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Romy Schneider - die Biographie

Romy Schneider - die Biographie

Titel: Romy Schneider - die Biographie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guenter Krenn
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im Hintergrund prangt der Sowjetstern mit den Konterfeis von Lenin und Stalin. Noch ist Wien in alliierte Zonen aufgeteilt.
    Der Vorspann des Films dokumentiert ihre neue Wertigkeit, man präsentiert »den Ernst-Marischka-Film
Die Deutschmeister
mit Romy Schneider«. Passagenweise ist auch dieser Streifen eine Art Vorstudie zu
Sissi
. Im Salzburger Dirndl zieht Romy singend einen Berg hinunter, das Schicksal verschlägt sie nach Wien, wo sie eine Art Cinderella-Entree in die vornehme Gesellschaft erlebt. Der Frauentyp, den sie verkörpern soll, ist längst definiert: ein junges, hübsches Mädchen von naiver Gutherzigkeit. Dreimal, lässt das Drehbuch sie sagen, sei sie bisher im Leben glücklich gewesen: als ihr ein Zahn nachwuchs, ihre Kuh kalbte und nun mit dem jungen Mann an ihrer Seite. Magda Schneider spielt wieder ihre Tante, übernimmt dabei wie in
Mädchenjahre
den Mutterersatz, gibt sich streng, aber verständnisvoll.Für das deutsche Publikum hat man einen Lehrbub aus Berlin eingebaut, der sich in der österreichischen Terminologie zurechtzufinden versucht, und in Hans Mosers Lied heißt es, es wäre einerlei, ob der Wein an der Donau wachse oder am Rhein. Die Handlung abseits der Liebesgeschichte kann treffend verknappt werden zu: »Zwei Salzstangerln machen Weltgeschichte«. In einer Szene macht Romy in Schönbrunn einen Hofknicks vor dem 79 Jahre alten Kaiser Franz Joseph, dargestellt von Paul Hörbiger, wenige Monate später wird sie dort als »Kaiserin« wieder einziehen.

Ernst Marischka
    Am Set gemahnt der korpulente, freundliche Herr mit der spiegelnden Glatze und dem ansteckendem Lächeln an eine austriakische Version von Alfred Hitchcock. Die Schultern leicht zurückgenommen, bewegt er seine imposante Leibesmitte durch die Szenerie, achtet auf Details, parliert charmant mit den Darstellern, gibt mit kurzen Armbewegungen beiläufig erscheinende, aber bestimmte Anweisungen, kontrolliert aufmerksam das Geschehen vor der Kamera. Den Umgang mit Schauspielern hat er früh gelernt. Der österreichische Regisseur Ernst Marischka, geboren 1893, entstammt einer Wiener Theaterfamilie. Ab dem Jahre 1913 schreibt er für den Stummfilm, ab 1915 übernimmt er Regiearbeiten. Seine künstlerische Entsprechung findet er in der frühen Tonfilmzeit, als er Operettensujets filmgerecht bearbeitet, wobei sein Schwerpunkt auf romantischen, von regelmäßigen Buffoeinlagen der Komiker unterbrochenen Plots liegt, die er zumeist in kostümprächtiges historisches Ambiente setzt. Sozialkritik oder politische Deutungen spart er dabei stets aus. Der Zweite Weltkrieg unterbricht diese Arbeitsweise nur unwesentlich, in der Nachkriegszeit übertrifft er mit Remakes und Adaptierungen bewährter Stoffe seine früheren Erfolge. Er liegt damit voll im Trendeiner Kinoindustrie, die auf der Flucht vor den jüngsten politischen Ereignissen Zuflucht in einer märchenhaften Historie suchte, die der eigenen geschichtlichen Vergangenheit fern genug liegt, um ungefährdet glorifiziert zu werden.
    Blickt man heute auf die Streifen, die bis in die 1960er Jahre entstanden sind, sieht man sich mit einer großen Anzahl an Unterhaltungsfilmen von zum Teil hoher Qualität in der Machart konfrontiert. In all ihrer Künstlichkeit scheint sich über die Jahre hinweg eine eigentümliche »Authentizität« herausgebildet zu haben, deren apolitisch artifizielle Natur das Publikum kaum stört. Der kommerzielle Erfolg der Filme, in denen man ein idealisiertes Österreich oder Deutschland darstellt, ist unbestritten, die Gründe dafür sind vielschichtig und nicht nur ökonomischer Natur. Der Wiederaufbau Österreich nach dem Krieg findet vor allem äußerlich statt. Während man darangeht, die Schutthaufen zu beseitigen, beginnt in der vom Krieg gezeichneten Stadt wieder der Kulturbetrieb mit Konzerten und Bühnenproduktionen. Auch die Kinoindustrie nimmt die Arbeit wieder auf. Am 21. August 1945 vereinbart die »Wien-Film« mit dem Staatsamt für Wiederaufbau einen Vertrag zu einem Dokumentarfilm über die Restaurationsarbeiten in Wien, beginnend mit dem Stephansdom und anderen historischen Bauten, wobei der Wunsch ausgedrückt wird: »So muss es wieder werden.« 94 Dieses unpolitisch anmutende Statement transportiert die Haltung des offiziellen Nachkriegsösterreich in durchaus politischer Art und bezieht sich auf die für den Fremdenverkehr wie auch als Filmkulisse taugliche Wiederherstellung öffentlicher Bauten, die zur äußerlichen Identifikation

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