen hofieren die innerhalb von nur einem Jahr zu Starruhm Avancierte, registrieren, dass sie es in der Bambi-Liste bereits auf den vierten Platz geschafft habe. Romy ist sechzehn Jahre alt und kennt das Leben mittlerweile nur mehr aus dem Fenster von Hotelzimmern und innerhalb der Filmstudios. Wenn sie vor einem offiziellenAuftritt durch die Menge schreitet, muss diese bereits hinter Absperrseilen zurückgehalten werden, strecken sich ihr Dutzende Arme entgegen, starren sie weitaufgerissene Augen an, ruft man ihren Namen, Autogrammbitten und Komplimente. »Tausende kennen mich, ohne daß ich sie kenne. Ich bin oft unglücklich darüber. Ich wünschte, ich könnte einmal mit diesen vielen Unbekannten sprechen und sie fragen: Sagt mal, was haltet ihr eigentlich von dieser Romy Schneider?« 96 Jahre später wird es ihr gefallen, sich unerkannt unter die Leute zu mischen, jedoch nicht mehr, um ihnen Fragen zu stellen, sondern selbst keine mehr beantworten zu müssen. Mit sechzehn Jahren erstaunen sie solche Überlegungen. Sich selbst einzuordnen fällt ihr schwerer als anderen Menschen ihres Alters. Zu schnell kommt der Erfolg, hebt sie aus der Menge hervor, wird die unbekannte vierzehnjährige Schulabgängerin Rosemarie Albach zum »Allgemeingut« Romy Schneider. Ein Kunstprodukt, geformt aus spärlichen biographischen Angaben, geprägt durch auf den Geschmack eines Massenpublikums angelegte Dramaturgie vor und hinter der Kamera. Vielleicht, so fragt sie sich, sei ihre Karriere nichts weiter als eine Seifenblase, die einmal mit einem lauten Knall platzen werde. Dabei hätte sie sich doch nicht selbst »aufgeblasen«, fügt sie halb im Scherz dazu. Das sehen auch andere so. Die damals 26-jährige Nadja Tiller sieht den Erfolg Romy Schneiders in der perfekten Vermarktung ihrer Person durch Schneiders Management, aber auch durch die Filmindustrie, die ihren Kassenmagneten so oft wie möglich gewinnbringend einsetzen möchte. »Die Romy ist ja die Einzige, für die wirklich was getan wird. Hinter der steht eine ganze Phalanx. Bei uns anderen ist es doch jedes Mal mehr oder weniger Glück, wenn wir eine vorteilhafte Rolle bekommen.« 97
Der Grund für solche Reflexionen ist für Romy aber eine Begegnung mit einem »alten Hasen vom Film«, wie sie schreibt, dessen Namen sie verschweigt, der ihr vermittelt habe, sie würde zwar gut aussehen, der Rest läge jedocheinfach im Geschick von Regisseuren. »Und eines Tages sitzt du da mit deinem Talent, bist fertig, auch mit dem Filmen – was kannst schon? Was Vernünftiges hast doch net gelernt?!« 98 Bis zum Ende ihres Lebens werden Romy
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