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Rosa Luxemburg - Im Lebensrausch, trotz alledem.

Titel: Rosa Luxemburg - Im Lebensrausch, trotz alledem. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annelies Laschitza
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»Leipziger Volkszeitung« als berufene Interpretin des Marxismus würdigten
     und ihr Buch als eine echte Weiterführung der ökonomischen Theorie von Marx und Engels ansahen, 256 kritisierte Anton Pannekoek in der »Bremer Bürger-Zeitung« Rosa Luxemburgs Akkumulationstheorie. Zwar ließ er ihre vielen
     historischen Beispiele gelten, mit denen sie die kapitalistische Expansionspolitik anklagte, aber ihre These von der Notwendigkeit
     nichtkapitalistischer Produktionsformen für die Realisierung des Mehrwertes hielt er für falsch. Der Imperialismus sei keine
     Geistesverwirrung der Bourgeoisie, |420| hatte Pannekoek bereits auf dem Chemnitzer Parteitag in Polemik mit Bernstein betont. Der Imperialismus könne daher nicht
     bezwungen werden, indem er zu früheren Formen des Kapitalismus zurückgeführt werde. Es gäbe nur einen Weg: Über den Imperialismus
     hinaus zum Sozialismus, und dieser müsse durch entschiedenen Kampf der Massen gegen die Teuerung, gegen die Reaktion im Innern
     und gegen die Rüstungs- und Kriegspolitik vorbereitet werden. 257
    Über diese »hölzerne Verständnislosigkeit für das Problem« war Rosa Luxemburg baß erstaunt. 258 Lenin dagegen begrüßte Pannekoeks Rezension; er habe vor 14 Jahren gegen Tugan-Baranowski und »Volkstümler« ebenfalls die
     These verteidigt, daß die Realisation des Mehrwertes auch in der »reinen« kapitalistischen Gesellschaft möglich sei. 259 Rosa Luxemburg war in dieser Hinsicht ganz anderer Meinung; denn sie hatte herausgefunden: »In den 90er Jahren haben die
     russichen Marxisten eine große Abschlachtung gegen skeptische Geister vorgenommen und triumphierten bis heute. Dabei waren
     jene Gegner viel näher zur Wahrheit und hatten tiefer den Marxismus begriffen als unsere ›triumphierende Kirche‹. Wenn ich
     mit der Sache ganz im reinen bin, werde ich’s offen heraussagen.« 260 Nachdem Lenin im März 1913 das Buch selbst gelesen hatte, skizzierte er einen Artikel. In dem Entwurf war von »schauderhaften
     Verirrungen« der Rosa Luxemburg, von Eklektik statt Dialektik, von einer »mißglückten Ergänzung«, einer »falschen Auslegung«
     der Theorie von Marx die Rede. 261 Die meisten Stichworte, die im Streit über Rosa Luxemburgs Imperialismustheorie bis heute immer wieder auftauchen, finden
     sich bereits in den 1913 publizierten Rezensionen und Bemerkungen zur »Akkumulation des Kapitals«. Auch die berechtigten Einwände
     der Kritiker waren größtenteils doktrinär formuliert. Das Hervorkehren der großen theoretischen Irrtümer Rosa Luxemburgs lenkte
     von drei ihr wichtigen Anliegen ab: Erstens: jüngste Entwicklungstendenzen des Kapitalismus zu analysieren und mit bisherigen
     Ansichten über seine Praktiken und Perspektiven zu vergleichen, zweitens: Marxisten auf den ökonomischen Entwicklungsstand
     in anderen Erdteilen und die weltweite Einmischung der europäischen Großmächte zu orientieren; drittens: über das Phänomen
     »Imperialismus« neu zu |421| reflektieren. Zu behaupten, der Imperialismus sei längst erforscht, da Marx auch die weitere Entwicklung des Kapitalismus
     bereits in seiner ewig gültigen Lehre erklärt habe, wäre absurd. In der Erkenntnissuche könne man nie von vornherein jeglichen
     Irrtum ausschließen.
    Mit der Erklärung, daß »mitten in den blutigen Delirien und Konvulsionen des waffenstarrenden und völkermordenden Imperialismus«
     immer sichtbarer die Stunde nahe, wo die Schlußworte des »Kapitals« – »Die Expropriateurs werden expropriiert.« – in Erfüllung
     gehen müssen, pflichtete sie Marx einerseits 30 Jahre nach seinem Tode bei. Andererseits kritisierte sie ihn: »Die kapitalistische
     Reife, die Marx in den 60er Jahren an der Hand der englischen Verhältnisse studierte und beschrieb, erscheint als unbeholfene,
     lallende Kindheit, gemessen an der heutigen weltumspannenden Herrschaft des Kapitals und an der verzweifelten Waghalsigkeit
     seiner jetzigen imperialistischen Schlußphase.« 262
    Wie für Marx war auch für Rosa Luxemburg die Verwirklichung des Sozialismus unvermeidlich, »wenn anders die ganze Kulturgesellschaft
     nicht ihrer Vernichtung entgegengehen soll« 263 .
    Die starre These, der Imperialismus führe in Bälde zwangsläufig zum Untergang des Kapitalismus, bemängelten wiederum jene,
     die glaubten, in der Kritik an Marx mit ihr übereinzustimmen. Für Rosa Luxemburg war der Marxismus jedoch eine revolutionäre
     Weltanschauung, »die stets nach neuen Erkenntnissen

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