Romy Schneider - die Biographie
nach ihr benannt, findet sie heraus, was dem Engländer sein viktorianisches, so meint sie, wäre in ihren Breiten die »gute alte Zeit«.
Vor den Dreharbeiten besucht sie ihren ersten Filmball. Sie staunt über das Ereignis, das sie bisher nur von Illustriertenfotos her kennt, manches relativiert sich dabei, anderes verklärt sich neu. Vielen, die sie zum Tanz auffordern, erteilt sie einen Korb, sie hat Angst davor, sich zu blamieren, bewundert die Weltgewandtheit ihrer Mutter im Umgang mit der Filmprominenz. Aber auch daran will sie arbeiten. »Und wenn ich vor dem Spiegel übe jeden Abend!« 87
Danach fährt sie zu den Aufnahmen für
Mädchenjahre einer Königin
nach Wien und logiert dort im Hotel »Ambassador«. Sie ist stolz auf ihre Geburtsstadt, besichtigt als Touristin deren Sehenswürdigkeiten. Schnell fühlt sie sich heimisch, ihr gefällt der Dialekt, sie findet die Stadt gemütlich. Von der nicht ganz so komfortablen jüngeren Vergangenheit spricht niemand. Ihr Vater spielt in Wien Theater, auch ihre Großmutter besucht sie. 1954 ist der österreichische Staatsvertrag, der dem Land die Unabhängigkeit zurückgibt, noch ein Jahr entfernt, Wien wie das restliche Land in vier Besatzungszonen eingeteilt. Romy Schneider findet das Leben hier dennoch unkompliziert. Man nehme, so erklärt ihr ein Wiener Taxifahrer, die alliierten Mächte nicht allzu ernst. Mag es romantische Verklärung einer Fünfzehnjährigen sein, aber Romy Schneider übernimmt das Bild der charmanten Dekadenz Österreichs, die sich freilich besser im lokalen terminus technicus »a bisserl schlampert« definiert. »Schlampert« bedeutet zwar »unordentlich«,die österreichische Form von »bisschen« verleiht jedoch in ihrer sanften Diminuierung nahezu jedem Begriff etwas inhärent Positives.
Romy beginnt Taschengeldverhandlungen mit ihrer Mutter. »Jetzt, wo ich selber Geld verdiene, muß es unbedingt hinaufgesetzt werden.« 88 Immer wieder passiert es ihr zu ihrer Verlegenheit, dass sie in Filmkantinen zu wenig Geld eingesteckt hat, die Mutter bezahlt dann in spe. Ihr Verhältnis zum Geld wird, wie sich später verhängnisvoll herausstellt, ebenfalls »schlampert« bleiben.
Allmählich, so erkennt sie, fängt das Filmleben an, Spaß zu machen. Die Entzauberung bei den zweiten Dreharbeiten hat sich nun in komfortable Routine verwandelt, woran wohl die Aussicht auf die künftige Hauptrolle nicht unbeteiligt ist. Die Nervosität vor dem ersten Drehtag bleibt ihr – ein Leben lang. Ein weiteres Beschwernis wird sie auch durch viele künftige Rollen begleiten: Historische Kostüme, die auf der Leinwand so prächtig wirken, sind zumeist schwer und unhandlich zu tragen, aufgesteckte Frisuren drücken, trotzdem soll die Schauspielerin Anmut und Unbeschwertheit vermitteln.
Zu ihren Partnern in der kommenden Produktion zählt Peter Weck, damals »selbst neu im Filmgeschäft, während sie zu diesem Zeitpunkt bereits einen Namen hatte, was sie uns jedoch in keinster Weise spüren ließ. Sie war so natürlich, wie man nur sein kann, schien mir unbedarft wie ein Fohlen, ging die Dinge ohne Hemmungen frontal an, lag beim Spielen intuitiv immer richtig.« 89 Den Schauspieler Rudolf Vogel kennt Romy aus der gemeinsamen Filmarbeit
Feuerwerk
, sie macht zudem die Bekanntschaft von Adrian Hoven und Karl Ludwig Diehl. Für Diehl ist es eine Art Déjà-vu-Erlebnis. 1932 filmt er mit der noch relativ unbekannten Magda Schneider
Zwei in einem Auto
, nun dreht er mit ihrer Tochter, die ebenfalls erst am Beginn ihrer Karriere steht, beide Filme nach einem Drehbuch von Marischka. Noch stärker beeindruckt Romy jedoch die Umsichtigkeit des jungen Regieassistenten Hermann Leitner,die Freundschaft zu ihm wird sie ein Leben lang begleiten. Ein weiterer Vertrauter wird der Kameramann Bruno Mondi. Er ermahnt sie, dass eine Hauptrolle zu spielen bedeute, einen Film kraft der eigenen Persönlichkeit tragen zu können, und erinnert sie an Jenny Jugo, die 1936 in der ersten Version des Filmstoffes überaus erfolgreich war. Zumindest halb so gut wie dieses Vorbild müsse sie in der Rolle werden. Doch davon ist man im Grunde bereits überzeugt. Ein Arbeitsfoto ist symptomatisch dafür: Romy sitzt auf dem Thron, hinter ihr steht Ernst Marischka, der ihr behutsam die Krone aufs Haupt setzt. Der Aufnahmestab ringsum starrt gespannt auf die Szene, überprüft Make-up, Kostüm, Einstellung. Von diesem Tun abgehoben steht der Regisseur und krönt seine Schöpfung.
Die Aufnahmen
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